Aus zwei mach eins: Gelingt den Ingolstädtern das Kunststück der Modellzusammenlegung?
- Bildergalerie: Audi A5 (2024)
- Ist das noch Coupé oder schon Fließheck?
- Deckel gegen Klappe
- Schon wieder ein Crossover?
Kennen sie die eierlegende Wollmilchsau? Mit dieser Begrifflichkeit soll eine Sache, Person oder Gegenstand beschrieben werden, der nur Vorteile hat, alle Bedürfnisse befriedigt und allen Ansprüchen genügt. Erstmals tauchte eine Abwandlung wohl in “Der Kampf um das eierlegende Wollschwein” auf, ein humoristisches Gedicht von Ludwig Renn um 1959.
Nun hat sich Audi in die Lage gebracht, eine solche kreieren zu müssen, als sie beschlossen, die geraden Zahlen für rein elektrisch betriebene Fahrzeuge zu nutzen während Verbrenner auf die ungeraden umgeleitet werden. Der alte A5 als Cabrio und Coupé fand so ganz sang- und klanglos ein Ende und auch einen A5 Sportback wird es nicht mehr geben.
So muss der neue Audi A5 als Limousine sowohl die A4 Limousine als auch den A5 Sportback beerben. Kann er diese Mammutaufgabe stemmen?
Bildergalerie: Audi A5 (2024)
Audi
Ist das noch Coupé oder schon Fließheck?
Werfen wir also zunächst einen Blick auf die Seiten- und Dachlinien des neuen A5 und des alten A5 Sportback ab der B-Säule. Der Hüftknick des Sportback fällt etwas drastischer aus, als der des neuen A5 und bekommt mit einem ausufernden Überhang mehr Zeit, die Coupé-Linie zu Ende zu schreiben. Das Dach fällt kontinuierlich von der Mitte des Fahrzeugs bis zum kleinen Bürzel ab.
Hier hält der neue A5, auch zugunsten der Passagiere im Fond, seine geradere Linie bis kurz vor die C-Säule. Im Anschluss traut er sich dann aber dennoch ein coupéartiges Profil zu, das dem des Sportbacks sehr ähnelt, bevor er am Heck den Raum für ein kleines Stummelheck freigibt.
Das kleine Seitenfenster in der C-Säule deutet die Coupéform beim neuen A5 bloß an. Das des alten Sportback nimmt sich sogar noch einmal Zeit, einen Knick nach oben einzulegen, um dem kraftvolleren Heck die Bühne zu überlassen. Auch direkte Heckansichten lassen erahnen, dass es sich beim Sportback eher um ein Coupé handelt, als der neue A5 es bieten kann.
Deckel gegen Klappe
Wandern wir also rüber zum A4, der in seiner letzten Limousinen-Generation als B9 daherkam. Die Seitenlinie ist gerader und konservativer gestaltet, verliert sich fast schon vor der Heckleuchte. Hier zeigt der A5 tatsächlich etwas mehr Mut und legt noch einmal einen Bogen über dem hinteren Radhaus ein, um eine kraftvolle Silhouette zu demonstrieren. Die Rückleuchte wird dominanter eingebunden.
Das Dach des A4 ist klarer herausgestellt, findet in seiner Form beinahe eine Gerade und fällt erst spät, dann aber wesentlich steiler bis zum Heck ab. Die Konsequenz: ein schmales seitliches Fenster und ein wesentlich deutlicher herausgearbeitetes Heck. Eine klassische Limousine.
Ein weiteres Indiz für die geänderte Designsprache zeigt auch die Heckklappe. Während beim A4 ein klassischer Heckdeckel den Zugriff auf das Gepäckabteil ermöglichte, sperrt der neue A5 sein Maul sperrangelweit mitsamt Heckscheibe auf – wie es auch beim Sportback der Fall war.
Schon wieder ein Crossover?
Das Design des neuen A5 ist unabhängig beider Vorgänger durchaus gelungen. Doch kommt jemand von der einen Seite, wird er vermutlich das deutliche Coupéheck und den kraftvolleren Stand vermissen, für den konservativen Viertürer-Heckdeckel-Käufer könnte die jetzige Inszenierung schon fast zu protzig daherkommen.
Bleibt die Frage, ob die Limousine überhaupt eine derart große Rolle in Europa gespielt hat. Der Vertrieblerliebling war schließlich der Avant und der Gesamtanteil an Gewerbezulassungen erheblich höher als der der Limousine. Ist es den Audi-Designern also gelungen, eine eierlegende Wollmilchsau zu kreieren?
Wir schauen noch einmal die Formsprache an und sagen … ja! Denn der neue A5 vereint tatsächlich das Beste aus beiden Welten. Der neue A5 ist jedoch weder ein Sportback oder ein Coupé noch eine Limousine. Denn für diese Kategorie gab es bereits ein passendes Synonym. Der neue A5 ist ein klassisches Fließheck. Audi schreibt es sogar selbst: “…, fließt wie bei einem Coupé übergangslos in die flache Heckscheibe und endet an der optisch kurzen Heckklappe”.
Es fließt – Audi beschreibt ein Fließheck. Und daran ist absolut nichts verwerflich. Es muss eben nicht immer eine sprachliche Neuschöpfung für etwas herhalten, wenn die klassische Form schon längst im Fahrzeugkategorienregal steht. Fließhecks haben schon einmal die Vorlieben von mehreren Käuferschichten vereinen können, warum also nicht auch jetzt?
