Alfa Romeo

Alfa Romeo Junior Elettrica Veloce: Die Rennstrecke ruft

Der Junior ist das neue Einstiegsmodell von Alfa Romeo. Angeboten wird er als Hybrid, aber auch vollelektrisch. Die 280 PS starke Topversion “Veloce” fährt ausschließlich mit Strom. Was in ihr steckt und ob sie die hohen Erwartungen erfüllen kann, haben wir auf der Rennstrecke ausprobiert.

alfa romeo junior elettrica veloce: die rennstrecke ruft

Alfa Romeo Elettrica Veloce: Rot steht ihm besonders gut. Hersteller

Eine solch treue Fangemeinde hat kaum ein anderer Automobilhersteller: Die “Alfisti” sind ihrer Marke in tiefer Zuneigung verbunden, es ist eine leidenschaftliche Beziehung, die in guten wie in schlechten Tagen hält. Auch Umstellungen und Neuorientierungen werden nicht mit Liebesentzug bestraft. Die letzte stand 2021 an, als Alfa Romeo in das umfangreiche Markenimperium des Stellantis-Konzerns eingegliedert wurde. Und jetzt bekommt das sagenhafte “cuore sportivo”, das sportliche Herz, auch noch einen elektrischen Herzschrittmacher.

Aus Milano wurde Junior

Denn der Junior – der eigentlich Milano heißen sollte – ist nicht nur das neue Einstiegsmodell von Alfa, sondern auch das erste vollelektrische. Optisch strahlt das 4,17 Meter lange Kompakt-SUV eine sehr romeohafte Verführungskraft aus – eigenständig gezeichnet, wohlproportioniert, sportlich-muskulös, mit kurzen Karosserieüberhängen und natürlich dem “Scudetto” im Gesicht, dem markentypischen Kühlergrill also.

Was aber für alle Kinder aus größeren Familien gilt, trifft auch auf den Junior zu: Man muss teilen können – im Falle des kleinsten Alfas die Plattform, aus der heraus auch Stellantis-Geschwister wie Fiat 600e, Jeep Avenger, Opel Mokka oder DS 3 E-Tense konstruiert sind. Weil Alfa Romeo andererseits aber auch etwas Besonderes ist, bekommt der Junior einen speziellen Elektroantrieb exklusiv: Im Topmodell mit dem bezeichnenden Namen Veloce – “schnell” also – arbeitet ein Elektromotor, dem sogar 40 Pferdestärken mehr antrainiert wurden als ursprünglich angekündigt. Statt 176 kW/240 PS gibt es nun 207 kW/280 PS und ein maximales Drehmoment von 345 Newtonmetern.

Elektrisches Leichtgewicht

Da lockt die Rennstrecke. Wir sind dem Ruf gefolgt und haben den Junior Veloce auf einem abgesperrten Circuit erprobt. Erste Erkenntnis: Das niedrige Fahrzeuggewicht von lediglich 1590 Kilogramm zahlt sich nicht nur bei den vehementen Beschleunigungswerten – 0 auf 100 km/h in 5,9 Sekunden, Topspeed 200 km/h – aus, sondern auch im Fahrverhalten. Auf dem kurvenreichen Rund ließ sich der kleinste Alfa trotz zunehmend engagierter Fahrweise sehr gut beherrschen.

Hier bewährt sich ganz offensichtlich die Feinarbeit, die von den Alfa-Technikern geleistet wurde: Das Fahrwerk, die direkte Lenkung und die zupackenden Bremsen sind für ein Elektroauto auf einem erstaunlich hohen Niveau. Dem “klassenbesten Handling” (O-Ton Alfa) steht allerdings eine ziemlich straffe Federungs-/Dämpfungsabstimmung gegenüber. Spürbar wird dies besonders bei der Fahrt über Querrillen oder andere Unebenheiten.

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Selbst in der Topversion Veloce begnügt sich der Junior mit Frontantrieb, hat jedoch an der Antriebsachse ein sogenanntes Torsen-Differenzial installiert – eine bisher in Elektromodellen dieses Segments kaum bekannte und im Übrigen rein mechanische Lösung. Sobald ein Rad die Bodenhaftung verliert, wird das überschüssige Drehmoment innerhalb von Sekundenbruchteilen und automatisch zum gegenüberliegenden Antriebsrad geleitet. Entsprechend sicher liegt das Fahrzeug in Kurven auf der Straße, die Räder krallen sich praktisch am Asphalt fest.

Rund 400 Kilometer Reichweite

Bei einem Elektroauto ist freilich auch die Frage nach der Reichweite relevant. Zu beantworten ist sie mit Hinweis auf die Lithium-Ionen-Antriebsbatterie, deren Kapazität von 51 kWh netto zwischen zwei Ladestopps eine Strecke von rund 400 Kilometern legt. Der Verbrauch wird mit 15,6 kWh/100 km angegeben. Ob sich diese theoretischen Werte in der Praxis bestätigen, muss Gegenstand einer ausführlicheren Erprobung sein. Die Ladeleistung an der DC-Schnellladesäule beträgt nach Herstellerangaben 100 kW, das ist kein Spitzenwert.

alfa romeo junior elettrica veloce: die rennstrecke ruft

Passend zum Charakter des Juniors ist auch der Innenraum sportlich gestaltet. Bei der Materialqualität könnten die Italiener allerdings noch eine Schippe drauflegen, das verbaute Hartplastik wird dem Premiumanspruch der Marke jedenfalls nicht gerecht. Zentrales Bedienelement ist ein 10,25 Zoll großer Bildschirm, der das Infotainment inklusive Navigationssystem beherbergt, das bei der Routenplanung passende Ladestopps vorschlägt und dabei auch Informationen wie die Ladedauer liefert. Alfa hat erstmals ChatGPT als Sprachassistent integriert. Sinnvollerweise gibt es aber auch noch haptische Taster, zum Beispiel für die Klimatisierung.

Frunk unter der Fronthaube

Zu den Platzverhältnissen: Vorne fällt es gut aus, die ausgefallenen, aufwendig wirkenden Sportsitze im Elettrica Veloce bieten angemessenen Seitenhalt. Im Fond müssen je nach Körpergröße Abstriche bei der Beinfreiheit gemacht werden. Ins Gepäckabteil passen 400 bis 1280 Liter, bei anderen Antriebsvarianten (dazu später mehr) sind es 415 bis 1305 Liter. Der Ladeboden lässt sich in drei Höhen fixieren. Unter der Fronthaube findet sich ein sogenannter Frunk für das Ladekabel.

alfa romeo junior elettrica veloce: die rennstrecke ruft

Der Alfa Romeo Junior Elettrica Veloce rollt ab Mitte September 2024 zu ambitionierten Preisen ab 48.500 Euro zu den ersten Kunden. Aber es geht auch günstiger. Für den Elettrica mit 115 kW/156 PS werden 39.500 Euro aufgerufen. Und das Basismodell soll sogar “ein Alfa für alle sein”, wie die Verkaufsstrategen betonen. Es fährt dann aber – und das mag für manchen eine gute Nachricht sein – auch nur teilelektrisch: Der Junior Ibrida bekommt einen 100 kW/136 PS starken 1,2-l-Dreizylinder-Turbobenziner, der in ein Mildhybridsystem mit 48-Volt-Batterie und Elektromotor (21 kW/29 PS) integriert ist. Möglich ist der Einstieg bereits ab 29.500 Euro.

Ingo Reuss/ule

Alfa Romeo Junior Elettrica Veloce in Kürze:

Wann er kommt: Im September 2024

Wen er ins Visier nimmt: Volvo EX30, Smart #1, Kia EV3

Was ihn antreibt: Elektromotor mit 207 kW/280 PS, Batteriekapazität 54 kWh brutto/51 kWh netto

Was er kostet: Ab 48.500 Euro

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