Nur 1000 Kilo Gewicht, Sitze aus dem 3D-Drucker, Wabenplatten als Dach: Die Citroën-Studie Oli überzeugt durch Konsequenz. Wir drehen eine Runde durch Frankfurt.
- Alles E und wenig Gedöns
- Innenraum wie für den Kärcher gemacht
- Sitze aus dem 3D-Drucker
- Gleiche Plattform wie der Opel Mokka
- Ente gut, alles gut?
Als wir ganz langsam und lautlos an die rote Ampel heranrollen, als wir also das noble Frankfurter Westend verlassen und die Brücke über den Main ansteuern, bleibt plötzlich einer auf dem Gehweg stehen, zückt sein Handy, filmt oder knipst uns. Auf jeden Fall lächelt er und ist ganz aufgeregt. Wir auch. Wir sitzen in einer Studie, die seit ihrer Weltpremiere am 28. September die Auto-Welt fasziniert. Mensch, Oli, was bist du für ein cooler Typ!
Alles E und wenig Gedöns
Wir sollten Oli nicht wie die Kurzform von Oliver aussprechen, die Franzosen von Citroën sagen englisch “all-e”, also “Alles E”. Und wir sagen: Der Kerl ist ein Strom-Revoluzzer, wiegt nur 1000 Kilogramm, damit der Verbrauch runtergeht, er verzichtet auf Ausstattung und Gedöns, weil das alles Gewicht und Geld ist und weil vieles davon eh keiner braucht. Und er trägt neue Materialien, ist zum Beispiel auch ein Turnschuh.
Wenn wir die Geschichte von vorn erzählen, müssen wir bei Alex Horisberger beginnen. Er war mal Schuh-Designer, jetzt stattet er für BASF Autos aus, geht in den Designcentern der Industrie ein und aus. Bei Citroën stellte er vergangenes Jahr Wabenplatten vor, die beschichtet und lackiert und absolut wasserdicht sind und in doppelter Ausführung 240 Kilogramm Gewicht aushalten. Die von Citroën wollten das unbedingt haben, Dach und Fronthaube damit ausstatten und 50 Prozent Gewicht einsparen. Und somit stand auch schon die eckige Form der Studie fest. Der BASF-Designer: “Unsere Platte kann viel, aber nicht krumm.”
Innenraum wie für den Kärcher gemacht
Und so sieht Oli, wenn du ihn genau inspizierst, ein bisschen aus wie mit der Axt geschlagen. Eckige Front, glattes Dach. Er ist ein 4,20 Meter kurzer, ja, was denn nun? Crossover? SUV? Ach was. Einer, der die Welt verändert, ist er. Mit gerade aufgestellter Frontscheibe, die so breit und so flach ist, dass sie gleich drei Scheibenwischer nebeneinander montiert haben.
Innen gehen die “Alles-ist-anders-Festspiele” weiter. Sagten wir schon, dass der BASF-Mann früher bei Adidas war? Der Bodenbelag ist aus TPU, aus dem gleichen Material wie diese leichten Turnschuhsohlen. Der Vorteil: alles abwaschbar, alles wiederverwertbar. Du kannst den Innenraum mit dem Kärcher ausspritzen, zwei Ausläufe haben sie auch gleich eingebaut.
Sitze aus dem 3D-Drucker
Das “Weniger ist mehr”-Denken geht im Cockpit weiter. XXL-Monitor? Nö! Wir feiern ja neue Autos gern dafür, wenn sie Bildschirme haben wie die TV-Abteilung im Media Markt. Citroën sagt: Bitte bring dein Smartphone mit und stöpsel es ein, dann hast du Navi per Google Maps, kann ja oft auch mehr als fest eingebaute Teile. Die Musik kommt aus zwei abnehmbaren Boxen links und rechts im Armaturenbrett, die du herausnehmen und dann auf dem Dach Party machen kannst.
Gleiche Plattform wie der Opel Mokka
Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, Frankfurter Westend, die Brücke über den Main. Ja, es quietscht ein bisschen in der Studie, du siehst viel blankes Blech und weniger Dämmung als in anderen Autos. Aber Oli ist keine Bastelbude, er hat die eCMP-Plattform, auf der etwa auch der Opel Mokka steht. Hier haben sie ebenfalls den 136-PS-Motor eingebaut, aber weniger Akkus: nur 40 statt der üblichen 50 kWh.
Du fühlst dich mit der steil stehenden Frontscheibe ein bisschen wie im Auto von Barbie, nur dass Ken öfter nach hinten gucken und auf Radfahrer achten muss, ist sicherer als der Rückspiegel. Dann wären da noch die Gummis. 20-Zoll-Reifen von Goodyear, die 500.000 Kilometer schaffen sollen, deren Profil zweimal erneuert werden kann. Also zweimal Muster neu fräsen, auch das wird die Umwelt entlasten.
Ente gut, alles gut?
Und dann stehst du also vor diesem Auto, du denkst: viel Show, aber auch viel wow! Irgendwie tut diese Art der automobilen Abrüstung gut in einer Welt, in der Kleinwagen so proppevoll ausgestattet sind wie die S-Klasse der 90er, in der Elektro-SUV so dick und teuer sind wie Wohnmobile. Irgendwie erinnert Kumpel Oli an Freundin Ente, die uns preiswerte Mobilität ohne viel Schnickschnack bescherte. Nur eben jetzt mit Strom statt Sprit.