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Toyota Prius

25 Jahre Toyota Prius: Der eigenwillige Spar-Champion

1997 stellte Toyota mit dem ersten Prius einen Antriebsverbund von Verbrenner und Elektromotoren vor, der mit sensationellen Verbrauchswerten überzeugte.

25 jahre toyota prius: der eigenwillige spar-champion

(Bild: Toyota)

Bestenfalls skurril: In Deutschland ist der Toyota Prius ein Symbol für die Abwesenheit von Sexyness. International betrachtet aber ist der Prius eine Erfolgsgeschichte. Von über 20 Millionen seit 1997 verkauften Toyotas mit Hybridantrieb sind etwa fünf Millionen Prius. Die meisten davon fahren in den USA und in Japan. In Deutschland dagegen ist er eine Seltenheit. Er ist manchmal als Taxi und manchmal bei gut versorgten Pensionären unterwegs. Was macht den Prius aus?

Professor Katsuhiko Hirose von Toyota war maßgeblich an der Entwicklung des Antriebsstrangs beteiligt. In einem Interview sagte er mir vor einigen Jahren, dass man bei Toyota in den 1990er-Jahren vom Konzept des Hybrid-Pkws überzeugt war. Wie wichtig er für die Marke werden würde, so Hirose, konnte in Japan damals trotzdem niemand ahnen: Die große Mehrheit der heute in Europa verkauften Toyota und Lexus fährt mit dieser Kombination aus Benzin- und Elektromotor. Der Prius wiederum addiert zum effizienten Antrieb die erstklassige Aerodynamik. Die erste Generation war noch eine Stufenhecklimousine, danach war klar: Es muss eine Schräghecklimousine sein, weil deren Silhouette am dichtesten an der aerodynamisch idealen Tropfenform ist.

Ur-Bild des Hybrids an sich

Toyota verbindet im Hybrid Synergy Drive einen Benziner mit zwei Elektromotoren über ein Planetengetriebe. Hieraus ergibt sich eine stufenlos verstellbare Übersetzung, und weil diese elektronisch gesteuert wird, spricht Toyota vom e-CVT (Continously Variable Transmission). Der erste Elektromotor ist für den eigentlichen Vortrieb zuständig. Der zweite übernimmt vereinfacht gesagt die Aufgabe der Lichtmaschine und regelt die Drehzahl des Verbrennungsmotors. Dazu kommt eine Pufferbatterie, die bis Mitte der 2010er-Jahre Nickel-Metallhydrid-Zellen hatte und seitdem schrittweise auf Lithium-Ionen-Zellen umgestellt wird. Toyota hat hieraus eine umfangreiche Erfahrung im Batteriemanagement gesammelt, von der kommende Elektroautos profitieren werden.

Oft unter idealer Last

Die grundsätzliche Idee von Toyota war, im Hybridantrieb den Verbrennungsmotor so häufig wie nur möglich im Bereich seines besten Wirkungsgrades zu betreiben. Deshalb ist er nur im Ausnahmefall direkt mit dem Antrieb der Räder beschäftigt. Das erlaubt gewisse Freiheitsgrade bei der Lastverschiebung: Liegt die ideale Last des Verbrenners oberhalb der Anforderungen zur Überwindung der aktuellen Fahrwiderstände, wird die kleine Pufferbatterie befüllt. Der Benziner arbeitet dann also unter geringfügig höherer Last, als eigentlich nötig, dafür aber effizienter. Liegt dagegen die Lastanforderung durch die Fahrwiderstände oberhalb des idealen Bereichs des Verbrenners, wird der Pufferbatterie Strom entnommen.

Die sogenannte Lastpunktverschiebung funktioniert immer dann besonders gut, wenn sich das Tempo häufig ändert – also zum Beispiel im Stadtverkehr. Bei einem konstanten Dauertempo dagegen kann das System seine Vorteile nicht ausspielen. Zu denen gehört ganz nebenbei auch, dass der geniale Aufbau eine Menge Bauteile vermeidet, die in anderen Autos schon mal Ärger machen: Kupplung, Anlasser, Turbolader, Schaltgetriebe oder eine aufwendige Abgasnachbehandlung gibt es im Prius bis heute nicht. Die Hybridbatterie hält sehr lang, weil das Batteriemanagement nur ein schmales Ladefenster nutzt.

Sparsam in der Praxis

Wie erfolgreich Toyotas Idee in der Praxis ist, lässt sich an den realen Verbrauchswerten ablesen. Auf Spritmonitor erzielen viele Prius-Fahrer einen Spritverbrauch von weniger als vier Litern auf 100 km. Filtert man nach Jahren, lässt sich dort zudem der Fortschritt nachvollziehen. Jüngere Prius-Generationen sind im Schnitt noch sparsamer als ältere. Unterwegs ist die gefühlte Entkopplung von Beschleunigung und Drehzahl vor allem anfangs akustisch gewöhnungsbedürftig. Wer eine “digitale Fahrweise” bevorzugt, die zwischen heftiger Beschleunigung und Bremsen keine Zwischentöne kennt, wird im Prius nicht glücklich. Wer sich dagegen auf das Konzept einlässt, kann mit sehr wenig Sprit fahren, zumal er dann auch über die Rückgewinnung der Bremsenergie (Rekuperation) einen Teil wieder einspielen kann.

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Toyota Prius (7 Bilder)

25 jahre toyota prius: der eigenwillige spar-champion

Als 1997 der erste Toyota Prius vorgestellt wurde, wurde er belächelt. Nur Fachleute hatten das Vorstellungsvermögen, das Potenzial das Antriebsstrangs zu erkennen. Wer heute Hybrid sagt, meint Toyota, und das liegt am Prius. (Bild: Toyota)

Wachsender Hubraum, sinkender Verbrauch

Der mit Superbenzin betriebene Motor war ursprünglich und sehr lange äußerst simpel konstruiert: Ein Vierzylindersaugmotor, zuerst mit 1,5 Litern Hubraum, ab der 3. Generation mit 1,8 Litern und inzwischen mit bis zu 2 Litern im Prius 5. In anderen Toyota- und Lexus-Modellen gibt es eine Unzahl von Variationen, mit weniger oder mehr Zylindern und Hubraum, Saugrohr- und Direkteinspritzung sowie wilden Konstruktionen aus Planeten- und Zusatzgetrieben. Beschränken wir uns auf den Prius. Dass der Verbrauch und folglich die CO₂-Emissionen mit jedem neuen Prius gesunken sind, liegt am konsequenten Feinschliff. Besitzer eines Prius 3 zum Beispiel wissen, dass sie im Winter einen Liter Mehrverbrauch im Bordcomputer ablesen können. Apropos Display: Die Digitaluhr im 80er-Jahre-Design ist unter Toyota-Fahrern legendär.

Mit der vierten Generation des Prius wurde ab 2017 das Temperaturmanagement deutlich verbessert, der Mehrverbrauch bei Kälte ging zurück. Weil zugleich der Fahrbereich der Pufferbatterie ausgeweitet wurde – Leistung und Energiegehalt wuchsen –, stieg der rein elektrische Fahranteil weiter. Der war übrigens nie das Ziel, sondern immer das Ergebnis der CO₂-Sparbemühungen. Gewissermaßen ein Abfallprodukt, das viele Menschen an die Zukunft der Elektromobilität heranführt.

Leitmarkt Kalifornien

Die goldene Ära des Toyota Prius waren fraglos die 2. und 3. Generation, also ungefähr von der Jahrtausendwende bis 2016. Es war vor allem in Kalifornien cool, einen Prius zu fahren. Schauspieler wie Leonardo di Caprio präsentierten sich stolz damit, und in US-Serien wie “Weeds” spielte er eine Dauernebenrolle. Man fuhr Prius, weil er für Umweltschutz oder zumindest das Image davon stand. Man wählte ihn wahrscheinlich auch in den USA eher trotz und nicht wegen seines Designs.

Toyota denkt bei der Dekarbonisierung des Verkehrs immer in der Massendimension. Ein Rückgang des Verbrauchs bei sehr vielen Pkw mit Verbrennungsmotor, so die These, bringt in Summe mehr als ein paar Elektroautos. Schlüssig daran wäre gewesen, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen. Denn als Elon Musk 2016 das Tesla Model 3 zeigte, war die Begeisterung der US-Amerikaner neu verteilt: Der Prius wirkte schlagartig von gestern, und plötzlich fiel den Kunden auf, dass eine aerodynamische Silhouette auch gut aussehen kann. US-amerikanische Käufer sind in großer Zahl umgestiegen. Eine vergleichbare Antwort ohne Verbrennungsmotor bleibt Toyota bis heute schuldig.

Positiv formuliert holt das japanische Unternehmen damit heute alle Kunden ab, denen der batterieelektrische Antrieb suspekt ist. Doch deren Zahl ist rückläufig. Im Sommer 2020 verschwand der Prius aus dem deutschen Konfigurator, zwei Jahre später war er in ganz Europa nicht mehr als Neuwagen zu haben. Treue Toyota-Kunden stiegen zuvor vermehrt auf andere Hybridmodelle der Marke um, die zwar nicht alles der Effizienz unterordneten, dafür aber massenkompatibler geformt waren.

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Toyota Prius (4 Bilder)

25 jahre toyota prius: der eigenwillige spar-champion

Wenn Sie eins dieser drei Autos auf der Straße sehen, haben Sie einen Exoten entdeckt: Links der Prius 4 Plug-in-Hybrid (das Solardach lädt erstmals die Traktionsbatterie), in der Mitte der Wasserstoff-betriebene Mirai und rechts der gewöhnliche Prius 4. Das Thermomanagement wurde mit dieser Baureihe deutlich verbessert, und der Verbrauchsanstieg im Winter ist weniger steil. (Bild: Toyota)

Im Vergleich teuer

Toyota hat gerade die 5. Generation des Prius vorgestellt, die auch wieder nach Europa kommt. Falls es so etwas wie Objektivität beim Geschmack gibt, kann man sagen, dass er endlich schick geworden ist. Offenbar können die Japaner durchaus gutes Design machen, wenn sie wollen. In den USA kostet die Basisversion des Toyota Prius 5 ab 27.450 Dollar. Der Prius war in den USA allerdings immer günstiger als in Deutschland.

Der Prius 5 wird ab dem Sommer 2023 in Europa ausschließlich als Plug-in-Hybrid angeboten. 13,6 kWh Energieinhalt in der Traktionsbatterie sollen für 69 elektrisch zurückgelegte Kilometer im WLTP reichen. Die Systemleistung von 164 kW ist ein Kraftschock für alle Prius-Treiber. So gefällig der neue Prius auch aussehen mag: Es würde mich nicht wundern, wenn er in Deutschland unterm Strich teurer wird als die Basisversion des Tesla Model 3. Für Plug-in-Hybride gibt es ab 2023 nämlich keine Direktförderung mehr, während beim Tesla vorerst insgesamt 7177,50 Euro Umweltbonus abgezogen werden können, wodurch knapp 44.000 Euro für das Basismodell herauskommen.

So wird der Prius in Europa vermutlich das bleiben, was er war: Eine Randerscheinung. Für mehr wird er mutmaßlich zu teuer. Es ist bedauerlich, dass Toyota bei uns ausschließlich als teuren Plug-in-Hybrid anbieten wird. Die Ursache dafür dürften die CO₂-Vorgaben der EU sein. Würde es einen Prius wie in den USA für umgerechnet und inklusive Mehrwertsteuer 31.000 Euro geben, würde sich wohl mancher Interessent eines VW Golf anders entscheiden.

(mfz)

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