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Toyota Land Cruiser 250 (2024) im Test: Nur noch schöner Schein?

Außen sehr schön auf alte Schule, sonst stark modernisiert: Passt das oder geht der Charakter flöten?

toyota land cruiser 250 (2024) im test: nur noch schöner schein?

Was ist das?

Es ist ja schon irgendwie verwirrend. Kaufst du heutzutage ein neues Auto, bei dem statt einem “e” ein schmutziges “d” oder sogar ein völlig verantwortungsloses “V8” auf dem Heckdeckel prangt, dann wird’s ungemütlich beim nächsten Nachbarschafts-Grillfest. Und auf der anderen Seite ploppen gerade mehr beinharte Offroad-Schwergewichte aus dem Boden als autofreie Zonen in unserer Hauptstadt.

Bei uns in München (Grünenwähler-Anteil bei der letzten Landtagswahl über 30 Prozent) ist gefühlt jedes zweite Auto ein neuer Land Rover Defender. Die anderen 50 Prozent sind G-Klassen. Für die etwas kernigere Klientel hat Ineos zuletzt den krachledernen Grenadier auf den Markt gebracht. Wobei der mit seiner kultigen Retro-Optik auch ganz hervorragend in finanzschwangere In-Viertel passt. Sie sehen schon, Schlamm und Schöner Schein passen derzeit ganz hervorragend zusammen und wenn man sich den neuen Toyota Land Cruiser so anschaut, dann denkt man unweigerlich: Die Japaner haben das jetzt auch gecheckt.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich gehe stark davon aus, die Stamm-Klientel des Land Cruiser legt eher wenig Wert auf Boulevard-Tauglichkeit. Aber seien wir ehrlich: Der neue LC 250 (oder auch J25) sieht einfach verdammt Granate aus. Nicht nur im Vergleich mit seinem ziemlich belanglos gezeichneten Vorgänger. Die Früher-war-cooler-Welle hat jetzt auch ihn erfasst. Zurück zur Kante mit steiler Windschutzscheibe, geradem Dach und 90-Grad-Heckabschluß wie beim guten alten FJ40. 

Zu dem passen auch die Rundscheinwerfer und der beige-braune Farbton “Sand Shade” der sogenannten First Edition. 3.000 Stück wird es für Europa geben. Wer keine davon ergattert, braucht sich auch nicht grämen, die scharfe 80er-Schnauze aller anderen LC 250 kann sich mehr als sehen lassen. Und: die runden Funzeln wird es später als Original-Nachrüstsatz geben.

Bildergalerie: Toyota Land Cruiser First Edition (2024) und Heritage Fleet

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In der Länge wächst der Neue um zehn Zentimeter auf 4,93 Meter. Breite/Höhe/Radstand: 1,98m(+ 90 mm)/1,92m (+-0 mm)/2,85m (+60 mm). Ein stattlicher Naturbursche also. Räder gibt’s in 18 und 20 Zoll. Viel entscheidender aber: Die neue GA-F-Plattform wird vom großen Luxus-Bruder Land Cruiser 300 (bei uns nicht erhältlich) übernommen.

Keine Sorge, der Leiterrahmen bleibt natürlich. Nur ist der jetzt 50 Prozent steifer. Die Torsionssteifigkeit von Rahmen und Karosserie zusammen erhöht sich laut Hersteller um 30 Prozent. Danken Sie 84 zusätzlichen Schweißpunkten und der erstmaligen Verwendung von Strukturkleber (11,9 Meter werden pro Auto aus der Tube gedrückt). Dadurch verspricht man sich vor allem eine bessere Performance onroad. 

Genau dieser sollen auch die überarbeitete Doppelquerlenker-Vorderachse und die Vierlenker-Starrachse hinten, neue Adaptiv-Dämpfer und der erstmalige Einsatz einer elektrischen Servolenkung auf die Sprünge helfen. Letztere ermöglicht logischerweise auch den Einsatz diverser neuer Fahrhilfen. Das Toyota Safety Sense-Paket mit allen gängigen Assistenten ist Serie. 

Damit der neue Land Cruiser abseits der Straße tun kann, was er da nun mal so verdammt gut tut, gibt’s zwei Differenzialsperren (mitte und hinten), eine Geländeuntersetzung und einen neuen “Auto”-Modus für das Multi-Terrain-Select-System, der selbstständig erkennt, auf welchen fiesen Untergrund Sie das Auto gerade gezwungen haben. Entsprechend passt er Lenkung, Antrieb und Bremse an.

Ganz generell müssen Sie beim LC 250 eigentlich nur noch gut im Knöpfe drücken sein, um als gefeierter Held des Geländes dazustehen. Die sogenannte Crawl Control, hält in fünf Stufen die Geschwindigkeit bei Gelände- und Bergabfahrten stabil. Zu schnell wird’s damit eigentlich nie. Wenn es Ihnen zu langsam geht, können Sie aber mit Gaseinsatz überstimmen.

Neuestes Super-Schmankerl ist der Stabilisator-Disconnect-Mechanismus (SDM), der – ebenfalls auf Knopfdruck – den vorderen Stabi entkoppelt und dem Auto so mehr Federweg spendiert, wenn’s mal brenzlig wird im Offroad-Park. Gegenüber seinem Vorgänger verfügt der neue Land Cruiser bereits standardmäßig über eine um zehn Prozent größere Radverschränkung, bei aktiviertem SDM erhöht sich diese um weitere zehn Prozent. 

Und wo wir gerade bei Werten sind: Die Wattiefe beträgt wie bei der G-Klasse 70 Zentimeter. Der Rampenwinkel liegt bei 23 Grad, die Böschungswinkel bei 31 vorne und 23 hinten. Das sind exakt die Werte des Vorgängers. Anhängelast: bis zu 3.500 Kilo.

Preise: gibt es offiziell noch nicht. Aber inoffiziell liegen Sie nicht so falsch, wenn Sie mit einem Einstieg zwischen 60.000 und 65.000 Eure rechnen. Dafür sollen dann Toyotas Safety Sense, alle möglichen Assistenten, und das komplette Allrad-Paket an Bord sein. Aber klar ist auch: Eine First Edition mit allem Pipapo hat sicher eine 8 vorne dran. 

Gibt es mehr als vier Zylinder?

Nope. Es bleibt beim 1GD-FTV, also dem 2,8-Liter-Vierzylinder-Diesel mit 204 PS und 500 Nm Drehmoment. Selbiger wurde immerhin mit einem kleineren Turbolader versehen, der dem Motor untenrum so ein bisschen den Schlaf aus den Augen wischen soll. Das funktioniert eigentlich auch ganz gut. Im direkten Vergleich mit dem Vorgänger J15 fühlt sich der Selbstzünder ein wenig spritziger an und kommt auch besser aus dem Knick. 

Da hilft aber ganz sicher auch, dass das neue Automatik-Getriebe zwei Gänge gewonnen hat und nun mit 8 Fahrstufen um sich werfen kann. Die Vorteile zeigten sich unter anderem beim Durchfahren eines Waldgebietes, bei dem es vor Steigungen und vor allem vor hundsgemein tiefem Schlamm nur so wimmelte. Die Dosierung des Gases unter widrigen Bedingungen gelingt sehr gut. 

Weniger erbaulich ist es nach wie vor um die Geräuschbildung und die generellen Manieren des Toyota-Diesels bestellt. Er ist schon weiterhin ein recht grobschlächtiger Geselle. Sehr präsent beim Beschleunigen und auch nicht der vibrationsärmste Vertreter seiner Zunft. Dass er die irgendwas um die 2,4 Tonnen des Autos nicht mit der Steinschleuder nach vorne schießt, dürfte eigentlich auch klar sein. Da macht so ein Reihensechszylinder-BMW-Diesel im Ineos Grenadier schon mehr her. 

Als Land Cruiser-Kunde wird man damit leben müssen (und das kann man natürlich auch). Denn eine Alternative wird es bei uns nicht geben. Also zumindest fast nicht. 2025 setzt man dem guten alten Zwoachter auf Wunsch noch ein Mildhybridsystem auf. Es dürfte sich nicht großartig von dem unterscheiden, was man uns zuletzt für den Pickup Hilux aufgetischt hat. 

Wie fährt er?

Man versprach Verbesserungen und mehr Schliff, gerade auf der Straße, und das ist auch zu spüren. Wäre aber auch ein bisschen blöd, wenn es nicht so wäre. Der Vorgänger J15 existiert schließlich seit 2009. 

Worauf sich alte Land Cruiser-Haudegen (und natürlich auch alle Neukunden) hauptsächlich einstellen können, sind eine deutlich leichtgängigere und weniger störrische Lenkung, ein verbesserter Fahrkomfort und spürbar weniger Wank- und Nickbewegungen im Aufbau. Gerade das Heben und Senken der Nase beim Beschleunigen oder Bremsen hat man ordentlich entschärft. Dazu fühlt sich die Bremse natürlicher und einfach besser an als bisher. 

Wird der Land Cruiser damit vom leicht ungelenken Offroad-Laster zum elegant schmeichelnden Handling-König? Sicher nicht. Das wäre auch etwas arg viel verlangt und würde letztlich mit der Geländetauglichkeit des Autos überkreuz liegen. Man merkt schon immer noch sehr schnell, dass man es hier in erster Linie mit einem Nutztier zu tun hat, auch wenn selbiges nun einen merklich feineren Zwirn trägt, sprich: besser gedämmt ist, weniger Geräusche fabriziert et cetera. 

Zur Wahrheit gehört aber auch: Verglichen mit dem Ineos Grenadier, den wir kürzlich im Test hatten, fährt und vor allem lenkt der LC 250 um einiges angenehmer und präziser.

Und im Gelände?

Klar, die Frage musste kommen. Für mich ist sowas immer fürchterlich schwer zu beantworten. Erstens, weil ich mich auf der Rennstrecke deutlich wohler fühle als in beängstigender Schräglage über einem Wasserloch. Und zweitens, weil uns die Autohersteller sicher nicht in Offroad-Situationen bringen werden, die ihr neues Produkt nicht meistern kann. 

Also auch hier: Sowohl die sehr steinigen Trails der schottischen Highlands als auch deren erwähnt matschige Wälder bewältigte der J25 ohne, dass er jemals besonders angestrengt wirkte. Untersetzung und Crawl Control halfen dabei, dass man außer Lenken nicht viel dazu beitragen musste.

Technisch wurden beim neuen Auto das Mittendifferenzial überarbeitet und das optionale hintere Differenzial verstärkt. Außerdem hat man die Differenzialsperre von einem Motor auf ein Magnetsystem umgestellt, das nun in rund 0,15 Sekunden anspricht – 85 Prozent schneller als bisher. 

Als besonders praktisch empfand ich hier die hervorragende Übersichtlichkeit der neuen Karosserie. Ein Beleg: Gegenüber dem Vorgänger hat man die komplette Gürtellinie um drei Zentimeter abgesenkt und die Außenspiegel an den Türen angebracht. Außerdem hat man bei der Motorhaube den Mittelteil abgesenkt und die Seiten nach oben gezogen, was der Orientierung im Gelände tatsächlich zuträglich ist. 

Eine Riesen-Hilfe ist hier auch die Kombi aus Panoramamonitor (PVM) und Multi-Terrain-Monitor. Damit kriegst du zum einen einen kompletten Überblick über die unmittelbare Fahrzeugumgebung und du kannst mit dem MTM auch unters Fahrzeug schauen. Dabei werden die Position der Hinterräder und der Untergrund angezeigt. Neu ist die Unterbodenansicht mit Leitlinien, die die Position des Fahrzeugs und der Reifen anzeigt. Das Ganze per Sprachbefehl oder Knopf auf der Mittelkonsole.

Wie ist er innen?

Erster Eindruck: Robust, logisch, solide bis hochwertige Materialien, gute Verarbeitung, absolut kein Bling oder Schi Schi. Das ist von der Anmutung sicher kein G-Klasse-Interieur (der LC kostet ja auch nur die Hälfte) und das Flugzeug-Cockpit des Grenadier ist irgendwie cooler, aber Hand und Fuß hat das hier drin allemal. 

Den Anfass-und-Klopf-Test an den üblichen Stellen wie Türtafeln, Armaturenbrett, Mittelkonsole und Co. besteht der neue 250er mit Bravour. Das je nach Ausstattung sieben oder 12,3 Zoll große Instrumentendisplay ist gut ablesbar und bietet in den Gelände-Modi nützliche Zusatzinfos. Der Infotainment-Screen misst ebenfalls 12,3 Zoll. 

Für die Bedienung von Klima und allem, was man offroad braucht, setzt der Land Cruiser auf große, gut erreichbare Tasten. Über den Drehschalter rechts neben dem Fahrer stellt man die Gelände-Fahrmodi ein.

Das Gestühl sieht etwas simpel und wenig ausgeformt aus, ist in Wirklichkeit aber sehr bequem und die Sitzposition passt auch. Enorm angenehm, nicht nur, wenn es mal ruppiger wird: die Polsterungen für die Knie an Mittelkonsole und Türen. 

Das Raumangebot in Reihe Zwei ist in Anbetracht der gewachsenen Dimensionen eher Durchschnitt. Man sitzt halt, wie man in Geländewagen so sitzt – mit eher angewinkelten Beinen und mittelmäßiger Beinfreiheit. Die Rückbank ist im Verhältnis 60:40 umklappbar und Sie haben die Auswahl zwischen fünf und sieben Sitzen. 

Bei den Testwagen konnten wir die Siebensitzer-Variante nicht ausprobieren. Besonders ausgeprägt wird das Wohlfühl-Moment in Reihe drei aber eher nicht sein. Je nach Ausstattung klappen die beiden Einzelsitze manuell oder elektrisch aus dem Boden.

Das Kofferraumvolumen beträgt 1.063 Liter. Wie es bei komplett nach vorne geklappter Rückbank aussieht, ist aktuell noch unklar. Toyota hat bisher keine Zahlen veröffentlicht. Immerhin erfährt man, dass die Ladefläche länger und breiter ist als bisher.  

Fazit: 8/10

Der neue Toyota Land Cruiser ist um Längen attraktiver und geschliffener als bisher, bleibt sich aber glücklicherweise treu und verkommt nicht zum Luxus-Blender, der mehr Sterne-Restaurants sieht als Feldwege. 

Er ist in erster Linie immer noch ein Nutztier und so fährt er auch. Nach wie vor ein bisschen staksig, mit grobem, lautem Diesel. Zur Wahrheit gehört aber auch: Er lässt sich angenehmer, einfacher und gediegener bewegen als bisher. Und er ist innen, aber vor allem außen einfach verdammt schick geworden. Das macht ihn zu einem interessanten Angebot, das die Fangemeinde über die üblichen Verdächtigen hinaus vergrößern könnte.  

Technische Daten und Preise Toyota Land Cruiser

  • Motor: Reihenvierzylinder-Turbodiesel; 2.755 ccm
  • Getriebeart: 8-Gang-Automatik
  • Antrieb: Allradantrieb
  • Leistung: 150 kW (204 PS) bei 3.000 – 3.400 U/min
  • Max. Drehmoment: 500 Nm bei 1.600 – 2.800 U/min
  • Beschleunigung 0-100 km/h: noch nicht homologiert
  • Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
  • Leergewicht: 2.330 kg
  • Zuladung: 820 kg
  • Länge: 4.925 mm
  • Breite: 1.980 mm
  • Höhe: 1.935 mm
  • Rampenwinkel: vorne: 32 Grad; hinten: 17 Grad
  • Wattiefe: tba
  • Anhängelast: 3.500 kg
  • Bodenfreiheit: 215 mm
  • Kofferraumvolumen: 1.063 Liter
  • Verbrauch: noch nicht homologiert
  • Emission: noch nicht homologiert
  • Basispreis: tba

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