Zu lange setzte der britische Autobauer auf Hybrid-Fahrzeuge – und fiel weit hinter die Konkurrenz zurück. Jetzt sollen die Jaguars und Range Rovers aufschließen zu den elektrischen Modellen von Porsche bis Mercedes. Dabei setzt der Konzern auf eine gewaltige Veränderung.
Das Logo der Auto-Marke Jaguar pa/NurPhoto/Artur Widak
„Wir wollen eine kontinuierliche, inkrementelle Verbesserung schaffen“, sagt John Cormican, zuständig für Fahrzeugtechnik bei JLR in Großbritannien und Irland. Üblich seien dafür Sprints, in denen innerhalb von zwei Wochen Projekte in Teams angestoßen und umgesetzt werden. „In der Software-Entwicklung ist diese Technik ein bewährtes Verfahren. Aber für die Automobilindustrie ist es eine gewaltige Veränderung.“
Der Ingenieur kommt aus dem Bereich Halbleiter und Software. In Shannon im Westen Irlands hat er binnen fünf Jahren ein Team von 300 Software-Ingenieuren aufgebaut, die an der digitalen Plattform des Auto-Herstellers arbeiten: Konnektivität, Data Science, Assisted Driving, Cybersecurity, Elektroniksysteme sind Stichworte, an denen die Angestellten hier arbeiten.
Die angekündigte rasche Elektrifizierung des JLR-Fahrzeugangebots sollen alle diese Maßnahmen mit unterstützen. 15 Milliarden Pfund (17 Milliarden Euro) an Investitionen hat das Unternehmen, das zum indischen Tata-Konzern gehört, Mitte April für die kommenden fünf Jahre angekündigt, doppelt so viel wie in den vergangenen Jahren. Damit sollen die Jaguars und Range Rovers aufschließen zu den elektrischen Modellen der deutschen Premium-Hersteller.
Kein Erfolg mit Hybrid-Strategie
Mit dem Jaguar I-Pace hatte JLR schon 2017 eines der ersten Batterie-Modelle in der Luxusklasse vorgestellt. In den folgenden Jahren hat sich das Unternehmen aber auf Hybride konzentriert, während die Wettbewerber vermehrt erste Modelle mit reiner Batterie-Elektrik ins Programm genommen haben. Der Marke Jaguar hat das erheblich zugesetzt, der Absatz ist deutlich zurückgegangen.
„Sie mögen denken, dass es um uns still geworden ist in den vergangenen zwei Jahren“, sagte Vorstandschef Adrian Mardell bei der Vorstellung des Elektro-Zeitplans. „Doch es ist viel passiert seit 2021.“ Damals hatte Mardells Vorgänger Thierry Bolloré die Strategie „Reimagine“ vorgestellt, laut der JLR spätestens bis 2039 netto keine Emissionen mehr ausstoßen wird. Im vergangenen November hat Bolloré den Konzern schon wieder verlassen, nach nur zwei Jahren im Amt.
Sechs Quartale in Folge hatte das Unternehmen zuvor Vorsteuer-Verluste geschrieben, während andere Premium-Anbieter wie Mercedes oder Porsche einen Geschäftserfolg nach dem anderen vorlegten.
Unterstützen soll bei den nächsten Veränderungsschritten auch das Programm aus dem irischen Shannon. „Wir sind auf dem Weg, zu einem Technologie-Unternehmen zu werden“, sagt Cormican. Dazu gehören nicht nur die neuen, agilen Arbeitsansätze, die im ganzen Konzern genutzt werden.
Die Ingenieure haben auch die wichtige Aufgabe, die Fahrzeug-Software, Sensortechnik, Sicherheitsfeatures und das Infotainment in den Autos zu gestalten. „Diese Plattformen haben wir hier entwickelt“, so Cormican.
Software sei längst entscheidend für den Erfolg – das zentrale Element, das sämtliche Komponenten im Auto zusammenhält. Dafür arbeite JLR mit einer Reihe von Partnern zusammen, die wichtige Koordination bleibe im Konzern.
Offen ist noch, woher JLR künftig die Batterien für die neue elektrische Platte beziehen wird. Der Mutterkonzern Tata plant in Europa eine Giga-Factory, die Standortentscheidung soll in Kürze fallen. In der Diskussion ist eine Fertigung in Großbritannien, doch nach Informationen der Financial Times erwartet Tata dafür einen Investitionszuschuss der Regierung in Höhe von 500 Millionen Pfund. Alternativ wird auch ein Standort in Spanien geprüft.
Die Batterien aus dem eigenen Haus stehen frühestens in vier Jahren zur Verfügung. Die Versorgung in der Übergangszeit sei aber bereits vertraglich gesichert, betont ein Sprecher.
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