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Was bedeutet der schwache Markt für E-Autos?

was bedeutet der schwache markt für e-autos?

Ein elektrischer Mercedes Benz hängt an einer Ladestation

Einen Hintergedanken kann man europäischen Autoherstellern nicht mehr unterstellen – dass sie womöglich alles täten, um bei der Antriebstechnik für Autos nichts zu ändern und um dann möglichst bequem beim Verbrenner zu bleiben. Das Gegenteil trifft zu: Europas Autoproduzenten, und die deutschen vorneweg, haben Milliarden Euro in die Produktentwicklung und in Fertigungsanlagen batterieelektrischer Modelle investiert. Die würden sie jetzt gerne auf die Straße bringen.

Doch die Zulassungsstatistik deutet in eine andere Richtung. Im Februar waren nur 12,6 Prozent der Neuzulassungen batterieelektrische Autos (BEV). Das abrupte Aus des Umweltbonus für Elektroautos Mitte Dezember 2023 habe potentielle Käufer verunsichert, berichtet die Unternehmensberatung EY, weshalb sich viele Neuwagenkäufer noch einmal für ein Verbrennermodell entscheiden würden. Das hat Folgen: Mercedes etwa wollte nach früheren Ankündigungen eigentlich von 2030 an in Europa nur noch vollelektrische Autos anbieten. Nun wurde angekündigt, das Angebot werde an Markt und Kundenwünsche angepasst, auch mit Verbrennerautos bis in die Dreißigerjahre.

Bisher sind nur 2,8 Prozent aller in Deutschland zugelassenen Autos batterieelektrisch angetrieben. 39 Prozent der Fahrer von Verbrennerautos könnten sich grundsätzlich einen Umstieg vorstellen, aber nur 5 Prozent in den nächsten zwölf Monaten, berichtet der Marktdatenlieferant DAT. Meinungsumfragen zeigten viele Hindernisse für den Kauf eines E-Autos: ein hoher Preis, die Batterie als Unsicherheitsfaktor, begrenzte Reichweite, unausgereifte Infrastruktur und lange Ladezeiten.

Zeit für Technologieoffenheit

Außerhalb der Stadtzentren, in gehobenen Wohnvierteln mit Einfamilienhäusern und Mehrfachgaragen, sieht man nun oft ein teures E-Auto neben einem Verbrenner-SUV. Dort gibt es auch die private Wallbox zum Laden. Doch Bewohner von Mehrfamilienhäusern der Innenstadt, potentielle Kunden für billigere E-Autos, haben zu Hause kaum Lademöglichkeiten. Wie sollte dort ein Anbieter wie Opel kleinere E-Autos verkaufen und das alte Versprechen erfüllen, von 2025 an nur noch neue Elektroautos auf den Markt zu bringen?

Ohne wachsende Nachfrage nach E-Autos in Deutschland, dem größten Markt Europas, fehlt den deutschen Herstellern die Perspektive auf höhere Stückzahlen und die daraus folgenden Skaleneffekte mit sinkenden Kosten und Preisen. So könnten dann chinesische Anbieter den europäischen Markt leichter erobern, trotz ihrer Batterieproduktion mit Energie aus Kohle.

Die Schuld an der verzögerten Transformation in Richtung Elektroauto tragen weniger die Autohersteller, sondern vor allem Politik und Energiewirtschaft, die mit der Infrastruktur für Elektroautos und mit dem Angebot an grünem Strom nicht schnell genug vorangekommen sind. Das auf 2035 fixierte Verbrennerverbot für Neuwagen passt nicht in diese Landschaft.

So ein Termin müsste wenigstens zu einem beweglichen Ziel werden und erst in Kraft treten, nachdem einige Jahre vorher Politik und Energiewirtschaft bestimmte Etappenziele erreicht haben, etwa für Schnellladesäulen (bisher nur 21.000), Stromangebot für Wallboxen in dicht besiedelten Vierteln oder mehr Angebot an grünem Strom. So wären die (Umwelt-)Politiker besser motiviert, Voraussetzungen für die E-Autos zu schaffen. Für die Weiterentwicklung der Technik und Skaleneffekte wäre auch eine Förderung von E-Autos mit langem Atem hilfreich, mit Absenkung nur in Fünfjahresschritten.

Dennoch ist generell zu hinterfragen, ob Europa nur auf batterieelektrische Autos setzen sollte. Die sind zwar sehr effizient etwa für Kurzstrecken-Pendler, die mit Strom von Solarzellen auf dem Hausdach laden. Doch es gibt noch viele andere Nutzungsprofile für Autos. Und bei der aktuellen Zusammensetzung des deutschen Fuhrparks – 1,4 Millionen BEV und 44,4 Millionen Verbrenner – würde es viele Jahre dauern, bis alles elektrifiziert ist. Würden die Europäer von ihrem Dogma abrücken, dass der Verbrennermotor der Feind sei, eröffnete das zusätzliche Chancen für den Klimaschutz. Der eigentliche Feind ist fossiler Brennstoff, gefördert aus den Tiefen der Erde. Ein Verbrennermotor, betrieben mit synthetischem, klimaneutralen E-Fuel, richtet keinen Schaden an.

Es wird Zeit, dass die Deutschen und die Europäer für den Autoantrieb der Zukunft wieder techno­logieoffen werden, einschließlich E-Fuels und Antrieb mit grünem Wasserstoff. Wettbewerb um klimafreundliche Innovationen kann Europas (Auto-)Industrie für die Zukunft eine technische Führungsrolle sichern und zugleich dem Klimaschutz helfen.

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