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So schön wird es nie mehr: Die spektakulärsten Autoshows der Welt und Autos, die Kunstwerke sind

Reportage. In Monterey und Pebble Beach verdichten sich in nur einer Woche die wertvollsten und spektakulärsten Autos der Welt zu Autoshows, die Geschichten voller Passion erzählen. Vom Hollywood-Star über den Illy-Kaffeemaschinendesigner bis zum berühmten Komponisten.

So schön wird es nie mehr: Die spektakulärsten Autoshows der Welt und Autos, die Kunstwerke sind

Du hast davon geträumt, sie haben dir den Traum-Speedster gebaut“, ruft ein lachender Hollywood-Star Orlando Bloom dem Designer Lucca Trazzi zu. Zwischen ihnen steht ein gelber Porsche auf einem Podest, der Pirates-of-the Caribbean-Star ist selbst Porsche-Sammler, demnächst erhält er das rare Sondermodell ST. Lucca Trazzi designte Illy-Kaffeemaschinen bis zum idealen Glas für den Aperol Spritz, ehe er seinen Traum erfüllte, seinen eigenen Porsche zu bauen, einen Speedster Jahrgang 1994, der aber die Stilelemente aller bisherigen Speedster-Modelle verschmelzen sollte, mit dem Segen von Porsche und dem Programm Sonderwunsch. Es sind Autos, die Kunstwerke sind: Hier in Monterey und später in Pebble Beach verdichten sich in nur einer Woche die wertvollsten und spektakulärsten Autos der Welt zu einer Autoshow, die Geschichten voller Leidenschaft erzählt.

Das einzigartige Buch der Leidenschaft

Spricht man mit Trazzi, zieht er ein gelbes Buch hervor. Die ersten Seiten: Skizzen von Kaffeemaschinen, Tassen, Gläsern, Zitruspressen, eine Art Werkschau. Auf der nächsten Seite dann Lichtinstallationen, die er in Mailand gemacht hat. Und dann, die gelbe Seite, die Titel trägt: Speedster 993 LT. Drei Jahre dauerte das Projekt nach den Skizzen von Trazzi, der in der Zeit sogar einen eigenen Werksausweis in Stuttgart hatte. Zu guter Letzt gab auch noch Porsche-Chefdesigner Michael Mauer seinen Segen.

Erster Höhepunkt mit der Autoshow „The Quail“

Trazzis Speedster leuchtet vom Podest, inmitten der Veranstaltung „The Quail, A Motorsports Gathering“, einem der ersten Höhepunkte dieser Woche, in der sich ein paar der schönsten Plätze der Welt der Leidenschaft für die spektakulärsten Autos der Welt hingeben. Monterey und Pebble Beach in Kalifornien sind die Bremspunkte, in der Gegend fallen so klingende Namen wie John Steinbeck, Ernest Hemingway bis zu Brad Pitt.

Niki Laudas Auto könnte an der Decke fahren

Eine Künstlerkolonie, die Kunstwerke, die heute hier stehen, sind aber Autos die Geschichten erzählen. Niki Laudas Track Car von F1-Konstrukteur Gordon Murray, ein Tribut an die österreichische Rennlegende, mit einem Aerodynamik-Paket unterlegt, dass das 772-PS-Auto mit bis zu 1200 kg auf die Straße drückt. Laudas Track Car könnte damit bei entsprechendem Speed sogar verkehrt an der Decke fahren.

Enzo Ferraris Kunstwerk, geschenkt an Ford

Vorne steht ein dunkler Ferrari, den der einst klamme Enzo seinem Konterpart, Henry Ford II angeblich schenkte – der ließ es in einer Garage in Vergessenheit geraten, bis man es aufwändig restaurierte. Klar, Ferrari hatte fälschlicherweise lanciert, dass Ford bei ihm einsteigen werde. Der legendäre Fiat-Boss Gianni Agnelli öffnete seine Kasse und rettete so Ferrari. Heute ist man Börsen-Liebling.

15 Millionen Euro für einen Ferrari

Nebenan, mitten im Ort Monterey, gibt Sothebys jeden Tag eine Auktionsshow. Tausende Menschen sind täglich vor Ort, Junge, Alte, Kinder, Frauen, Männer, ein Riesenbildschirm überträgt die Auktion, vorne stehen die Pretiosen. In nur einer Woche werden Autos im Wert von fast 340 Millionen Euro versteigert. Der deutsche Ex-Fußballer Michael Ballack durfte sich am meisten freuen: Sein Ferrari 250 GT SWB California Spider erzielte mit rund 15 Millionen Euro einen Höchstwert.

Cobra und Rassenkonflikt

Eine Cobra kam unter den Hammer, die das Rassenthema streift: Der Afro-Amerikaner Hank Williams wollte im März 1965 das Auto kaufen, der Kaufvertrag war schon unterschrieben. Aber als er ihn abholen wollte, beschied man ihm, dass er das Auto nicht bekomme. Erst, als Williams mit dem Anwalt drohte, bekam er seine Cobra, mit der der Jazz-Schlagzeuger rund 400 Rennen fuhr. Bei der Versteigerung brachte der Wagen im Originalzustand zwei Millionen Dollar.

Die Ergebnisse der Auktion schrumpften im Vergleich um runde acht Prozent. Wirtschaftskrise kann man das aber wohl nicht nennen.

Die endgültige Autoshow für spektakuläre Autos

Szenenwechsel. Eine leichte Gischt, feine Wassertröpfchen fliegen landeinwärts, kaum spürbar. Die Kelp-Wälder wiegen im Meerestakt, das Meer krauselt sich bei Ebbe nur leicht. Klassische Musik ertönt im Hintergrund, man hört keinen einzigen Schritt auf einem der berühmtesten Golfplätze der Welt. Hier ist sogar eine Zypresse berühmt (“Lone Zypress“), die auf einem Granithügel steht. Pebble Beach, egal, wo man hinschaut: Postkartenmotive, die Küste türmt sich steil auf, duckt sich zwischendurch, jeder Blickwinkel hat seine eigene Dramaturgie, kein Sattsehen ist in Sicht.

Wie ein Adelstitel für ein Kunstwerk

Und jetzt, bei der endgültigen Autoshow, dem Concours d‘Elegance, fahren auch noch Dutzende der spektakulärsten Fahrzeuge der Welt über den Rasen. Ältere Ladies kommen schon ganz früh und breiten die Decken aus. Ein junger blinder Mann kommt mit seinem Begleiter, der ihm die Autos beschreibt. Renn-Legende Jacky Ickx steht in einer Runde von Männern mit Strohhüten, sie sind die Gralshüter von Pebble Beach, sie benoten Autos, die diese Würde, wenn sie ausgezeichnet werden, wie einen Adelstitel tragen. Je länger der Tag dauert, desto mehr wird er zur Modenschau der Menschen, die mit den Autos konkurrieren wollen. Die Hüte der Damen werden immer größer. Es ist zwecklos.

16-Zylinder vom weltberühmten Komponisten

Und wieder, die Geschichten. Ein Ehepaar, das sich der Liebe zu ihrem Oldtimer verschrieben und sich jahrgangsmäßig eingekleidet hat; der 16-Zylinder Cizeta V16 T aus zwei V8-Motoren, der, einmal angeworfen, wie Musik klingt. Ex-Lamborghini-Ingenieur Claudio Zampolli, Designer Marcello Gandini (Lancia Stratos, Lamborghini Countach) und der weltberühmte Komponist Giorgio Moroder hatten die Idee eines Supersportwagens, der süße Wahnsinn endete schnell nach der Weltpremiere 1989, eine Handvoll Exemplare ist noch übrig.

Hauptsieger mit Kratzern

Da ist die Geschichte des Schweizer Milliardärs Fritz Burkard, der endlich mit einem historischen Bugatti den Hauptpreis gewinnen will. Sein Type 59, knappe 90 Jahre, hat Kratzer, passt so gar nicht ins perfekte Bild. Und gewinnt am Ende dennoch den Hauptpreis. Trotz seiner Kratzer, trotz seines Zustands. Es geht am Pebble Beach nicht mehr um die Illusion einer perfekten Restaurierung. Man will Autos sehen, die ihr Leben gelebt haben, keine ästhetische Chirurgie auf vier Rädern.

Die Landrover- und Range-Rover Garde von Queen Elizabeth, samt Jagd-Ausgaben uns skurril erscheinende Sonderausstattungen steht ganz am Ende, das Meer ist so nah. Man könnte Bücher mit nur einem einzigen Tag des Concours d‘Elegance füllen.

Homöopathischer CO2-Wert

All diese Autos sind Zeitzeugen einer Welt, in der alles möglich schien. Wer diese Kunstwerke heute an den CO2-Pranger stellen würde hat keine Ahnung, wie wenig sie gefahren werden. Ihr Beitrag zur CO2-Bilanz ist geringer als der Wirkstoff-Anteil in einem homöopathischen Mittel.

Sie sind Schauobjekte, und so schön wie es einmal war, wird es nicht mehr. Weil sich die Mobilität verändern wird und muss. Wenn man jedoch beobachten darf, welche Leidenschaft, welche Liebe das Auto immer noch entfesseln kann, der weiß, dass das Auto seine Zukunft hat. In welcher Form auch immer.

Junge Passion

Mitten im Gewühl Tausender Besucherinnen und Besucher sitzt ein zehnjähriger Bub namens Aran. Er zeichnet einen Ferrari, wirkt in sich gekehrt und entrückt. Sein Vater schützt ihn mit einem Schirm vor der Sonne. „Er ist der jüngste Auto-Designer und Auto-Zeichner. Er macht das aus eigenem Antrieb“, erzählt er. Auf Instagram könne man ihm folgen. Er liebe Autos. Und der Bub nickt schüchtern.

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