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Skoda Enyaq 85 im Test: Die Familienkutsche ist noch besser geworden

Die tschechische VW-Tochter Skoda hat ihr derzeit einziges Elektroauto – den Skoda Enyaq – für dieses Modelljahr überarbeitet und in einigen Punkten deutlich verbessert. Wir haben uns die Neuauflage in der Standard-Variante (also nicht dem Coupé) als Skoda Enyaq 85 zwei Wochen lang näher angesehen und dabei gut 1200 Kilometer mit dem Fahrzeug zurückgelegt.

Angetrieben wird der Nachfolger des Enyaq iV 80 von einem 210 kW (286 PS) starken Motor im Heck, maximal sind damit 180 Stundenkilometer möglich, ehe abgeriegelt wird. Die Beschleunigung von Tempo 0 auf 100 schafft der Enyaq dank 545 Newtonmetern maximalem Drehmoment in ordentlichen 6,7 Sekunden. Die Allradversion Enyaq 80x braucht mit 6,6 Sekunden übrigens nur eine Nuance weniger Zeit dafür.

Die 82 kWh große Batterie (77 kWh davon sind netto nutzbar) ermöglicht WLTP-Reichweiten von 450 Kilometern, er kann an DC-Ladestationen mit bis zu 135 kW und an AC-Stationen mit 11 kW Ladeleistung wieder aufgeladen werden. Hier bietet der 85x den Vorteil von bis zu 175 kW Schnellladeleistung. Auch eine Wärmepumpe ist serienmäßig an Bord aller Enyaqs. Der Name geht übrigens auf den Namen “Enya” aus dem Gälischen zurück, der “Quelle des Lebens” bedeutet.

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Daniel Krenzer

Folgende Punkte sind uns im Testzeitraum besonders aufgefallen:

Die Pluspunkte des Skoda Enyaq

Das Raumangebot: Was Skoda wie vielleicht kein anderer Autobauer schafft: Möglichst viel Raumangebot aus der zur Verfügung gestellten Plattform herauszuholen. Das gelingt auch beim Enyaq wieder, der auf dem Papier immerhin gut 40 Liter mehr Kofferraumvolumen als der Plattform-Bruder VW ID.4 aufzuweisen hat – und dessen Innenraum sich auch deutlich geräumiger anfühlt. Die Beinfreiheit vorne ist regelrecht überbordend, auf dem Beifahrersitz lassen sich selbst die längsten Beine weit ausstrecken – und das, ohne dass es auf dem Sitzplatz dahinter eng zugehen würde. Das ist wirklich beeindruckend, weil der Enyaq mit seinen 4,65 Metern Länge ja per se kein “Raumschiff” ist.

Die Langstreckentauglichkeit: Schon im Vorgänger ließen sich auch weitere Strecken akzeptabel bewältigen, doch mit der Überarbeitung sind auch weitere Fahrten mit dem Enyaq noch angenehmer. Zwar ist die maximale Ladeleistung bei der Version mit Heckantrieb mit 135 kW nicht allzu hoch, doch dank nun endlich manuell ansteuerbarer Batterievorkonditionierung ist die Batterie auch ohne direkte Ansteuerung einer Ladestation per Navigation an dieser auf optimaler Betriebstemperatur.

Das wiederum ermöglicht eine stabile Ladekurve, in deren Spitze wir zwar lediglich 128 kW zu sehen bekamen, die jedoch im Schnitt lange auf mehr als 100 kW blieb. So dauert eine Essenspause in der Regel länger, als das Fahrzeug eigentlich zum Laden auf 80 Prozent bräuchte. Und auch danach hält der Enyaq die Ladeleistung recht weit oben, sodass bei Bedarf der Akku in gut 45 Minuten auch wieder nahezu voll geladen ist. Von 10 bis 80 Prozent benötigt das Kompakt-SUV im Optimalfall weniger als eine halbe Stunde.

Zudem arbeitet die Ladeplanung zuverlässig und wird mit Live-Daten versorgt, sodass beispielsweise am Zielort schnell eine passende Ladestation in Fußreichweite zu finden ist. Und wer sich auf der Autobahn mit 120 Stundenkilometern zufrieden gibt, wird mit Verbrauchswerten von etwa 17 kWh belohnt, was an die 450 Kilometer reale Reichweite ermöglicht. Und auch mit flotterem Fahrstil mit Tempo-Passagen von 180 Stundenkilometern zeigte der Bordcomputer nie mehr als 24 kWh im Schnitt an, was immer noch inklusive Ladeverlusten gut 300 realistischen Autobahnkilometern entspricht.

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Der Fahrtkomfort: Im Enyaq sitzt es sich nicht nur sehr geräumig und bequem, der Wagen liegt auch wunderbar satt auf der Straße, wobei das optionale adaptive Fahrwerk die Details individuell einstellen lässt – schließlich mag es der eine kräftiger gefedert, während der andere gerne auf Wolken gebettet reist. Zudem leistet selbst beim nur heckgetriebenen Enyaq der Antrieb sehr ordentliche Arbeit und lässt auf der Autobahn wahlweise das Mitschwimmen oder auch das entschlossene Vorankommen zu. Der Fahrer kann sich dabei auch massieren lassen, guten Sitzkomfort bieten aber alle Plätze. Der hübsche Materialmix im Innenraum mit den Stoffelementen an der Armatur schafft zudem ein wohnliches Ambiente. Gut umgesetzt ist zudem das Head-up-Display mit Augmented Reality, das Hindernisse in der Scheibe entsprechend darstellt und bei eingeschalteter Navigation auch bei mehreren abzweigenden Straßen und Spuren mit dynamischen Pfeilen stets die gewünschte Richtung weist.

Die Cleverness: Neben dem enormen Raumangebot meint es Skoda auch mit dem Slogan “Simply Clever” ernst. Das beginnt mit Regenschirmen in den Vordertüren, reicht über viele Ablagemöglichkeiten im Innenraum mit netten Kleinigkeiten wie extra Halterungen für die Warnwesten und geht bis hin zu optionalen Extras wie den variablen Gepäcknetzen im Kofferraum. Das alles macht den Enyaq zu einem wirklich praktischen und vor allem für Familien geeigneten Wegbegleiter. Möglichkeiten für bidirektionales Laden bietet der Enyaq indes noch nicht, das soll sich dem Vernehmen nach aber noch ändern. Sollte kein Problem darstellen, der VW ID.4 auf gleicher MEB-Plattform beherrscht es (in der Theorie) auch.

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Die Minuspunkte des Skoda Enyaq

Der automatisierte Tempomat: Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. So ist es an sich eine gute Sache, wenn sich der Tempomat automatisch an die Gegebenheiten wie Geschwindigkeitsvorgaben oder Kurven anpasst – und dabei natürlich stets den Sicherheitsabstand nach vorne einhält. Dass die Schildererkennung aber mitunter nicht gut funktioniert und Fehlinformationen gerne einmal zu unerwünschten Abbrems- oder Beschleunigungsmanövern führen, kennt man freilich nicht nur von Skoda.

Die Fehleranfälligkeit erschien aber besonders hoch – auch deshalb, weil offenbar in der Navigation hinterlegte Informationen zu Geschwindigkeitsbeschränkungen mitunter die von der Kamera entdeckten überschreiben. Das führt beispielsweise dazu, dass das Fahrzeug mitten in einer Baustelle plötzlich anfängt auf 130 zu beschleunigen, weil die Baustelle hier vor vielleicht einer Woche noch aufgehört hat. Statt Bequemlichkeit verursacht das System so immer wieder nicht ganz ungefährliche Situationen.

Die Optik: Viel Platz in einem E-SUV bieten und gleichzeitig richtig gut aussehen, das ist eine hohe Kunst. Die Modelle von Skoda sind nie hässlich, aber auch nie sonderlich auffällig und attraktiv – das ist auch beim Enyaq nicht anders. Vieles ist freilich Geschmacksache, aber der “Kühlergrill” erinnert beispielsweise an billige Plastik-Spielzeugautos, das Heck wirkt etwas pummelig. Und auch die grauen Sitze wollten uns nicht so richtig gefallen. Aber der Enyaq ist nun einmal ein Praktiker – und kein Schnösel.

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Fazit

Der Enyaq ist eine absolut gelungene Familienkutsche, die wie fast alle Skoda-Modelle mit Fug und Recht als Raumwunder bezeichnet werden kann. Durch die verbesserte Ladeleistung und die manuelle Batterievorkonditionierung sind auch lange Fahrten inzwischen sehr angenehm im vollelektrischen Skoda-SUV zu bewältigen. Dabei lässt sich das Fahrzeug sehr sparsam bewegen, weniger als 20 kWh Verbrauch auf der Autobahn und weniger als 15 kWh im Stadtverkehr sind keine Kunst. Das Infotainment ist soweit ordentlich, der Komfort ebenfalls. Zudem ist der Skoda Enyaq ein sehr sicheres Auto, was volle fünf Sterne im NCAP zeigen.

Ein Schnäppchen ist freilich auch der Enyaq nicht, mindestens 48.900 Euro sind fällig. Doch dafür gibt es direkt auch den 77 kWh großen Akku. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist somit ein sehr gutes. Wer wie in unseren Textwagen so ziemlich alles hineinpackt, was der Konfigurator hergibt, der landet bei mehr als 60.000 Euro – dank der Neuregelung bei der Versteuerung qualifiziert er sich dann aber immer noch für die 0,25-Prozent-Regel für Dienstwagen. Den leistungsstärken RS gibt es ab 61.050 Euro, das optisch für unseren Geschmack deutlich ansprechendere, aber weniger Kofferraum bietende Coupé kostet in allen Varianten etwas mehr als 2000 Euro mehr. Und wer es noch schicker haben möchte, kann zur L&K-Premiumausstattung greifen.

Wem der Enyaq noch zu groß ist, aber dennoch die Tugenden der VW-Marke in einem elektrischen Auto nutzen möchte, muss sich indes noch ein klein wenig gedulden. Das kompakte E-Crossover-Modell Skoda Epiq soll das nächste Elektroauto der Tschechen werden und voraussichtlich 2025 auf den Markt kommen – zu deutlich günstigeren Preisen ab etwa 25.000 Euro.

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Transparenz-Hinweis: Das Fahrzeug wurde uns von Skoda zwei Wochen lang kostenlos zur Verfügung gestellt. Dies hat keinen Einfluss auf unsere hier dargelegte Meinung.

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