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Porsche-Mania: Neun IMSA-Titel in einem Rennen für Weissach

Porsche schöpft aus den Vollen: Mit allen sechs Titeln in der GTP-Klasse durch die werksseitig eingesetzten Penske-963 und drei Meisterschaften in der GTD Pro durch den Dino-Porsche “Rexy” gehen in diesem Jahr neun IMSA-Titel nach Weissach. Während in der GTP alles glatt lief und nur der Tagessieg beim Petit Le Mans verpasst wurde, wurde es in der GTD Pro dramatisch.

Wie sich bereits aus den Bildern erahnen ließ, war eine Kabelverbindung am Porsche 911 GT3 R (992) #77 defekt. Einer der berühmten Pfennigartikel hätte AO Racing beinahe die Meisterschaft gekostet. Laurin Heinrich, Michael Christensen und Julien Andlauer konnten den reparierten Porsche mit fünf Runden Rückstand nur auf Platz elf ins Ziel schleppen und mussten tatenlos zusehen, wie das Rennen vor ihnen ausging.

Der Jubel brach aus, als der Iron-Lynx-Lamborghini #19 (Bortolotti/Pepper/Perera) und der Risi-Ferrari #62 (Serra/Rigon/Pier Guidi) vor dem Heart-of-Racing-Aston-Martin #23 (Gunn/Riberas/de Angelis) über die Ziellinie fuhren. Der dritte Platz reichte dem Aston Martin nicht mehr, um Laurin Heinrich noch abzufangen.

Heinrich rettete vier Punkte Vorsprung auf Ross Gunn in der Meisterschaft – 3.122 zu 3.118. Letztlich gaben die Punkte aus dem Qualifying den Ausschlag, denn mit der Poleposition machte er fünf Punkte auf Gunn gut, der vom dritten Startplatz ins Rennen ging. Damit fehlten dem Briten wahlweise 0,108 Sekunden im Qualifying oder 1,845 Sekunden im Rennen zum Titel.

“Ich habe die Box während des gesamten Rennens nicht verlassen”, sagte Heinrich, der mit 23 Jahren den größten Triumph seiner Karriere feierte. “Ich habe unser Rennen verfolgt, das [nach dem anfänglichen Problem] ziemlich ereignislos verlief, und dann habe ich genau verfolgt, wie es an der Spitze lief und wo die #23 war. Das war das Schlimmste für mich.”

Vor Freude den Lüfter abgerissen

Im Schlussstint saß er dann selbst am Steuer: “Ich habe ständig über Funk nachgefragt, wo die #23 ist. 15 Minuten vor Schluss hieß es, er liege eine halbe Sekunde hinter [Daniel] Serra und wenn er überholen würde, wären wir den Titel los. Ich dachte nur: ‘Das darf nicht wahr sein! Am Ende hat es gereicht.”

“Als ich über die Linie gefahren bin, bin ich völlig ausgerastet. Ich habe sogar den Lüfter im Cockpit abgerissen! Plötzlich hatte ich ihn in der Hand. Es war verrückt. Mein Renningenieur sprach mich in dem Moment an und sah es live im Fernsehen. Er sagte zu mir: ‘Junge, den wirst du bezahlen!'” Eine Rechnung, die Heinrich nur allzu gerne begleichen wird.

Teamchef Gunnar Jeanette ergänzt: “Dieses Rennen hat mich zehn Jahre meines Lebens gekostet! Wir hatten das ganze Jahr über eine unglaubliche Zuverlässigkeit. Und wenn es darauf ankommt, wirft uns so ein simpler Defekt um Runden zurück. Aber wir haben es so gemeistert, wie wir jedes Rennen in diesem Jahr gemeistert haben – Schadensminimierung und ein bisschen Glück”.

Die richtige Problemlösung war dabei ein Schlüssel: “Unsere Fahrer haben gekämpft wie die Löwen, während das Auto nur bei jedem dritten oder vierten Versuch hochschaltete. Die Mannschaft konnte das Problem schnell analysieren und lösen. Anschließend blieb es hoch spannend bis zum Schluss – und es hat gereicht. Ganz ehrlich: Wir haben heute den schönsten elften Platz meines Lebens eingefahren.”

Neben der Fahrerwertung für Heinrich holte “Rexy” auch den Titel in der Teamwertung für AO Racing und Porsche den Titel in der Herstellerwertung. Die Endurance-Titel musste man wegen des frühen Defekts abgeben.

Porsche-963-Projekt am Ziel aller Träume

Weit weniger dramatisch ging es in der GTP-Klasse zu. Hier war der Titel nur noch Formsache, die Herstellerwertung hatte Porsche bereits gewonnen, als die beiden 963 die Startlinie überquerten. Denn in der IMSA SportsCar Championship wird jedes Fahrzeug gewertet und erhält auch bei einem Ausfall Meisterschaftspunkte.

Dane Cameron und Felipe Nasr brauchten einen zehnten Platz, um den Titel in der Fahrer- und Teamwertung unter Dach und Fach zu bringen. Nach knapp vier Stunden war auch das geschafft, als mit dem RLL-BMW #25 (de Phillippi/Yelloly/Martin) der erste GTP-Bolide ausfiel.

Der Fokus richtete sich nun auf den Endurance-Cup. Und auch hier hatte die #7 nach vier und acht Stunden die Nase vorn und damit auch diese Titel in der Tasche. Lediglich der Rennsieg glitt Penske durch die Finger, als Nick Tandy in der #6 am Ende von Renger van der Zande mit dessen sensationeller Divebomb in Kurve 1 abgefangen wurde.

“Das bedeutet mir alles”, freut sich Nasr. “Als ich dem Programm beitrat, fragten sie mich: ‘Warum willst du bei diesem Programm mitmachen?‘ Ich sagte: ‘Ich will mit euch Geschichte schreiben. Schaut euch an, was ihr erreicht habt. Ich möchte mit euch die Geschichte fortschreiben.’ Und jetzt sind wir hier.”

“2022 war ein Entwicklungsjahr, 2023 eine schwierige Saison. Für 2024 haben wir alles umgekrempelt und endlich alles erreicht. Mit Porsche und Penske vertrete ich zwei große Namen im Motorsport. Für mich als Fahrer und als Mensch ist das ein einmaliger Moment, den ich in Ehren halten werde.”

Für den 32-Jährigen ist es der dritte Titel nach zwei Meisterschaften im Action-Express-Cadillac in den Jahren 2018 (mit Eric Curran) und 2021 (mit Luis Felipe “Pipo” Derani). Dane Cameron gewann 2014 die GTD-Klasse im Turner-BMW. Es folgten zwei Prototypen-Titel: 2016 im Corvette-DP von Action Express (mit Curran) und 2019 bereits für Penske, aber im Acura ARX-05 (mit Juan Pablo Montoya).

“Vor dem Start einer Saison gibt es immer große Ziele und wilde Träume – das ganz große Rennen in Daytona zu gewinnen, den Fahrertitel und die Hersteller- und Teammeisterschaft. Dazu noch die Krone im Endurance-Cup und als Team auf den ersten beiden Plätzen… Jetzt haben wir uns alle diese Träume erfüllt. Das ist absolut außergewöhnlich”, so der 35-Jährige.

“Keine Wünsche offen geblieben”

Mit Porsche gelang nun dem dritten Hersteller in Folge der “Clean Sweep” aller sechs IMSA-Titel – Fahrer-, Team- und Herstellertitel sowohl in der Gesamtwertung als auch im Endurance-Cup.

“Viel besser kann es kaum laufen: Wir haben in der Topklasse GTP alle Titel gewonnen. Es sind keine Wünsche offengeblieben”, jubelt Thomas Laudenbach, Leiter Porsche Motorsport. “Die Grundlage hierfür hat die beeindruckende Topleistung des gesamten Teams und unserer Mannschaften in Weissach, Mannheim und Mooresville gelegt – die großen Erfolge sind kein Zufall. Ich bin sehr stolz!”

Für Urs Kuratle, Leiter Werksmotorsport LMDh bei Porsche, fällt mit den Titeln eine große Last von den Schultern. Vor allem nach der schwierigen ersten Saisonhälfte 2023 gab es viel Kritik von außen, doch 2024 hat Penske die Gegner komplett von der Platte gefegt. Die unangenehmen Fragen müssen sich nun alle Gegner stellen.

porsche-mania: neun imsa-titel in einem rennen für weissach

Die große Sause begann gleich nach der Zieldurchfahrt

Foto: Motorsport Images

“Es ist der Hammer! Ich könnte kaum stolzer sein”, kommentiert der Schweizer. “Über das gesamte Jahr haben unsere Fahrer und alle Teammitglieder einen extrem guten Job gemacht. Nur deswegen stehen wir heute dort, wo wir nun sind. Eine mega Saison, die wir alle niemals vergessen werden.”

“Unser Team steht überall an der Spitze, besser geht es nicht”, kommentiert Jonathan Diuguid, Leitender Direktor Porsche Penske Motorsport. “Da schmerzt es fast ein wenig, dass wir den Sieg im finalen Rennen knapp verpasst haben. Wir waren über zehn Stunden sehr stark unterwegs und am Ende ging es wirklich knapp zu.”

“Aber das ist natürlich Klagen auf allerhöchstem Niveau, denn wir haben alle Titel in der Tasche. Jetzt wird gefeiert und dann freuen wir uns auf den Beginn der nächsten Saison.” Und der ist bereits im November mit dem ersten Test in Daytona – zwei Wochen nach dem Finale der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) in Bahrain, wo Porsche auf die Jagd nach den nächsten Titeln geht.

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