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Porsche 718 Cayman GT4 RS: Test, Preis, PS, Daten

Motor vom 911 GT3, klingt und saugt bestialisch, 7:09 Minuten auf der Nordschleife – ist der neue Porsche 718 Cayman GT4 RS wirklich so radikal und so schnell?

Der neue Porsche 718 Cayman GT4 RS stellt sich dem Sachsenring und der Konkurrenz. Vor allem der interne Vergleich zum aktuellen 911 GT3 dürfte interessant werden, schließlich nutzt der Cayman dessen Triebwerk. Doch dazu gleich mehr. Vorher noch ein paar Worte zum Timing. Denn eigentlich sollte der GT4 RS schon deutlich früher ungetarnt auf den Strecken unterwegs sein. Ende 2019 sahen wir erstmals Bilder von einem 718er Erlkönig mit auffälligen Lufteinlässen anstatt hinterer Dreiecksfenster, Haube mit NACAs und Leitwerk mit Schwanenhals. Und Fans an der Nordschleife erkannten auch akustisch ganz andere Klänge als beim normalen GT4. Die haben doch nicht etwa den GT3-Motor da reingepackt? porsche 718 cayman gt4 rs: test, preis, ps, daten

Querdynamisch fährt er in einer höheren Liga als seine Cayman- Brüder, hält aber Respektabstand zum 911 GT3.

Neuer GT3-Motor inklusive Getriebe im Cayman GT4

Es rumorte in den einschlägigen Foren, und die Fans wurden ungeduldig. Auch wir scharrten mit den Hufen und rechneten Anfang 2021 mit dem ersten Test. Doch nichts da, das mit dem GT3-Triebwerk war inzwischen durchgesickert, und genau deswegen kam es zur Verzögerung. Man musste warten, bis der neue GT3 und dessen Motor fertig entwickelt waren. Denn die Idee von Andreas Preuninger (Porsche-GT-Entwicklungschef) war die: Man packt den neuen GT3-Motor inklusive Getriebe in den Cayman GT4, etwas anpassen, Auto leichter machen, fertig ist der RS.


Das mit dem Anpassen war dann doch nicht so leicht. Schließlich musste der Elfer-Motor inklusive Siebengang-PDK-Getriebe aus Platzgründen um 180 gedreht und somit auch die Ölversorgung verändert und die Auspuffanlage neu gestaltet und verlängert werden. Und genau wegen des aufwendig konstruierten Geflechts inklusive zweier getrennter Partikelfilter leistet der Super-Cayman nur 500 anstatt 510 PS wie im GT3. Nichts da mit künstlicher Abgrenzung zur Elfer-Ikone. porsche 718 cayman gt4 rs: test, preis, ps, daten

Der bekannte Vierliter-Boxer wurde im Vergleich zum 911 GT3 verkehrt herum eingebaut. Mit dem teuren Weissach-Paket gibt es Titankäfig und Carbon.


Kommen wir zur Fleischbeschau. Was schon bei den Erlkönigbildern des RS auffiel, sind die sogenannten Prozesslufteinlässe hinter den Seitenscheiben. Die neuen Schnorchel sollen die Führung der Ansaugluft verbessern und das Ansauggeräusch verstärken. Natürlich wäre dieser Cayman kein echter RS, wenn er nicht auch ein paar Kilos verloren hätte.

Schlaufen statt Türgriffe sind Ehrensache

35 sollen es gegenüber einem aktuellen GT4 mit PDK sein. Erreicht per Gewichtsabnahme mit jeder Menge Carbon, klar. Zum Beispiel bei der Fronthaube und den vorderen Kotflügeln. Dazu kommen dünnere Teppiche und eine Reduzierung des Dämmmaterials. Heckscheibe und Scheinwerfer sind aus Leichtbauglas hergestellt, ohne Reinigungsanlage spart man ein paar weitere Gramm. Ach ja, Schlaufen statt Türgriffe sind Ehrensache. Mit den optionalen Magnesium-Rädern noch mal zehn, dem im Weissach-Paket enthaltenen Titankäfig sechs Kilogramm weniger. Packt man die 7913 Euro teure Keramikbremse rein, wird’s wieder schwerer. Hin und her, es waren circa 60 Kilogramm, die im Vergleich zum GT4 verschwanden. Bei uns auf der Waage sind es zum letzten getesteten GT4 vollgetankt ohne Fahrer nur elf Kilogramm.

  • 0-50 km/h : 1,4 s 
  • 0-80 km/h : 2,4 s 
  • 0-100 km/h : 3,2 s 
  • 0-130 km/h : 4,8 s 
  • 0-180 km/h : 8,4 s 
  • 0-200 km/h : 10,5 s 
  • 0-250 / 0-280 km/h : 18,5 / 28,5 s 
  • 0-402,34 m (Viertelmeile) : 11,14 s 
  • Elastizität 
  • 60-100 km/h im 4./5. Gang : 3,7 / 4,9 s 
  • 80-120 km/h im 5./6. Gang : 4,6 / 5,9 s 
  • 80-120 km/h im 7. Gang : 7,2 s 
  • Bremsweg 
  • 100-0 km/h kalt : 31,2 m (12,4 m/s²) 
  • 100-0 km/h warm : 29,0 m (13,3 m/s²) 
  • 200-0 km/h warm : 112,6 m (13,7 m/s²) 
  • Testverbrauch 
  • Ø auf 100 km : 12,3 l Super Plus 
  • Reichweite : 440 km 
  • Gewichte 
  • Leergewicht/Zuladung : 1424/347 kg 
  • Balance Vorderachse/Hinterachse : 40/60 % 
  • Leistungsgewicht : 2,8 kg/PS 
  • Höchstgeschwindigkeit (lt. Hersteller) : 315 km/h 


Außen konnte man schon vor zwei Jahren erkennen, wo die Reise hingeht. Vierfach einstellbarer Frontdiffusor mit umströmten Sideblades, dreifach verstellbarer Schwanenhals-Heckflügel, die vom GT3 RS bekannten Entlüftungen der vorderen Radhäuser, dazu ein fast vollständig geschlossener Unterboden mit anschließendem Heckdiffusor, macht in maximaler Performance-Einstellung 25 Prozent mehr Abtrieb als beim herkömmlichen GT4. Fahrwerk? Für Doppelquerlenker wie beim GT3 waren beim Cayman nicht genügend Platz und Zeit. Dafür stammt aber die komplette Vorderachse vom 911 GT3 RS (Generation 991.2). Dazu sind Kugelgelenke montiert, die das Fahrwerk besonders straff an die Karosserie anbinden. Das im Vergleich zum normalen Cayman 30 Millimeter tiefergelegte Fahrwerk ist einstellbar, hat eine RS-spezifische Dämpferabstimmung sowie modifizierte Feder- und Stabilisatorraten. porsche 718 cayman gt4 rs: test, preis, ps, daten

Das schlanke Alcantaralenkrad steht sinnbildlich fürs filigran-präzise Lenkgefühl.


Die Vorderachsspur ist um sechs, die Hinterachsspur um acht Millimeter breiter als beim 718 Cayman GT4. Gleichzeitig erhöht sich der Sturz an der Hinterachse um ein Viertel Grad. Es geht weiter: Das mechanische Sperrdifferenzial ist mit RS-spezifischen Sperrwerten (Zug 30 %/Schub 37 %) voreingestellt. Dirigiert wie gewohnt vom Porsche Torque Vectoring (PTV).

Cayman mit allem ausgerüstet was schnell macht

Räder, Reifen? 20 Zoll rundum, für 14.875 Euro gibt es Magnesium (–10 kg). Michelin Cup 2 oder Dunlop Sport Maxx Race sind mit N0-Kennung Serie. Optional kann man beim Porsche-Händler noch griffigere Michelin Cup 2 R bestellen. Dimensionen? Leider hat sich hier nichts getan im Vergleich zum GT4. Vorn 245, hinten 295, wenn das mal nicht Performance kostet. Eine Anzeige für die Reifentemperatur sucht man vergeblich, hoffen wir mal auf das Feature beim 992 GT3 RS, der Ende des Jahres kommt. S-GO 1349 ist mit allem ausgerüstet, was schnell macht. Weissach-Paket, Magnesium, Cup 2 R, macht zusammen knapp 180.000 Euro. Über 70.000 mehr als der GT4 und nur zehn Tausender weniger als der 911 GT3. Und ja, dafür kriegt man anderswo vier VW Golf GTI. Doch mal im Ernst, was will man bitte schön mit vier GTI? porsche 718 cayman gt4 rs: test, preis, ps, daten

Auf der Nordschleife ist der 718 Cayman GT4 RS minimal langsamer als der 911 GT3.


Na ja, hier im Supertest geht es zweitrangig um den Preis. Hier zählen die Fahrdynamik, das Können, quer- und längsdynamisch, auf und neben der Rennstrecke. Und schon sitzen wir drin in der schraubstockähnlichen Vollschale, die Sechspunktgurte sind eingerastet, links den Schlüssel drehen und dann… Da ist es wieder, das sechszylindrige Kreissägen, das Mahlen und Rasseln, das böse Bellen und Schnauben, so rau, wie wir es von einem RS erwarten.

Cayman erstaunlich zivilisiert

Los geht’s, die Supertest-Runde, Highspeed über A 9, A 72 und A 4, dann 30 Kilometer durch das sächsische Land Richtung DEKRA-Testoval Lausitzring. Die Tour zählt eigentlich nicht zum Hauptrepertoire des GT4 RS. Man könnte fast sagen, Landstraßen und Autobahnen seien nur der Weg, der ihn zu seiner wahren Bestimmung führt. Umso erstaunlicher jedoch, wie gut sich dieser Cayman in der Zivilisation gibt. Die Abstimmung beschert einen relativ ruhigen Geradeauslauf, die Vorderachse reagiert nicht so sensibel wie die des aktuellen GT3, obwohl der genauso maximal performant eingestellt war wie dieser Test-GT4 RS. Der Boxer scheint direkt mit dem rechten Fuß verwachsen, quittiert prompt jede noch so kleine Zuckung.

  • Motorbauart : B6 
  • Aufladung/Ladedruck : – 
  • Einbaulage : Mitte hinten längs 
  • Ventile/Nockenwellen : 4 pro Zylinder/4 
  • Hubraum : 3996 cm³ 
  • Bohrung x Hub : 102,0 x 81,5 mm 
  • Verdichtung : 13,3:1 
  • kW (PS) bei 1/min : 368 (500)/8400 
  • Literleistung : 125 PS/l 
  • Nm bei 1/min : 450/6750 
  • Getriebe : 7-Gang-Doppelkupplung 
  • Antriebsart : Hinterrad 
  • Bremsen vorn : 410 mm innenbelüftet/gesenkt 
  • Bremsen hinten : 390 mm innenbelüftet/gesenkt 
  • Bremsscheibenmaterial : Carbon-Keramik 
  • Radgröße vorn – hinten : 8,5 x 20″ – 11,5 x 20″ 
  • Reifengröße vorn – hinten : 245/35 R 20 – 295/30 R 20 
  • Reifentyp : Michelin Pilot Sport Cup 2 R (N0) 
  • Maße L/B/H : 4456/1994/1267 mm 
  • Radstand : 2482 mm 
  • Tank-/Kofferraumvolumen : 54 / 126l (vorn) – 136l (hinten) 
  • Normverbrauch • CO2 : 13,2 l/100 km • 299 g/km
  • Abgasnorm : Euro 6d-ISC-FCM 
  • Basispreis: 141.338 € 
  • Testwagenpreis: 179.941 € 


Die Hinterachse ruht in einem schier unerschütterlichen Traktionsfundament, sperrt selbst Vollgasattacken im ersten Gang ohne sichtbaren Schlupf auf den Asphalt, während sich der Boxer von unten heraus übers Drehzahlband gräbt, ab 4500 Touren die zweite Luft entsichert und immer weiter Richtung Begrenzer pulsiert. Spätestens ab 7500 Touren artet das zusammen mit den Ansauggeräuschen in ein ohrgasmisches Erlebnis der Superlative aus. Man möchte den Cayman nur noch in diesem Drehzahlband bewegen, es macht süchtig. Auf den kurvigen Landstraßen ein erster Eindruck zur Querdynamik. Unfassbar, oder sagen wir es so: Den meisten Piloten werden Talent und Mut längst ausgegangen sein, wenn dieser Cayman immer noch unangestrengt lächelt. Der Fahrer denkt Kurve, und der Cayman setzt es perfekt um, quasi synchron.

Cruisen im Automatik-Modus

Im Normal-Modus schlucken seine adaptiven Dämpfer Bodenwellen sauber weg, man gerät nie in eine Schüttelei. Die Schaltzeiten sind wunderbar kurz, in PDK Sport kickt es heftig, in Automatik kann man sogar von Cruisen reden. Gleiches gilt für die 20-Zöller, die höchst anständig abrollen. Interessant: Im Vergleich zu den normalen Cup 2 sind die R sogar komfortabler und weicher. porsche 718 cayman gt4 rs: test, preis, ps, daten

Bestellnummer “8AA”, Entfall Audio- und Kommunikationssystem. Brauchen Sie in diesem Auto ohnehin nicht, Motor zu laut.


Haben wir auf der Rückreise erfahren. Bliebe letztlich noch der Klang, der sich ebenfalls in zwei Stufen modulieren lässt. Nicht nur für Außenstehende, sondern auch nach innen, wobei das feinmechanische Sägen bei geschlossener Klappe in unseren Ohren sogar die reizvollere Melodie spielt. Ab in den Startblock, der Messcomputer will Zahlen. PDK auf Sport, ESC off, TC an, Bremse harttreten, Vollgas, die Drosselklappe  reißt auf, schnalzt die Drehzahl auf 6200 Touren und stößt sich dann ebenso rabiat wie feinfühlig vom Fleck. Der Viernuller fräst gefühlt noch bestialischer gen Begrenzer als im 911 GT3, brennt bis zur allerletzten Sprosse lichterloh und legt dabei so ziemlich alles in Schutt und Asche, was seine Cayman-Brüder bislang ins Messgerät rotierten. Auf hundert ist er 1,2 Sekunden schneller als der 420 PS starke GT4 PDK, nur eine Zehntel langsamer als der aktuelle GT3, genauso auf zweihundert. Dem GT4 ist er hier über drei Sekunden enteilt.

Bremsen des GT4 RS beeindrucken vollends

Wie schon angesprochen, eine Porsche-Paradedisziplin ist das Bremsen. Der neue GT3 ist mit 28,7 Metern aus 100 km/h die Nummer eins. Normalerweise brauchen die Cup 2 R und die Keramikscheiben etwas Temperatur zum Arbeiten. Beim GT4 RS sind Reifen und Stopper schnell warm und beeindrucken vollends. Mit perfektem Pedalgefühl und Druckpunkt legt sich der 718er geschmeidig in die Eisen, arbeitet exakt am Gripmaximum und beißt umso fester, je häufiger wir ihn treten. Ergebnis: 29,0 Meter für die Standard-Bremsung aus 100 km/h, 112,6 Meter aus 200!

  • Karosserie : 15 
  • Qualität : 10 
  • Sitze/Sitzposition : 25 
  • Ausstattung : 10 
  • Motoreigenschaften : 20 
  • Fahrleistungen : 50 
  • Getriebe/Schaltung : 20 
  • Sound : 10 
  • Fahrkomfort : 10 
  • Fahrsicherheit : 20 
  • Handling : 30 
  • Rundenzeiten : 50 
  • Lenkung : 20 
  • Bremsen : 30 
  • Unterhalt : 10 
  • Verbrauch : 20 
  • Preis : 50 
  • GESAMTWERTUNG : 400 


Kommen wir zu seinem Spielplatz, der Rennstrecke. In unserem Fall der Sachsenring, die bekannte ostdeutsche Achterbahn, Linkskurs, Omega, blinde Kuppe. Bisher war hier ein Cayman GT4 nicht schneller als 1:31,51 Min. Nicht so schlecht eigentlich. Der aktuelle GT3: 1:27,93 Min. Wenn man jetzt die offiziellen Nordschleifen-Zeiten (6:59 GT3; 7:09 GT4 RS, 20,8 km) auf den Sachsenring runterrechnet, dann müsste der Cayman hier knapp am Elfer dran sein.

Vorderachse mit zu wenig Biss

Das Porsche-Team mit Entwickler Jan Frank unterstützt die Testfahrt mit einem neuen Satz geheizter Michelin Cup 2 R. Kaum zu glauben, dass man in einem Cayman sitzt. Egal ob Bremse, Kurvenstabilität, Traktion oder Fahrgefühl – alles fühlt sich nach 911 GT3 an. Der Cayman begeistert mit seiner feinnervigen, hyperagilen, verspielten Art. Verzugfrei, haftstark und je nach Art des Lenkimpulses neutral bis sanft übersteuernd. So zumindest in den langsamen bis mittelschnellen Sektoren. Ab etwa 150 km/h, zum Beispiel in der schnellen Links nach der blinden Kuppe, verliert die Vorderachse den Biss, wird schwammig und schmiert hauchzart ins Untersteuern. Das kostet am Ende ein paar Zehntel und damit die 1:28er-Zeit, die rein theoretisch drin gewesen wäre. Woran liegt’s? Vielleicht an der zu schmalen 245er-Vorderachse oder am falsch eingestellten Stabi – oder doch zu wenig Abtrieb vorn? Fakt ist: Wir testen Autos so, wie sie uns der Hersteller hinstellt. Vielleicht ergibt sich im Laufe der nächsten Tests ein weiterer Anlauf mit GT4 RS und anderer Einstellung.

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