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Opel Corsa mit Elektroantrieb: Wie alltagstauglich ist der kleine Stromer?

Der Opel Corsa ist der meistverkaufte Kleinwagen Deutschlands. Diesen Erfolg hat er auch dem Umstand zu verdanken, dass er vollelektrisch zu haben ist – und das inzwischen sogar in zwei Leistungsstufen. Die stärkere verspricht über 400 Kilometer Reichweite. Kriegt das der Corsa Electric GS Long Range im Alltag hin? Wir haben es ausprobiert. Fahrbericht:

opel corsa mit elektroantrieb: wie alltagstauglich ist der kleine stromer?

Opel Corsa Electric: In “Grafik-Grau” ist er keineswegs eine graue Maus. Das kontrastierend schwarze Dach gehört beim GS-Modell zur Serienausstattung. Hersteller

Was er ist:

Ein kleiner, fünftüriger Kompakter von 4,06 Metern Länge, der vollelektrisch seiner Wege fährt. Der Corsa stellt für Opel einen wichtigen Volumenträger dar: 40 Prozent der Verkaufszahlen entfallen auf ihn, und in den letzten drei Jahren konnte er sich beharrlich als beliebtester Kleinwagen Deutschlands behaupten. Im Peugeot e-208 hat er einen französischen Plattform-Bruder.

Wie er aussieht:

Schönheit liegt im Auge des Betrachters, weiß eine Binse, auch Automobildesign ist Geschmackssache. Unsere Meinung zum Corsa-Look ist, dass ihn die Opel-Designer toll hinbekommen haben – sehr clean, sehr sachlich, aber nicht fad, mit geschickt platzierten modernen Details wie der schwarzen “Vizor”-Maske, die sich quer über die Front zieht, dem gleichfalls schwarzen Corsa-Schriftzug am Heck und den 16-Zoll-Leichtmetallrädern in hochglanzschwarzer Diamond-Cut-Optik. Chromschmuck fällt komplett weg. Besonders gut steht dem Corsa die Farbe “Grafik-Grau”, die allerdings 400 Euro Aufpreis kostet.

Wie er eingerichtet ist:

Der Corsa Electric bringt serienmäßig ein volldigitales Cockpit mit. Ein Element ist das kleine Fahrdisplay, das sich über einen Dreh am Lenkstockhebel mit verschiedenen – aber nicht allzu vielen – Inhalten beschicken lässt, das zweite der zehn Zoll große Touchscreen, der die Inhalte des schnell denkenden Infotainments visualisiert, das funktioniert per Touchen und Wischen wie beim Smartphone. Updates fliegen künftig “over the air”, also übers Internet, ins Auto.

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Die Smartphone-Einbindung über Apple CarPlay und Android Auto geht kabellos vonstatten, das Handy ruht währenddessen auf einer induktiven Ladefläche in der Mittelkonsole. Erfreut haben wir die Anwesenheit von Drehknöpfen für Temperatur und Lautstärke zur Kenntnis genommen und gern von ihnen Gebrauch gemacht. Was einst ein sperriger Automatik-Wählhebel war, ist jetzt eine kleine Mini-Wippe. Und der kleine Taster für die Lenkradheizung findet sich an der denkbar idealsten Stelle, direkt am Volant nämlich. Insgesamt wirkt das Arrangement aufgeräumt und ergonomisch sinnvoll gestaltet.

Mit einem Head-up-Display kann der Corsa nicht dienen, wohl aber mit einer Sprachsteuerung, die auf den Zuruf “Hey Opel” erwacht, allerdings von begrenzter Hellhörigkeit ist, den Satz “bitte versuchen Sie es später noch einmal” haben wir ziemlich oft aus dem Off gehört.

Und sonst? Ein bisschen viel Hartplastik gibt es an Bord, dem aber Flächen in Klavierlack-Optik die Dominanz nehmen, ebenso wie die Alcantara-Kunstleder-Ausstattung (800 Euro), zu der auch weiße Ziernähte und eine fahrerseitige Massagefunktion für die bequemen Sportsitze gehören.

Wie viel Platz er hat:

Die besten Plätze sind natürlich vorn, die Hinterbänkler hingegen spüren schon, dass sie in einem Kleinwagen sitzen. Auch die Raumökonomie des Kofferraums – 267 bis 1042 Liter – ist eine nicht allzu opulente, gerne hätten wir zudem unter dem Ladeboden ein Fach für die Ladekabel vorgefunden. Ebensowenig gibt es das als “Frunk” geläufige Zusatzfach unter der Fronthaube. Eine Anhängelast ist nicht ausgewiesen.

Was ihn antreibt:

Ein 115 kW/156 PS starker Elektromotor, den eine 51-kWh-Batterie mit Strom versorgt. Diese Eckdaten gelten für das von uns gefahrene “Long Range”-Modell.

Wer mit weniger Leistung – und geringerer Reichweite – zufrieden ist, bekommt den Corsa Electric auch mit 100 kW/136 PS und 50-kWh-Akku. Und wenn es überhaupt kein Elektroauto sein soll, sind – teils mildhybridisierte – Benzin-Varianten verfügbar.

Wie er sich fährt:

Das einzige, was man dem Corsa Electric ankreiden kann, ist das arg straffe Fahrwerk, vor allem auf schadhaften Straßen bleibt der Federungskomfort buchstäblich auf der Strecke. Ansonsten hat uns der rund 1,5 Tonnen leichtgewichtige Stromer viel Freude bereitet. Ruhig und leise fährt er sich, die Beschleunigung erfolgt elektroautotypisch flott, aber nicht übertrieben vehement, die sprichwörtliche Faust wird dem Fahrer respektive der Fahrerin nicht ins Kreuz knallen. Kurven werden ebenso zügig wie gelassen umrundet, die direkte Lenkung liefert ordentliche Rückmeldung. Die Höchstgeschwindigkeit ist auf 150 km/h begrenzt.

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Drei Fahrmodi lassen sich anwählen, sie bewirken jeweils eine spürbare Wesensveränderung. “Eco” dämpft die Fahrzeugsysteme und den Antrieb im Sinne der Effizienz deutlich auf Sparflamme herab, “Normal” ist, nun ja, normal halt – und “Sport” lässt das volle Leistungspotenzial von der Leine. Der Druck auf die “B”-Taste aktiviert die (einzige) Rekuperationsstufe.

Unter den zuverlässigen Fahrhelfern wollen wir den unaufdringlichen Spurhalteassistenten, die nahezu fehlerfreie Verkehrszeichenerkennung, den bequem zu handhabenden Abstandstempomaten und, vor allem, das wirklich hervorragende LED-Matrix-Licht hervorheben, das die Straße hell erleuchtet, ohne dabei den Gegenverkehr zu blenden.

Wie weit er kommt:

Das Datenblatt verspricht bis zu 405 Kilometer mit einer Akkufüllung. Ja, das lässt sich unserer Erfahrung nach machen. Aber nur in der Stadt, wo man langsam fährt und viel Gelegenheit zum Rekuperieren hat. Steht eine Autobahnfahrt auf der Agenda, wird selbst bei verhaltenen 120 km/h nach 250 bis 300 Kilometern ein Ladestopp erforderlich sein. Die Langstrecke zwischendurch klappt also, doch auch aufgrund der eher mäßigen Ladeleistung (siehe unten) sollte man Zeit einplanen.

Eine Wärmepumpe befindet sich übrigens serienmäßig an Bord.

Was er verbraucht:

Nach Norm 14,6 kWh auf 100 Kilometern. Wir haben inklusive der Ladeverluste einen Schnitt von 16,7 kWh ermittelt. Auch das ist aber ein guter Wert.

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Wie er lädt:

An der Wechselstrom-Wallbox oder Ladesäule einphasig und mit 7,4 kW, der dreiphasige 11-kW-Onboardcharger kostet nicht unerhebliche 1190 Euro Aufpreis. Gleichstrom aus der DC-Schnellladesäule bezieht der Corsa Electric mit eher durchschnittlichen 100 kW, in einer halben Stunde soll sich der Akku so von 20 auf 80 Prozent Füllstand bringen lassen. Das ist allerdings das Ideal-Szenario. Unser Testwagen hat nur mit maximal 66 kW geladen.

Leider gibt es keine Möglichkeit, das Laden auf akkuschonende 80 Prozent zu begrenzen.

An dieser Stelle sei auch die Laderoutenplanung abgehandelt: Wenn das ins Navi eingetippte Ziel nicht mit dem vorhandenen Akkufüllstand zu erreichen ist, gibt der Corsa Electric einen entsprechenden Hinweis und bietet eine Suchfunktion für Ladestationen entlang der Strecke an, die der Route als Zwischenstopp hinzugefügt werden können. Man kann auch davon Elektro-Tankstellen recherchieren und dabei verschiedene Filter (zum Beispiel in der Nähe, an einem bestimmten Ort oder in der Nähe des Ziels) anwenden. Die ermittelten Ladestationen werden dann inklusive des Betreiber-Namens und der Ladeleistung angezeigt.

Was er bietet:

Der Corsa Electric Long Range fährt immer in Verbindung mit der GS-Ausstattung vor. Sie beinhaltet unter anderem die Kontrastfarbe Schwarz fürs Dach, 16-Zoll-Leichtmetallräder, Sportsitze, Adaptivtempomat, Spurhalteassistent, Verkehrsschilderkennung, Multimediasystem mit 10-Zoll-Touchscreen, Klimaautomatik und Wärmepumpe.

Das lässt noch Raum, um sich aus der Aufpreisliste zu bedienen: Das Komfort-Paket (unter anderem Sitz- und Lenkradheizung) kostet 400 Euro, das Tech-Paket (beispielsweise Rückfahrkamera, Toter-Winkel-Warner, Einparkhilfe vorn und hinten) kommt auf 455 Euro, das Tech-Paket (Matrix-Licht, erweiterte Assistenzsysteme) schlägt mit 1050 Euro zu Buche und das Infotainmentpaket (unter anderem Navi, 180-Grad-Panorama-Rückfahrkamera, Keyless-Go, kabelloses Smartphone-Laden) mit 1300 Euro.

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Was er kostet:

Ab 38.045 Euro. Auch Leasing ist möglich, bei einer Laufzeit von 48 Monaten und einer Laufleistung von 10.000 km/Jahr beträgt die monatliche Rate 414 Euro.

Was wir meinen:

Mit dem Corsa Electric hat Opel einen sehr guten elektrischen Kleinwagen auf die Räder gestellt – mit alltagstauglicher Reichweite, antrittsstarkem Antrieb und erfreulichen Fahreigenschaften. Die PS-Leistung reicht ebenso aus wie die gewichtsparende Batteriekapazität. Auf die To-Do-List würden wir den Rüsselsheimern eine bessere DC-Ladeleistung setzen und die Ladebegrenzung auf 80 Prozent.

Die Long-Range-Variante ist jedoch alles andere als ein Schnäppchen – in Vollausstattung reißt sie locker die 41.000-Euro-Grenze. Das ist viel Geld – zumal interessante, wenn auch teilweise anders geartete Alternativen wie der Volvo EX30 (ab 37.990 Euro), der Mini Cooper SE (ab 36.900 Euro) oder der für 2025 erwartete Renault 5 E-Tech Electric (ab rund 25.000 Euro) auf den Markt drängen beziehungsweise schon erhältlich sind.

Ulla Ellmer

Datenblatt: Opel Corsa Electric GS Long Range

Antrieb: Vorderrad, permanenterregter Elektrosynchronmotor, Einstufenautomatik

Leistung: 115 kW/156 PS

Drehmoment: 260 Nm

Batterietyp: Lithium-Ionen

Batteriekapazität: 54 kWh brutto, 51 kWh netto

Ladeleistung: AC einphasig bis 7,4 kW, optional dreiphasig bis 11 kW. DC bis 100 kW.

Höchstgeschwindigkeit: 150 km/h (abgeregelt)

Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 8,1 sec

Reichweite WLTP: bis zu 405 km

Stromverbrauch WLTP: 14,6 – 14,3 kWh/100 km

Testverbrauch: 16,6 kWh/100 km

CO2-Emission: 0 g/km

Energie-Effizienzklasse: A+++

Länge: 4,06 m

Breite: 1,77 m ohne, 1,96 m mit Außenspiegeln

Höhe: 1,44 m

Sitzplätze: 5

Gepäckraum: 267 – 1042 l

Leergewicht: 1544 kg

Zuladung: 376 kg

Anhängelast: –

Stützlast: –

Dachlast: 70 kg

Reifengröße: 195/55 R16

Versicherungs-Typklassen: 16 (HP), 19 (TK), 20 (VK)

Garantie: Fahrzeug 2 Jahre, Batterie 8 Jahre oder 160.000 km

Preis: Ab 38.045 Euro

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