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Nissan Ariya e-4orce: Gespür für Schnee

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Dort fahren, wo andere nicht hinkommen: der Nissan Ariya. Foto: Markus Altmann

nissan ariya e-4orce: gespür für schnee

Sicher unterwegs in winterlicher finnischer Landschaft. Foto: Markus Altmann

nissan ariya e-4orce: gespür für schnee

Der Nissan Ariya überzeugt mit der Kraft der vier Räder. Foto: Markus Altmann

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Der Nissan Ariya bietet seinen Kundinnen und Kunden einen intelligenten Allradantrieb. Foto: Markus Altmann

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Laden unter erschwerten Bedingungen: der Nissan Ariya an einer Wallbox. Foto: Markus Altmann

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Eisige Landschaft in Finnland: das schneebedeckte Heck des Nissan Ariya. Foto: Markus Altmann

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Nissan hat vom Ariya seit Einführung im Herbst 2022 bis zum Januar 2024 1700 Einheiten des Ariya abgesetzt. Foto: Markus Altmann

Braucht es das wirklich: einen Allradantrieb – und dann noch in einem Elektroauto? Klar, wir waren mit einem Nissan Ariya in Finnland unterwegs und haben uns von den Vorteilen überzeugt.

Der Klimawandel verdrängt auch hierzulande ein Phänomen, das es immer dann zu beobachten gibt, wenn die Straßen ihre Farbe von Asphalt-Schwarz gen Schnee-Weiß wechseln: Die Einen krallen sich trotz Schleichfahrt immer fester ins Lenkrad, während Andere geminderter Bodenhaftung und gepflegtem Heckdrängen durchaus Freudvolles abgewinnen können. Und stets aufs Neue beginnt die Diskussion, ob denn bei winterlichem Untergrund die Räder klugerweise hinten treiben sollten, vielleicht doch besser vorne oder womöglich am besten gleich überall.

Die Antwort darauf hat Rallye-Legende Walter Röhrl schon vor langer Zeit gegeben, als er Autos mit nur zwei angetriebenen Rädern zur „Notlösung“ degradierte. Und auch wenn man mit Vortrieb an lediglich einer einzigen Achse den Grenzen der Physik technisch mittlerweile nahe kommt wie nie zuvor: Der fachmännische Befund gilt auch noch in Zeiten, da immer mehr Sensoren die Bogenfahrt überwachen – und die Elektronik eingreift, sobald etwas aus dem Lenkrad zu laufen droht.

Intelligenz aller vier Räder

Wohl dem also, der wie beim Nissan Ariya e-4orce nicht bloß auf zukunftsweisenden Elektroantrieb bauen darf, sondern auf Kraft und Intelligenz aller vier Räder. Und wahres Fahrglück winkt da, wo Freunde der gepflegten Hochachs-Drehung das winterliche Paradies wähnen, weil der Navi-Pfeil mitten im Blauen liegt. Ein spiegelglatter See zwischen Tampere und Jyväskylä wird für zwei Tage unser weitläufiges Testgelände. Bestes Geläuf für einen Eis-Tanz der besonderen Art.

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Aus Sicht eines Stromers ist ein finnischer Februar kein bisschen paradiesisch. Die Kälte setzt der 87-kWh-Batterie mächtig zu, Heizdrähte für Sitz und Scheiben ziehen zusätzlich Energie – und selbstverständlich läuft die meiste Zeit der Sport-Modus. Sehr viel schlimmer kann’s kaum kommen. Dass der Verbrauch um die 32-kW-Marke mäandert, muss man unter diesen Bedingungen deshalb nicht allzu tragisch nehmen. Allein schon deshalb, weil trotz Spikes nicht alles an Raddrehung auch Vortrieb bedeutet.

Mit seinen 306 PS aus zwei Motoren krallt sich der Ariya ins akribisch präparierte Eis. Was nicht schaden kann, weil gut 2,2 Tonnen durch gerne enger werdende Kurven zu bringen sind. Mit einem schweren Dilemma zwischen Bauch und Kopf: Der eigene Anspruch verlangt nach schneller Fahrt, die Vernunft gebietet Gefühl. Masse in Bewegung kann schließlich auch das intelligenteste System nicht gänzlich stoppen. Und jenseits der sauber gefrästen Bahn lauern Schneewälle, aus denen es selbst mit Allrad kein Entrinnen gibt.

Eingebremst durch den Snow-Modus

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Doch wozu Bedenken? Mit dem e-4orce-Konzept lässt sich erfahren, wie souverän man mit zwei getriebenen Achsen unterwegs sein kann. Vorbeugend eingebremst im „Snow“-Modus – oder eben in Stellung „Sport“, wo man sich die Physik zum Freund macht und erlebt, dass ein drängendes Heck nicht das Ende ist, sondern erst der Anfang. Mit jedem Meter mehr wird daraus ein Spiel mit dem Schwung des Lastwechsels. Eines, bei dem man mal Mut beweisen muss für den beherzten Stoß, der ja keiner des Gases mehr ist – und mal Geduld, bis endlich die Drehung um die Hochachse beginnt.

Die technische Kompetenz kommt nicht von ungefähr. Mit dem Leaf zählt Nissan zu den Pionieren der Elektromobilität in Deutschland, die Allianz mit Renault sorgt für weitere Expertise – der Scenic E-Tech Electric ist eben zum „Car of the Year 2024“ gekürt worden – und der Allradantrieb hat in Yokohama spätestens seit Patrol und Terrano eine Heimstatt. Kein Grund also, diese Tradition in Zeiten von Bordcomputern und Algorithmen nicht zu pflegen. Umso mehr, als wegen der Wende hin zum E-Auto die Zeiten traditioneller Triebstränge sich tendenziell dem Ende nähern.

Superschnelle Berechnung der Fahrdaten

Knapp 1.000 Mal in der Zeit eines Wimpernschlages berechnet der Ariya e-4orce aus allerlei Fahrdaten die sinnreiche Kraftverteilung zwischen den Achsen und per Bremseingriff zwischen den Rädern. Bis hin zur einseitigen Vollpackung. Intelligenter geht’s kaum – komfortabler ebenfalls nicht. Das Einzige, was man hinter dem Steuer spürt, ist das gelungene Ergebnis. Ein ausgewogenes Fahrwerk hält den Elektro-Nissan dabei ordentlich im Lot, die Lenkung indes dürfte durchaus weniger gedämpft vermelden, dass Volant und Vorderräder in enger Beziehung stehen.

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Zu kurz kommt bei all der Technik zwangsläufig der extreme Drift. Schließlich ist die Elektronik vorrangig auf Stabilisierung programmiert und nicht auf Spaß. Was im Regelfall auch gut ist. Freunde der Hochachs-Drehung kommen daher nicht umhin, im technischen Untermenü die Helferchen zeitweise zu beurlauben. Problem allzu großer Gier-Gier: Die Kraft von 600 Nm ist auf glattem Geläuf derart überfallartig präsent, dass man sich ein wenig nach dem deutlich behäbigeren Ansprechverhalten eines mechanischen Systems aus Lamellen oder Schneckenrädern sehnt. Aber in Sachen Sicherheit zählt nun mal Zeit – und für Rettung in letzter Zehntausendstelsekunde gibt man die dauerhafte Seitwärtsfahrt am Anschlag nur allzu gerne dran.

Als die Dämmerung hereinbricht, haben sich diverse Spikes für die Erkenntnis aufgerieben, dass mit ein bisschen Schwung vieles besser fährt. Und dass ein Ariya sich auch neben der Spur seinen Weg bahnt. Nicht so kompromisslos wie Patrol oder Pathfinder – aber so, dass einem viel Ungemach unter die bis zu 20 Zoll großen Räder kommen darf.

Man hat dabei ein bisschen vergessen können, dass da schon ein ordentliches Trumm zu bewegen ist: 4,59 Meter lang, ohne Spiegel 1,85 breit, 1,65 hoch. Kollateralnutzen dieser Abmessungen: Vorne thront man erhaben wie der Tenno. Umgeben von gestepptem Leder, feinem Zierrat – und bestens gefeit gegen Wind- und Fahrgeräusche. Auch in zweiter Reihe hat’s noch auskömmlich Raum und bequemen Zugang. Freunde der Fracht sind ebenfalls gut bedient: Das Gepäckabteil steckt 468 Liter weg, ohne Hintersassen lassen sich 1,35 Kubikmeter verladen.

Laden an Wallbox mit bis zu 22 kW

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Dass sich der Ariya e-4orce in 5,7 Sekunden auf Tempo 100 bringen lässt, ist im verschneiten Finnland von eher untergeordneter Bedeutung. Wichtiger schon, dass man behütet von diversen Assistenten dahingleitet. Abseits des Sees hält er Tempo und Spur, sieht Verkehrszeichen, späht in Querverkehr und tote Winkel und wirft im Notfall den Anker. Auf Wunsch – und gegen Aufpreis – parkt er obendrein ein oder übernimmt im Stau. Pfiffig: An der Wallbox kann der Ariya serienmäßig 22 kW ab, und per Schnelllader lassen sich 300 Kilometer Reichweite in gut einer halben Stunde ziehen – auch wenn der Stromfluss bei 130 kW endet.

Das alles hat selbstverständlich seinen Preis. Mindestens 57.490 Euro ruft Nissan für den Ariya e-4orce auf. Und nach oben ist ordentlich Luft. Und, wie kommt der Ariya bei den Kundinnen und Kunden an? Seit der Einführung im Herbst 2022 bis Ende Januar 2024 hat Nissan in Deutschland vom Ariya 1700 Exemplare abgesetzt – vom nicht unähnlichen X-Trail mit 4.800 immerhin knapp drei Mal so viele.

Das könnte daran liegen, dass Nissan dem Strom-aufwärts-Trend des Leaf nicht wirklich neuen Schwung verleihen wollte. Stattdessen setzten die Japaner lange Zeit auf ein hybrides Konzept „Unsere e-Power Technologie bietet die Vorteile eines Elektrofahrzeugs unabhängig von Lademöglichkeiten“, sagt Nissan-Deutschland-Chef Vincent Ricoux. Sie sei die optimale Technologie auf dem Weg zur vollständigen Elektromobilität.

X-Trail mit 158 PS

Bestes Beispiel ist eben jener X-Trail. Der fährt zwar technisch gesehen rein elektrisch, und ein klassisches Getriebe sucht man vergebens – allerdings findet sich unter der mächtigen Haube noch ein 1,5-Liter-Benziner mit 158 PS. Der Dreizylinder mit variabler Verdichtung arbeitet ähnlich einem Notstromaggregat mit meist konstanter Drehzahl und speist die Pufferbatterie unter den vorderen Sitzen. Nicht einmal unter hoher Last schließt sich eine Verbindung von der Kurbelwelle zu den Rädern. Anders ausgedrückt: Der X-Trail fährt mit Strom, lädt aber mit Sprit.

Für Vortrieb sorgen vorne ein 204 PS starker E-Motor und hinten einer mit 136 PS. Mit einer Systemleistung von 213 PS schafft der X-Trail e-power Tempo 100 aus dem Stand in sieben Sekunden. Sein Allradsystem ist nahezu identisch mit dem des Ariya. In Sachen Achsverschränkung allerdings ist er dem E-Auto überlegen, bei Gepäckfach und Anhängelast ebenso. Und ein gutes Stück billiger ist er mit 45.900 Euro obendrein.

Durchaus effizienter Verbrauch

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Halbwegs demütig bewegt, kommt sogar der Sparfuchs auf seine Kosten und den offiziellen 6,3 Litern (WLTP) einigermaßen nahe. Schon ein paar Kilometer Autobahn allerdings treiben selbst bei Richtgeschwindigkeit den Verbrauch deutlich nach oben. An längere Etappen mit Maximaltempo 180 mag man da gar nicht denken. Richtig wohl fühlt sich der X-Trail eben eher da, wo er auch kräftig rekuperieren kann.

Günstiger rollt es sich bei Ariya wie X-Trail selbstverständlich ohne Allrad. Aber Eis und Schnee sind dann eben auch maximal halb so schön. Und wer angesichts des Klimawandels glaubt, Winter seien Geschichte und Allradantriebe verzichtbar – Regen, Reif und nasses Laub werden uns noch eine Zeitlang erhalten bleiben. Ein guter Grund, keine Notlösung zu wählen.

Und die nahe Zukunft? Nissan will reine E-Autos im britischen Werk in Sunderland produzieren. „Neben den vollelektrischen Versionen der beiden Crossover-Modelle Juke und Qashqai wird dann auch die dritte Generation des Leaf hier produziert werden“, sagt Ricoux. Außerdem sei der Nachfolger des Kleinwagens Micra in Planung. „Bis 2030 wollen wir alle neuen Modelle, die wir in Europa einführen, zu 100 Prozent elektrisch betreiben.“

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