Stellantis neue „STLA Large“Plattform: Keine Sekunde zu früh.
Bislang war Stellantis mit seinen Marken äußerst gehandicapped. Die kleinen Elektroplattformen STLA Small / Medium waren eigentlich nur für Fahrzeuge bis 60 kWh-Batteriepacks geeignet. Das bekamen vor allem so wichtige Fahrzeuge wie der Opel Astra oder der PEUGEOT 308 zu spüren. Bei 54 kWh war Schluss. Der ewige Wettbewerber VW war da mit der MEB-Architektur von Anfang an besser aufgestellt. Da ging für die ID.3 Fahrzeuge die Kapazität immerhin bis 82 kWh. Was zur Folge hatte, dass man sich bei den Stellantis-Marken schwer tat, wichtige und auch größere Fahrzeuge vollelektrisch anzubieten.
Alfa Romeo, Chrysler und Maserati
Die Premiummarken des Unternehmens warten seitdem auf eine totale Elektrifizierung. Zwar konnte man hier und da PHEVs anbieten, aber reine Elektroautos suchte man vergebens. Mit der vorgestellten „STLA Large“-Plattform dürfte der Druck aus dem Kessel genommen werden.
Auf „STLA Large“ basierende Fahrzeuge bilden den Kern der Kundennachfrage in „erstklassigen“ globalen Märkten ab und werden zunächst in Nordamerika bei den Marken Dodge und Jeep® eingesetzt. Es werden dann im nächsten Schritt andere Marken wie Alfa Romeo, Chrysler und Maserati folgen. Von 2024 bis 2026 werden acht Fahrzeuge auf den Markt kommen.
Der Grundstock für die weitere elektrische Transformation
„STLA Large“ ist als auf BEV ausgelegte Plattform mit der Option auf 400-Volt- und 800-Volt-Elektroarchitekturen konzipiert und entwickelt. Die drei-in-eins Elektroantriebsmodule (EDMs), die den Motor, den Wechselrichter und das Untersetzungsgetriebe enthalten, können unterschiedlich konfiguriert werden: mit Vorderradantrieb, Hinterradantrieb und Allradantrieb. Der Wechselrichter verwendet Siliziumkarbid-Halbleitertechnologie, um Leistungsverluste zu minimieren. Die Leistung des Antriebssystems kann während der Lebensdauer des Fahrzeugs über Over-the-Air- Softwareupdates verbessert werden.
Batterien bis 118 kWh
Da es wichtig ist, die geeignete Balance zwischen Reichweite und Kosten zu finden, umfasst die Plattform zunächst Batterie-Optionen mit Energieleistungen zwischen 85 und 118 Kilowattstunden (kWh). „STLA Large“ zielt auf eine Gesamtreichweite von 800 km für Limousinen ab. Die Plattform wurde entwickelt, um auch zukünftige Energiespeichertechnologien problemlos zu integrieren, wenn die entsprechenden Technologien produktionsbereit sein werden.
Beschleunigungen im 2-Sekunden-Bereich
Die erste Generation von Antriebskomponenten birgt das Potenzial, eine Beschleunigung von 0-100 km/h im 2-Sekunden-Bereich zu liefern. Der 800-Volt-Akku soll Aufladen mit bis zu 4,5 kWh pro Minute ermöglichen.
Die wichtigen Kennzahlen von „STLA Large“:
- Gesamtlängenbereich: 187,6-201,8 Zoll (4.764-5.126 mm)
- Gesamtbreitenbereich: 74,7-79,9 Zoll (1.897-2.030 mm)
- Radstandbereich: 2.870-3.075 mm (113,0-121,1 Zoll)
- Bodenfreiheit: 5,5-11,3 Zoll (140-288 mm)
- Maximaler Reifendurchmesser: 32,6 Zoll (858 mm)
Die vier globalen BEV-Plattformen von Stellantis – Small, Medium, Large und Frame – sind durch die Austauschbarkeit von Batteriezellchemie, EDMs, Wechselrichtern und Softwaresteuerung für längere Lebenszyklen konzipiert und konstruiert. Die „STLA Large“-Plattform unterstützt die Elektro- und Software-definierten Fahrzeugtechnologien der nächsten Generation von Stellantis – STLA Brain, STLA SmartCockpit und STLA AutoDrive.
Jeep Wagoneer S
Stellantis investiert in den nächsten zehn Jahren mehr als 50 Milliarden Euro in die Elektrifizierung, um bis 2030 einen 100- prozentigen BEV-Verkaufsmix in Europa bei Pkw und einen 50- prozentigen bei Pkw- und Nutzfahrzeugen in den Vereinigten Staaten zu erreichen. Dafür sichert sich das Unternehmen rund 400 GWh Batteriekapazität, einschließlich der Unterstützung von sechs Batteriefertigungswerken in Nordamerika und Europa. Stellantis plant, bis 2024 48 BEV auf dem Markt zu haben. Damit ist das Unternehmen auf dem besten Weg, bis 2038 ein CO2-Netto-Null- Unternehmen zu werden, einschließlich aller Scopes. Die verbleibenden Emissionen im einstelligen Prozentbereich sollen kompensiert werden.
e-engine meint: Soweit die Informationen aus dem Hause Stellantis. Dem aufmerksamen Beobachter wird auffallen, dass die Architektur anders als die MEB-Plattform auch auf Hybrideinsatz ausgelegt ist. Laut Stellantis böte diese Flexibilität eine Brücke für Kundinnen und Kunden auf der ganzen Welt beim Übergang zum elektrischen Antrieb und der Entwicklung eines robusten und weit verbreiteten Ladenetzwerks. Die Designflexibilität umfasst Quer- und Längs- Motorbefestigungskonfigurationen, die Front-, Heck- und Allrad- Antriebsstränge unterstützen. Ob das tatsächlich zielführend sein wird, muss sich erst noch erweisen, zumal durch die Hybrid-Technologie immer noch Kompromisse eingegangen werden müssen.
Stellantis und Ample
Vor nicht einmal 2 Monaten hatten die beiden Unternehmen eine Kooperation bei Wechselakkus angekündigt. Wie sich die „STLA Large“-Architektur hier einfügen wird, bliebt abzuwarten. Stellantis scheint der Technologie zumindest hier noch wenig Relevanz beizumessen.
VW, Mercedes-Benz aber auch viele chinesische OEMs haben bereits den anderen Weg eingeschlagen und sich auf reine Elektro-Plattformen konzentriert. Freilich muss Stellantis mit seinen Marken noch auf Jahre hinaus auch die Verbrennernachfrage in einzelnen Märkten stillen. Da ergibt die Strategie zumindest Sinn. Vor allem bei Alfa Romeo, Maserati oder auch Jeep sind Verbrenner einfach noch nicht wegzudenken, auch wenn die Leistungsfähigkeit der Elektroantriebe hier gegenüber hochgezüchteten Verbrennern durchaus Massstäbe setzt. In dem Zusammenhang darf man gespannt sein, was im Hause Alfa Romeo passieren wird. Man hat in letzter Zeit den Eindruck gewonnen, als würde man diese Marke der Entropie überlassen.
Stellantis | “STLA Large”-Plattform
Fotos: Stellantis (Youtube Stills), Jeep, Rivian