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Mercedes-Benz 200 D Universal (1965): Kombi vor T

Gefertigt werden die Fahrzeuge bei IMA in Belgien auf Basis angelieferter Fahrgestelle mit Teilkarosserie

mercedes-benz 200 d universal (1965): kombi vor t

Ein Kombi von Mercedes-Benz schon in den 1960er-Jahren? Das T-Modell der Baureihe 123 kommt doch erst 1978 auf den Markt! Umso mehr erstaunt der 200 D Universal viele Besucher des Mercedes-Museums. Seine Historie ist spannend. Denn die Kombi-Geschichte mit Stern beginnt schon lange vor 1978.

Die Kombivariante auf Basis der “Heckflossen”-Baureihe 110 präsentiert die damalige Daimler-Benz AG im Januar 1965 auf der Brüsseler Automobilausstellung zunächst als 190 D. Der Premierenort ist kein Zufall: Gefertigt werden die Fahrzeuge bei IMA in Belgien auf Basis angelieferter Fahrgestelle mit Teilkarosserie. Der Entwurf stammt aus dem Unternehmen selbst, der Vertrieb erfolgt über das Händlernetz. 

Bildergalerie: Mercedes-Benz Universal (W 110, 1965)

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Mercedes-Benz Classic

Der wuchtige Kombi hat ein Laderaumvolumen von 2,71 Kubikmeter hinter den Vordersitzen und kann eine Last von 710 Kilogramm transportieren. Daher erhält die großzügige Karosserievariante gegenüber der Limousine größere 15-Zoll-Räder und verstärkte Federn.

Der doppelte Universal

Die treffende Modellbezeichnung lautet “Universal”. Trabant-Fans dürften jetzt aufhorchen. Denn fast zeitgleich bekommt der Kombi des 601 in Zwickau diesen Zusatznamen.

Doch zurück zum Mercedes Universal: Der Blick auf diesen besonderen Kombi zeigt eine recht gelungene Formgebung. So sind beispielsweise die charakteristischen Heckkotflügel mit den “Peilstegen” perfekt in die Karosserie eingepasst – diese bringen der Baureihe den Beinamen “Heckflosse” ein. Naturgemäß folgt die Gestaltung der gesamten Heckpartie inklusive großer Heckklappe und niedriger Ladekante der Aufgabe als Ladekünstler, doch sie bleibt elegant und stimmig.

Mercedes-Benz Universal (W 110, 1965)

Die Pressemappe der 1960er-Jahre beschreibt den Aufwand von Stilistik und Karosseriebau: “Wenn schon die äußere Linienführung hervorhebt, dass es sich um ein Fahrzeug mit besonderer Note handelt und nicht um einen Wagen, dessen Heck lediglich verändert oder verlängert wurde, so beweist auch eine Prüfung des einheitlichen Aufbaugerippes, dass hier eine Konstruktion in einer untrennbaren Ganzheit geschaffen wurde.”

Pano-was?

Der Blick ins Heckabteil offenbart auch dort eine konsequente Gestaltung für Praktikabilität und Funktion bei hoher Ästhetik. Mittelbraunes Kunstleder verleiht dem Interieur ein wohnliches Ambiente. Der Boden wirkt wie edles Mahagoniholz. Tatsächlich handelt es sich um “Panolux”, wie die Pressemappe beschreibt: eine Zusammensetzung von Holzfasern und Bakelitharz. “Es garantiert höchsten Schutz gegen Kratzspuren, Flecken, Abnutzung usw., ganz abgesehen von der luxuriösen Note, die der Wagen dadurch erhält.”

Und weiter: “Die Verwendung des Holzbodens aus einem so wertvollen Material wie ‘Panolux’ ist kostspieliger als lackiertes Blech, bietet jedoch außer dem luxuriösen Aussehen den Vorteil einer guten Geräuschdämpfung.” Aufgeschraubte Chromleisten mit Gummiprofilen verhindern ein Verrutschen des Ladeguts. Die Rückbank ist umklappbar, sodass sich eine rund 1,90 Meter lange Ladefläche ergibt.

Dem 190 D Universal folgen ab 1967 vier Varianten der “Kombinationslimousine” auf Basis der Typen 200 D, 200, 230 und 230 S. Die ersten beiden haben Vierzylindermotoren, die anderen beiden Sechszylinderaggregate.

Luxus-Kombi mit Sechszylinder

Dabei kommt dem 230 S Universal eine Sonderrolle zu: Er ist der Oberklassebaureihe 111 zugeordnet und mit längerem Vorbau, der typischen Front der entsprechenden Limousinen mit senkrecht stehenden rechteckigen Scheinwerfern und üppiger Chromzier ein besonders repräsentativer Vorfahre späterer Lifestyle-Kombis.

Im Mercedes-Museum steht ein 200 D Universal. Er hat einen Vierzylindermotor mit 1.988 Kubikzentimetern Hubraum und einer Leistung von 40 kW (55 PS). Das ausgestellte Fahrzeug wird nach Frankreich in die Nähe von Bordeaux ausgeliefert und dort im Juli 1968 zugelassen. Somit ist es nach der Modellpflege gebaut und hat die neu entwickelte hydropneumatische Ausgleichsfeder für ein Plus an Sicherheit und Komfort. Ihre Wirkung passt sich automatisch dem Lastgewicht an.

Aber der Mercedes Universal ist eine seltene Schönheit. Denn von 1965 bis 1968 entstehen gerade einmal 2.754 Stück, 1968 muss IMA Konkurs anmelden. Noch fremdeln Mercedes-Kunden mit dem Kombi-Image, für Nutzaufgaben greift man lieber gleich zum 319er-Kleintransporter. Zudem ist der Universal durch die aufwendige Fertigung recht teuer.

Insgesamt verlassen in der sechseinhalbjährigen Produktionszeit der Baureihe 110 das Werk Sindelfingen 622.453 Limousinen und 5.859 Fahrgestelle mit Teilkarosserie. Den Kombi-Gedanken legt man bei Mercedes erstmal ad acta, obwohl eine entsprechende Version des “Strich-Acht” fast serienreif ist. Ihre Heckgestaltung erbt das 1977 vorgestellte und ab 1978 produzierte T-Modell der Baureihe 123. Es wird bis 1985 fast 200.000-mal gebaut.

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