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Mazda RX-8 (2011) im Fahrbericht: Der letzte echte Wankel-Wagen

Das Facelift blieb auf unseren Straßen ein seltener Gast

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Historiker streiten sich darüber: Wiederholt sich Geschichte? Nun, exakt 1:1 natürlich nicht. Aber Geschichte stellt oft Weichen. So auch bei Mazda. 1961 hatte man damit begonnen, am Wankelmotor zu forschen, zunächst als Lizenznehmer von NSU. Im Laufe der Jahrzehnte wurden die Japaner zu DER Wankelmarke schlechthin.

2012 aber endete die Produktion des bis dato letzten Autos mit Kreiskolbenmotor alias RX-8. Viele dachten, nun würde diese Technik aufs Abstellgleis rollen. Überwuchert und vergessen als kuriose Anekdote. Doch es gibt tatsächlich ein Comeback: Im neuen Mazda MX-30 R-EV arbeitet ein kleiner Wankelmotor, um die Elektro-Reichweite zu verlängern.

Ein Fall für Fans. Wie schon ein Jahrzehnt vorher der RX-8. Eines der letzten Modelle für den europäischen Markt konnten wir kürzlich im Rahmen des German Car of the Year (GCOTY) bewegen.    

Als viersitziger, viertüriger Front/Mittelmotor-Sportwagen mit Kreiskolbenmotor hielt sich der im April 2003 in Deutschland gestartete Mazda RX-8 an keine Konventionen. Besonderes Merkmal waren die gegenläufig öffnenden Türen, bei denen sogar auf eine B-Säule verzichtet werden konnte.

Die etwa 54 Zentimeter breiten hinteren Schmetterlingstüren aus leichtgewichtigem Aluminium schwingen im Winkel von bis zu 80 Grad auf. Die Vordertüren des RX-8 lassen sich im Winkel von bis zu 67 Grad öffnen. Sicherheit hat Vorrang, deshalb lassen sich die Fondtüren nur öffnen, wenn die vorderen bereits offen sind.

Den Kunden gefiel das Konzept des RX-8 anfangs sehr: Im Oktober 2004 rollte der 100.000ste RX-8 vom Band. Dafür sorgte auch sein verhältnismäßig günstiger Preis von 26.900 Euro für die Basisversion mit 192 PS. Beliebter war jedoch das stärkere Modell mit 231 PS.

Die Plattform des RX-7-Nachfolgers stammte vom Mazda MX-5 der dritten Generation (NC). Oder besser gesagt: Der 2005 vorgestellte NC basierte auf dem RX-8. Der Wankelmotor im RX-8 trug den Kunstnamen Renesis (zusammengesetzt aus Rotary Engine und Genesis). Das Besondere an dieser Weiterentwicklung des Mazda 13B-Motors sind der Seiteneinlass und -auslass.

Bis dahin wurden die Auslasskanäle durch das Trochoidgehäuse geführt. Dabei gelangte ein nicht unwesentlicher Teil unverbrannten Gemischs nach außen. Durch den Seitenauslass wurde die unerwünschte Überlappung der Öffnung von Aus- und Einlasskanälen vermieden und so der Austritt unverbrannter Kohlenwasserstoffe unterdrückt.

Stattdessen werden die Restgase in den nächsten Verbrennungszyklus überführt. Eine Abgasrückführung wie die meisten Hubkolbenmotoren benötigte der Renesis-Motor daher nicht. Laut Hersteller besitzt der RX-8 ein Hubraumäquivalent (Vergleichswert zum Hubkolbenmotor) von 2,6 Litern.

Die Einlasskanäle (zwei beim 192-PS-, drei beim 231-PS-Motor) waren im Vergleich zum Vorgänger um 30 Prozent größer ausgelegt und wurden deutlich früher geöffnet. Im Gegenzug wurden die fast doppelt so großen Auslasskanäle (zwei statt zuvor nur einer pro Rotor) verzögert freigegeben und geschlossen.

Das Ergebnis war ein verlängerter Auslasstakt und ein höherer thermischer Wirkungsgrad, also mehr Leistung bei erheblich geringerem Benzinverbrauch (30 Prozent weniger im Leerlauf, 20 Prozent weniger im Betrieb) und Ölverbrauch (0,3 Liter/1000 km). 2004 stellte Mazda eine Wasserstoff-Variante des RX-8 für Versuchszwecke vor, 2008 begann ein Feldversuch in Norwegen.

Bildergalerie: Einzigartiges Mazda RX-8 Cabriolet wird in Japan ausgestellt

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Seit der Modellpflege im Herbst 2009 wurde der RX-8 in Deutschland nur noch mit dem 231-PS-Motor angeboten. Mit der verbindlichen Einführung der Euro-5-Abgasnorm stellte Mazda den Import nach Europa Anfang 2011 dann komplett ein.

Aber man sorgte noch einmal für mehr Feinschliff: Das wassergekühlte Triebwerk mit einer maximalen Leistung von 170 KW/231 PS bei 8.200 U/min erhielt zur bedarfsgerechteren Ölversorgung anstelle mechanischer Ölpumpen ein System mit elektromagnetisch angetriebenen Pumpen sowie eine optimierte Ölwanne.

Dank verbesserter Schmierung drehte der Wankel noch befreiter hoch – bis maximal 9.000 Touren. Nebenbei wanderte der Peilstab von der Motorenseite nach oben zur Motorblockabdeckung, was den Zugriff wesentlich erleichterte und eine Überprüfung des Ölstands vereinfachte.

Zum ersten Mal setzte Mazda einen zusätzlichen Klopfsensor zur Verbrennungskontrolle ein. Dadurch wurde die Klopfneigung effektiver unterdrückt und durch eine optimale Anpassung des Zündkennfeldes die Effizienz verbessert. Die turbinenartig freigesetzte Motorkraft gelangte über ein neues Sechsgang-Getriebe an die um jetzt 30 Prozent verwindungssteifere Kardanwelle.

Ursprünglich für die dritte Generation des Mazda MX-5 entwickelt, wurde das Getriebe
zur Kombination mit dem Renesis-Kreiskolbenmotor überarbeitet und insgesamt in allen sechs Gängen deutlich kürzer übersetzt als bisher. In der Praxis machen sich die Modifikationen durch verbesserte Beschleunigungs- und Durchzugswerte sowie geschmeidigere Schaltvorgänge über alle sechs Vorwärtsgänge bemerkbar. Die Beschleunigung aus dem Stand auf 100 km/h absolviert das viersitzige Coupé in 6,4 Sekunden, während die Höchstgeschwindigkeit bei 234 km/h liegt.

Überarbeitete vordere Kotflügel und neu geformte seitliche Blinker-Einfassungen suggerieren mit den serienmäßigen Sportseitenschweller-Verkleidungen zusätzliche Kraft. Das Heck wird von neuen Rückleuchten in LED-Technik, zwei größeren Abgasendrohren und einem neu mo-dellierten Spoiler dominiert. Auch der nun vollständig in Wagenfarbe lackierte Heckstoßfänger gibt dem Mazda RX-8 einen sportlicheren Auftritt.

Als Außenfarben standen serienmäßig die Metallic-Farben “Tornadorot”, “Nereusblau”, “Anubisschwarz”, “Plutossilber” und “Arachneweiß” zur Wahl. Passend dazu geschmiedete und anthrazitgrau lackierte 19-Zoll-Leichmetallfelgen mit 225/40 R19-Bereifung von Bridgestone (Potenza RE050A).

Insgesamt hinterlässt der Innenraum dank verbesserter Verarbeitungs- und Materialqualität einen guten Eindruck. Neu gestaltet hatten die Designer etwa die Mittelkonsole des RX-8 mit unterschiedlichen Bedienelementen in Klavierlack-Optik. Im Blickfeld des Fahrers dominiert weiterhin der Drehzahlmesser.

Neu war dort der variable rote Drehzahlbereich, der abhängig von der Motortemperatur nach einem Kaltstart das empfohlene Umdrehungsmaximum anzeigt. Besondere Aufmerksamkeit ließen die Innenraumdesigner dem vorderen Gestühl zukommen. Neue Recaro-Sportsitze mit einem schwarzen Stoff-Leder-Bezug und roten Nähten bieten dank verbesserter Ergonomie einen starken Seitenhalt im Schulter- und Beinbereich.

Unser Auto ist offenkundig in “Nereusblau” lackiert. Dank des Türkonzepts kann man bequem einsteigen, zumindest vorne. Dort fallen der sehr kurze Schalthebel und die Zahl 9 auf dem Drehzahlmesser auf. Dann mal los! Denn das Fahrerlebnis im RX-8 ist einmalig. Sein Klang sowieso …

Bei Teillast gibt sich der Wankel laufruhig, aber etwas langweilig. Spätestens als der Blick über den Drehzahlmesser streift, wird klar: Der Spaß fängt obenrum an. Roter Bereich ab 8.500 U/min. Zack! Zwei Gänge runterschalten. Mit dem kurzen Knüppel ein Fest. Und dann: Feuer frei! Mit einer akustischen Mischung aus Turbine, Mixer und Staubsauger saugt der RX-8 die Straße auf. Welch ein Erlebnis!

Was der Autor dieser Zeilen vor über einem Jahrzehnt in eben einem solchen Facelift-RX-8 hatte. Überschrift: “Der singende Samurai”. Unvergessen blieben die Ölkanne im Kofferraum, da der Wankel konzeptbedingt alle 1.000 Kilometer einen schönen Schluck 5W-30 haben will. Und der Benzinverbrauch: Unter 12 Liter lief nix. Zitate gefällig?

Das serienmäßige Bilstein-Sportfahrwerk gibt sich straff, in Verbindung mit der präzisen Lenkung kann der RX-8 exakt durch Landstraßenkurven gezirkelt werden. […] Der Wankel will mit ordentlich Drehzahl gefüttert werden, erst bei 5.500 Umdrehungen liegt das eher mittelmäßige Drehmoment von 211 Newtonmeter an. Alle, die sich an technischen Leckerbissen erfreuen, bekommen mit dem schicken Japaner einen Alltags-Sportler inklusive vorzüglicher Fahrdynamik und fast kompletter Ausstattung.

Und heute? Wer in Deutschland einen Facelift-RX-8 als Youngtimer sucht, braucht Geduld. Nur auf Bestellung gab es das Modell zum Schluß. Kein Wunder, hat Mazda doch in Deutschland zwischen Januar und Oktober 2009 gerade einmal 147 Fahrzeuge dieses Typs absetzen können. Lediglich fünf Exemplare finden sich auf einer einschlägigen Gebrauchtwagenbörse, Preise ab 15.000 Euro aufwärts. Fazit: Jetzt einsteigen könnte sich lohnen!

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