Raus aus der Produktion ... und rein in unsere Herzen.
Wir müssen uns von Jaguar verabschieden, wie wir es jetzt kennen. Der britische Autokonzern erfindet sich für die Zukunft komplett neu. Bildlich gesprochen wird das bisherige, eher klassische Anwesen abgerissen, um einer hypermodernen Luxusvilla Platz zu machen.
Das bedeutet aber auch, dass praktisch die gesamte bisherige Modellpalette sukzessive eingestellt wird, um hochpreisigen Modellen im sechsstelligen Segment Platz zu machen. Den Anfang macht der Jaguar F-Type. Unser US-Kollege hat sich eine finale Testfahrt im offenen Jaguar F-Type P450 R-Dynamic (2024) gegönnt. Preis des Testwagens: Knapp über 92.000 Dollar, umgerechnet rund 84.200 Euro. In diesem Bereich liegen hierzulande die verbliebenden Lagerfahrzeuge des P450 Roadster R-Dynamic.
Der Jaguar F-Type ist tot. Nach 11 Produktionsjahren wird der britische Zweisitzer in den Ruhestand geschickt, da Jaguar seine Produktpalette mit einem reinen Elektroauto-Konzept neu belebt. Diese Entscheidung bedeutet das Ende eines der größten Sportwagen des Vereinigten Königreichs aller Zeiten. Wir sind traurig darüber.
Um den F-Type gebührend zu verabschieden, hielten wir es für angemessen, den Wagen ein letztes Mal zu fahren. Nach einem Wochenende mit Landstraßen, langen Autobahnfahrten und Besorgungen in der Stadt ist für uns klar, dass die Welt einen der letzten echten Allrounder der 2010er-Jahre verliert.
Bildergalerie: Jaguar F-Type P450 R-Dynamic (2024) im US-Fahrbericht
Brian Silvestro / Motor1
Es ist schwer, nicht stehenzubleiben und zu starren. Selbst 10 Jahre nach seiner Einführung verblüfft der F-Type durch seine Schönheit. Egal, ob es sich um das ursprüngliche Auto oder das 2019 eingeführte Facelift handelt, es ist schwer, einen Winkel zu finden, der nicht angenehm für das Auge ist.
Dieser Jaguar kombiniert klassische Roadster-Proportionen mit zwei schönen Enden. Trotz seines Alters haben mich die Leute immer wieder auf dieses Auto angesprochen. Besonders das Heck hat es mir angetan: Die Rückleuchten und die vierfachen Endrohre machen ihn zu einem der schönsten Autos, die in den letzten Jahren gebaut wurden.
Jaguar F-Type P450 R-Dynamic (2024) im US-Fahrbericht
Das ist zwar nicht so schön anzusehen wie beim neuen AMG GT, aber die Schalter des F-Type sind weitaus benutzerfreundlicher. Es gibt keine sieben Menüs, durch die man springen muss, um die gekühlten Sitze zu erreichen, oder berührungsempfindliche Tasten, um den Tempomat einzustellen. Es gibt nur eine Reihe von soliden, klickenden Tasten – so wie es sein sollte.
Das Einzige, was den F-Type wirklich alt macht, sind seine Bildschirme. Das Kombiinstrument ist nur eine digitale Anzeige von Geschwindigkeit und Drehzahl im analogen Stil und zeigt kaum andere Informationen an. Der 10,0-Zoll-Infotainment-Bildschirm ist gefühlt Generationen alt. Er ist weit weniger reaktionsschnell und weniger lebendig als die neuen Displays. Seine Rettung sind das serienmäßigen Apple CarPlay und Android Auto, das beides gut funktioniert. Leider braucht man für beides ein Kabel.
Ansonsten bleibt der F-Type ein angenehmer Ort, um Zeit zu verbringen. Die Sitze sind bequem und leicht verstellbar, die Stereoanlage hat einen guten Klang und die Sicht ist ausgezeichnet. Ich könnte leicht einen ganzen Tag hinter dem Steuer dieses Autos verbringen … und genau das habe ich an einem Wochenende getan.
Das Auto, das Sie hier sehen, ist ein F-Type P450 R-Dynamic, die billigste Variante in der F-Type-Reihe für 2024 (Jaguar hat den V6 im Jahr 2019 mit dem Facelift weggelassen). In diesem Fall ist es auch die beste Version des F-Type. Unter der großen Muschelhaube befindet sich der 5,0-Liter-V8-Kompressormotor des Unternehmens, der mit einer Achtgang-Automatik gekoppelt ist, die die Kraft auf die Hinterräder überträgt – dasselbe Layout, mit dem der F-Type im Jahr 2013 startete.
Mit “nur” 450 PS in dieser Ausstattung wird dieser Motor als einer der größten V8-Motoren unserer Zeit in die Geschichte eingehen. Diejenigen, die 2013 im Internet unterwegs waren, wissen, dass das laute Brüllen und unverwechselbare Knistern dieses Motors die Welt im Sturm erobert hat.
Die Kraft auf die Hinterräder zu leiten, scheint die richtige Entscheidung zu sein. Der letzte F-Type, den ich fuhr, ein R-Modell mit Allradantrieb, war sehr schnell. Aber das Auto fiel auseinander, wenn der Antriebsstrang belastet wurde. Es fühlte sich schlampig an, war im Grenzbereich von sich selbst überwältigt und nie gleichmäßig. Nicht so bei diesem Modell mit Heckantrieb. Hier gibt es eine Kernbalance, die einfach Sinn macht.
Mit einem Leergewicht von 1.705 Kilogramm und einer weicheren Federung ist der F-Type nicht so agil wie ein 911er, aber trotzdem macht er eine Menge Spaß. Auch wenn der Grenzbereich nicht sehr hoch ist, machen der Wind in den Haaren und die Auspuffgeräusche das wieder wett.
Die weiche Federung macht sich bezahlt. Dies könnte das komfortabelste leistungsorientierte Fahrzeug sein, das ich je gefahren bin. Selbst auf den schlimmsten Straßen von New York City ist er nie über Unebenheiten oder kaputte Straßenbeläge gerumpelt. Es ist das einzige Auto seiner Klasse, das ich als täglichen Fahrer dort in Betracht ziehen würde, wo ich wohne. Er ist besser als einige SUVs, die ich in letzter Zeit gefahren bin. Wirklich, so gut ist er.
Umgekehrt ist der F-Type nicht das gefühlvollste oder am besten vernetzte Auto der Welt. Die Lenkung ist gut, aber vergesslich, und die Bremsen sind einfach gut. Und es gibt nicht viel zum Einstellen – es gibt nur drei Modi: Normal, Sport und einen Modus für schlechtes Wetter.
Und es fühlt sich an, als ob die einzigen Dinge, die sich ändern, die Gasannahme sind und wie lange die Achtgang-Automatik einen Gang hält. Aber als Alleskönner überzeugt er mit echtem Stil und einem der besten Auspuffgeräusche, die man auf dem Markt zu jedem Preis finden kann.
Ruhe in Frieden, F-Type. Wir werden dich schmerzlich vermissen.
