Rolls-Royce

Interview: Interview mit Rolls-Royce CEO Torsten Müller-Ötvös Luxus ändert sich

Frage: Herr Müller-Ötvös, seit fast 14 Jahren sind Sie nun CEO von Rolls-Royce Motor Cars. Was hat sich in dieser Zeit verändert? TMÖ: Zunächst einmal haben sich unsere Kunden in dieser Zeit sehr stark verändert. Als ich angefangen habe, hatten diese ein Durchschnittsalter von 56 Jahren – nunmehr sind es 42 Jahre. Doch die Kunden selbst sind nicht nur deutlich jünger geworden, sondern auch das Nutzerprofil eines Rolls-Royce ist mittlerweile ein völlig anderes. Seinerzeit hatten wir 80 Prozent Chauffeurfahrzeuge und nur 20 Prozent Selbstfahrer – heute ist das genau umgekehrt. Frage: Was hat diese Veränderung bewirkt – sind es die neuen Märkte in Asien oder ein anderes Bild vom automobilen Luxus generell? TMÖ: Der Luxus hat sich in den vergangenen zehn Jahren stark verändert. Wir haben daher ein völlig anderes Portfolio, um die Kunden entsprechend bedienen zu können. Nachdem die BMW Group Rolls-Royce Motor Cars im Jahre 1998 übernommen hat, gab es zunächst viele Jahre allein den Rolls-Royce Phantom. Danach gab es mit Modellen wie dem Ghost, einem Dawn oder Wraith ein völlig anderes Portfolio, das eben auch Selbstfahrer und jüngere Kunden ansprach. Eine deutliche Verjüngung brachte die Einführung der Black-Badge-Modelle. Hier hatten wir erst die Befürchtung, dass dies zwar neue Kunden bringen, jedoch auch Bestandskunden abwenden würden. Das Gegenteil ist der Fall. Wir hatten ursprünglich mit einem Verkaufsanteil der Black-Badge-Modelle von 15 Prozent kalkuliert. Mittlerweile sind wir je nach Modell bei etwa 40 Prozent.

Luxus ändert sich

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Torsten Mueller-Ötvös

Frage: Rolls-Royce ist mit dem Cullinan erst spät auf den SUV- und Geländewagenzug aufgesprungen. Braucht eine Nobelmarke wie Rolls-Royce einen SUV? TMÖ: Ein SUV ist auch im absoluten Luxussegment mittlerweile elementar für den Kundenerfolg. Sonst würden die Kunden ein Modell von einem anderen Hersteller fahren wie es lange Zeit zuvor auch war. Wir waren sicher nicht die ersten, doch sind mit dem Cullinan absolut zur rechten Zeit auf den Markt gekommen. Der Cullinan hat uns als Marke völlig neue Kunden gebracht. Er ist ein absolutes Familienauto für jeden Tag; ein Rolls-Royce, der eben auch einmal schmutzig werden kann. Mit ihm geht es lässig zu Freunden, ins Büro oder man fährt kurz einmal die Kinder zum Sport. Mittlerweile ist jeder zweite neue Rolls-Royce ein Cullinan. Frage: Wie wichtig ist BMW als Konzern hinter der britischen Marke Rolls-Royce? TMÖ: Ganz klar: ohne BMW würde es Rolls-Royce Motor Cars in seiner jetzigen Form nicht mehr geben. BMW ermöglicht es uns, Technologien zu nutzen, über die wir mit unseren exklusiven Stückzahlen sonst nicht verfügen könnten. Im Gegensatz zu anderen Marken ist ein Rolls-Royce jedoch kein BMW im anderen Kleid, sondern wir entwickeln und produzieren völlig eigenständige Modelle. Das wissen unsere Kunden zu schätzen und das verlangen sie auch, denn wir sind schließlich in einem völlig anderen Preisesegment als BMW unterwegs. Als ich angefangen habe, betrug der durchschnittliche Verkaufspreis eines neuen Rolls- Royce bei rund 250.000 Euro – heute liegen wir bei dem doppelten. Dabei geht es auch um technische Details, denn sonst könnten wir diese Preise im Markt in keiner Form durchsetzen. So wissen unsere Kunden beispielsweise, dass ein V12-Triebwerk von BMW kommt. Doch dieses Aggregat wurde völlig anders auf das jeweilige Fahrzeug abgestimmt und hat neben dem ganz eigenen Charakter selbst einen eigenständigen Hubraum von 6,75 Liter. Genau das wollen unsere anspruchsvollen Kunden.

Frage: Anders als andere luxuriöse Automarken setzt Rolls-Royce bisher nicht auf Kooperationen mit anderen Luxuslabels außerhalb der Autobranche. Wird sich das in der Zukunft ändern und könnte das nicht neue und noch jüngere Kunden ansprechen? TMÖ: Natürlich gibt es bei uns seit vielen Jahren auch Kooperationen mit anderen Luxusmarken – jedoch geschieht das hoch exklusiv und allein auf speziellen Einzelwunsch. Wenn ein Kunde beispielsweise die Uhr einer bestimmten Uhrenmarke im Armaturenbrett seines Rolls-Royce verbaut haben möchte, dann machen wir das möglich, ohne dafür Werbung zu machen. Unserer Grad an Individualisierung kennt dabei keine Grenzen. Und natürlich gibt es seit Jahren zahlreiche imageträchtige Luxuslabels, die beispielsweise in Sonderserien sehr gerne mit uns zusammenarbeiten würden. Doch wer sollte das sein? Wir sind als Rolls-Royce die Luxusmarke schlechthin. Das darf man nicht verwässern. Frage: Wo sehen Sie die Automarke Rolls-Royce in den kommenden 10 bis 15 Jahren? TMÖ: Wir haben die richtigen Weichen gestellt und das wird man in den kommenden Jahren mit unseren neuen Produkten sehen. Ganz klar: Rolls-Royce Motor Cars wird elektrisch sein – mit vollelektrischen Modellen und keinen Plug-in-Hybriden. Ein Rolls-Royce muss fahren wie nur ein Rolls- Royce es kann – egal, ob er mit einem Verbrenner oder einem Elektroantrieb unterwegs ist. Wie erfolgreich das funktioniert, zeigt mit dem Rolls-Royce Spectre unser erstes Modell, der alle Erwartungen übertroffen hat. Bei Rolls-Royce Motor Cars geht es bei der Perfektion um mehr als nur um die Herstellung der besten Produkte. Sie ist eine Kultur, eine Einstellung und unsere Leitphilosophie. Unser Gründervater Sir Henry Royce sagte: 'Strebe nach Perfektion in allem, was du tust'. Der Spectre wurde im Rahmen dieser Kultur entwickelt. Er gibt die Richtung für die Zukunft unserer Marke vor und ist die perfekte Antwort auf die Aufforderung der anspruchsvollsten Menschen der Welt, das Erlebnis Elektroauto zu verbessern, denn Spectre ist in erster Linie ein Rolls-Royce und erst in zweiter Linie ein Elektroauto. Die Individualisierung wird für uns ein zentrales Element bleiben. Dabei macht die Manufakturfertigung in Goodwood ganz klar den Unterschied. Die Kunden kommen zu uns und sind an der Zusammenstellung des eigenen Fahrzeugs intensiv beteiligt. Wir dürfen uns neuen Trends nicht verschließen, müssen aber nicht zwingend die ersten sein.

Frage: Wie wichtig ist für Rolls-Royce in diesem Zusammenhang der Standort im britischen Goodwood? TMÖ: Goodwood ist sowohl die physische als auch die geistige Heimat von Rolls-Royce; der einzige Ort auf der Welt, an dem wir unsere einzigartigen Luxusprodukte entwerfen und von Hand fertigen, mit einer einzigartigen, persönlichen Verbindung zu unserer langen Geschichte. Es ist weit mehr als nur eine hochmoderne Produktionsstätte und der Hauptsitz des Unternehmens, denn es bietet den Besuchern eine unmittelbare Einführung in unsere Marke: schön, elegant und beeindruckend, aber auch kreativ, lebendig und ständig im Wandel begriffen. In seinem Design und seiner Konstruktion verkörpert es unsere zentralen Werte wie Präzision, Liebe zum Detail und Stolz auf diese große britische Institution. Er ist sein eigenes, privates Universum und doch mit der Welt verbunden. Frage: Die Kunden in dem Preissegment jenseits der 300.000 Euro sind anspruchsvoller denn je. Das lässt sich kaum durch Kundenkliniken oder Analysen abbilden. Wie werden die Wünsche der Kunden gerade auch für neue Modelle eingesammelt? TMÖ: Unsere Verkäufer haben zu den meisten Kunden ein ganz besonders enges Verhältnis. Ich selbst kenne viele unserer Kunden seit vielen Jahren und wenn ich geschäftlich unterwegs bin, dann gibt es bei jeder Reise auch Termine mit den Kunden. So bin ich pro Monat rund zehn Tage auf den verschiedenen Märkten unterwegs – so lernt man die Wünsche der Kunden und potenziellen Kunden sehr genau kennen. Das Interview führte Stefan Grundhoff

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