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Im Test: Datenlieferant RideLink WingMan für Motorräder

Die Software meiner Zero SR/F liefert schon viele Daten. Tiefer geht der WingMan von RideLink, mit dem sich die Fülle komfortabel überblicken lässt. Ein Test.

im test: datenlieferant ridelink wingman für motorräder

(Bild: Jürgen Theiner – www.motorprosa.com)

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Es gibt eine Menge guter Gründe, in die Analyse von Fahrdaten einzusteigen. Einige Hersteller lassen sich diesbezüglich in die Karten schauen, doch allzu sehr in die Tiefe geht das meist nicht. Deutlich mehr Daten liefert der WingMan der Firma RideLink, den ich ein paar Wochen lang an meiner Zero SR/F ausprobieren konnte. Der kleine Kasten liefert eine Menge Erkenntnisse, die sich komfortabel nutzen und verwalten lassen.

Was Zero ab Werk liefert

In Kombination mit einem Smartphone ist die Software-Ausstattung meiner Zero SR/F (Baujahr 2019) bereits umfangreich, auch wenn neuere Cypher III+ Modelle durchaus noch mehr können. Aktuell erlaubt die hauseigene Zero-App das Abrufen folgender Daten:

• Standort der Maschine

• Ladestand der Batterie

• Suche von Ladepunkten

• Navigation zu Ladepunkten

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• Fortschritt des Ladevorgangs, geschätzte Dauer bis zum gewünschten Ladestand

Der Funktionsumfang der App hängt dabei von der Art der Datenverbindung mit dem Motorrad ab. Oben Genanntes kommt over-the-air aufs Smartphone, via Bluetooth kann die App zusätzlich Fahrmodi wechseln bzw. anpassen und die Anordnung der Informationen im Dashboard ändern. Ladevorgaben können vergeben werden, die Firmware-Verwaltung des Motorrads ist zu finden, und es gibt Gimmicks wie die geschätzte Höhe des eingesparten Treibstoffs.

Die coolste Funktion wäre die Fahrtaufzeichnung, die ein Auge auf gefahrene Strecke, Schräglagen, Geschwindigkeiten und Verbrauch wirft. Wäre, denn sie ist nicht ganz fertig gedacht: Sie muss vor jeder Fahrt manuell angestoßen werden, und überschreibt die vorhergehende. Es gibt also immer nur eine auf dem Smartphone gefangene Aufzeichnung, und das ist nicht nur sinn-, sondern auch nutzlos. Dass sich die Bluetooth-Verbindung bei “Maschine aus” deaktiviert und danach neu aufgebaut werden muss, macht es nicht besser. Ich nutze diese Funktion daher nur selten, zum Beispiel für solche Spielereien. Aber: wenn was kompliziert wird, verliere ich die Lust an der Nutzung. Daher wird es nun Zeit für ein Update.

Welcome, WingMan!

Dieses kleine Kästchen macht eines schon mal richtig: Es aktiviert sich bei jeder Bewegung, egal ob das Fahrzeug kippt oder rollt. Den Strom dafür zieht es über die Zündungsklemme, direkt von der Batterie oder alternativ über OBD2. Unfreundliche Personen seien also gewarnt: Jede Bewegung außerhalb der Reichweite des zugehörigen Smartphones löst eine Push-Mitteilung an selbiges aus. Ein eventueller Diebstahl des Fahrzeugs wird so zwar nicht verhindert, aber: Es werden Positionsdaten übermittelt.

In der schwarzen Box steckt ein Linux-Betriebssystem sowie ein mächtiger Sensorcluster. Gyroskop und Beschleunigungsmesser erkennen Bewegungen, eine hochsensible GPS-Antenne die Position, über den CAN-Bus werden Diagnosedaten gezogen. Ausgefeilte Algorithmen rechnen pausenlos, die dazugehörige App hängt sich per WLAN an und stellt alles grafisch dar.

im test: datenlieferant ridelink wingman für motorräder

Auf der obersten Ebene lassen sich eigene Wertungen eintragen. (Bild: Jürgen Theiner – www.motorprosa.com)

Eine kleine, aber mächtige Box

Natürlich ist Navigieren UND Tracken möglich. Die Nutzung der Cloud erlaubt den Import und das Teilen von am Rechner geplanten oder von anderen Verwendern erfassten Routen. Wer will und wem es gestattet ist, kann also beim Kurvenfeiern zusehen. Ob das immer gut ist, sei dahin gestellt. Gefahrene Strecken sind im RideLink-Account einsehbar. Lässt man sich darauf ein, kann der eigene Fahrstil kritisch betrachtet und – bestenfalls – optimiert werden.

Klasse ist die eCall-Funktion. Im Falle eines Falles werden – um Fehlalarme zu vermeiden – spezielle Logiken abgearbeitet. Erst nach deren Go! wird über das integrierte 2G/4G-Datenmodul ein Notruf mit Positionsdaten abgesetzt. Das verbundene 24/7-Call Center prüft nochmals alle Notrufe und löst bei Bedarf die Rettungskette aus.

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Der kleine, schmucklose Kasten … (Bild: Jürgen Theiner – www.motorprosa.com)

Einbau in meine SR/F

Der digitale Sozius würde – sicher untergebracht und gut versteckt – unter den Fahrersitz meiner Zero SR/F passen. Die OBD2-Buchse für die Stromversorgung liegt im Staufach, ist aber leider ungünstig platziert, direkt unterhalb vom Deckel. Das etwas raumgreifende, angesteckte Kabel versperrt den Zugang zum Fach. Kabel in passender Länge gibts im RideLink-Shop.

Ich verbaue das Ding der Einfachheit halber im großen Staufach meines Elektro-Roadsters und erspare mir so die Demontage von Plastikteilen und aufwendiges Kabelverlegen. Eine stabile Befestigung ist geboten, dafür kommt doppelseitiges Klebeband für Wandspiegel zum Einsatz. Das klebt wie Sau und dämpft die härtesten Schläge. Vibrationen sind Alessandro Volta ohnehin vollkommen fremd.

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Mehr ist nicht zu tun – kaum hängt der WingMan am CAN-Bus, startet die Magie: Er baut ein WLAN auf, verlangt über die App die Initial-Kalibration, kontrolliert den Stand der Firmware und aktualisiert diese bei Bedarf. Er kommuniziert mit der Cloud, im Benutzerkonto auf dem PC erscheint der Status “aktiv”. Zeit für einen ersten kurzen Test. Die Strecke führt durch das Dorf Laas hoch nach Tanas, mein RideLink-Account füllt sich mit Infos. Disclaimer: Eventuelle Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung hatten ihre Gründe natürlich in der Recherche.

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Nun bleibt nichts mehr verborgen

Die WingMan-App geht noch tiefer ins Detail. Die einzelnen Strecken (RideLink nennt sie “Rides”) sind mit den erfassten Dynamik-Daten wie Schräglage, Geschwindigkeit und Beschleunigung angereichert. Wer will, kann Notizen eintragen, die Fahrt in Sachen Fun-Faktor, Landschaft und Straßenzustand bewerten und die Tour in einer 3D-Ansicht nachverfolgen. RideLink bietet optional Reifendruck-Sensoren an. Reifendruck und -temperatur werden dann im App-Dashboard angezeigt. Das ist definitiv ein Sicherheitsgewinn. Der erste Eindruck ist prima, Datenmenge und -qualität überzeugen, ab nun wird meine Zero also eine BlackBox an Bord haben. Ich bin gespannt, was mir diese zu meinem Fahrstil erzählt und ob ich aus den Daten Optimierungspotential erkennen kann.

WingMan OBD Plus

Die ab Ende November 2023 im Rahmen einer Kickstarter-Kampagne verfügbare “Plus”-Version des WingMan geht bei der Datenerfassung noch einen Schritt weiter, denn sie erlaubt nicht nur die Standard-Diagnose über OBD2, sondern auch das Auslesen herstellerspezifischer Daten, was bisher nur spezialisierte Werkstätten konnten. Nun ist es nicht mehr nur das Tracken einer Fahrt möglich, sondern diese Informationen werden durch die Echtzeit-Werte des Motorrads ergänzt. Wer will, kann sein Motorrad für verbesserte Performance oder individuelle Anpassungen kodieren. Und weil ja immer etwas schiefgeht: Der WingMan OBD Plus erlaubt auch das Auslesen der herstellerspezifischen Fehlercodes.

Ein leises Fragezeichen gibt es noch bezüglich der Stromversorgung. Denn obwohl meine Zero eine riesige Hochvolt-Batterie im Rahmen trägt, hängt ihr Leben von einer kleinen 12V-Batterie ab. Wenn der geringe, aber permanente Stromverbrauch des WingMan diese in die Knie zwingt, bootet die Zero nicht mehr. Eine Lösung dafür wird sich finden, bis dahin kable ich den WingMan einfach nach jeder Fahrt ab.

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(mfz)

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