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Ford Mondeo

Ford Mondeo (1993-2000): Klassiker der Zukunft?

Der Nachfolger des Sierra wird 30 und schrieb einst Wahlkampf-Geschichte ...

ford mondeo (1993-2000): klassiker der zukunft?

Unsere geschätzten Leser haben bestimmt schon einmal die Rubrik “Kennen Sie den noch?” studiert. Dort stellen wir Autos von früher vor, die inzwischen fast vergessen sind. Doch was ist mit den Modellen, die durchaus noch zahlreich im Straßenverkehr umherfahren? Jene Typen, die jeder kennt, die schon deutlich über 20 Jahre, teilweise aber auch viel weniger auf dem Buckel haben.

Werden sie einmal Oldtimer? Das birgt Zündstoff für kontroverse Diskussionen. Einige dieser Modelle wollen wir in unserer Reihe “Klassiker der Zukunft?” vorstellen.

Oh, ein 30 Jahre altes Auto. Geben Sie es zu: Man denkt dabei unwillkürlich eher an einen Mercedes W 123 oder Ford Granada. Aber die Realität heißt im Jahr 2023 Fiat Punto, Opel Corsa B oder Ford Mondeo. Ja genau, jene berühmte Mittelklasse, die im letzten Jahr für Europa beerdigt wurde. Dabei startete der Mondeo anno 1993 mit großen Ambitionen und wurde später sogar zum Wahlkampf-Slogan.

Am 4. März 1993 kam der damals neue Mondeo in Deutschland auf den Markt. Sein Name war Programm: Dieser Wagen wurde als “Weltauto” konzipiert und sollte eine Reihe von Ford-Modellen auf der ganzen Welt in sich vereinen. Auf dem europäischen Markt löste er den Sierra ab.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger setzte der Mondeo auf Frontantrieb. Zudem war das bereits 1986 festgelegte Design weit weniger futuristisch als beim Vorgänger. Einer der wichtigsten Punkte im Lastenheft des Ford-Neulings lautete: “Größerer Innenraum bei unverändert kompakten Außenabmessungen”.

Auch deswegen flog der Hinterradantrieb raus, die Karosserie im Cab-Forward-Design folgte dem Trend vieler Autos der frühen 1990er-Jahre. Der Mondeo begann mit einer betont niedrigen Motorhaube, die wegen des quer eingebauten Motors 20 Zentimeter kürzer war als beim Sierra. Bei annähernd gleicher Länge wuchs der Radstand um 10 cm, die Breite um 5 cm.

Der um 34 Millimeter vergrößerte Verstellbereich der Vordersitze und die um 20 Millimeter gewachsene Kopffreiheit vorne boten den Insassen mehr Platz. Um den Mondeo schlank erscheinen zu lassen, wählten die Ford-Designer eine tief angesetzte und flach abfallende Motorhaube, große, bündig eingesetzte Fenster und schmale Dachsäulen.

Sein in der Entwicklung befindlicher Codename spiegelte den globalen Ansatz wider: CDW27 bedeutete, dass er die Größenklassen C und D überspannte und ein “Weltauto” (engl. World car) war. Der Mondeo-Projektleiter war John Oldfield, der bei Ford Dunton in Essex arbeitete.

Die Entwicklung selbst dauerte fünf Jahre und kostete enorme 3 Milliarden Pfund. Das zahlte sich aus: Der Ford Mondeo wurde zum Auto des Jahres 1994 gekürt. Ein Grund: Serienmäßig waren ein Fahrerairbag und (zunächst optional) ein Beifahrerairbag an Bord. Zudem fiel die Modellvielfalt beim ersten Mondeo enorm aus: Inklusive der Versionen mit Allrad respektive Automatik waren schon zu Beginn fast 40 verschiedene Fahrzeuge möglich.

Ab 1994 lockte ein besonderes Angebot die Kundschaft zu Ford: Alle drei Karosserievarianten (Stufenheck, Fließheck und Kombi) gab es zum gleichen Preis. Das war ein Wort, zumal Opel Vectra und VW Passat zu jenem Zeitpunkt nicht mehr taufrisch waren.

Das Ziel für den Mondeo: 15 Prozent Marktanteil in der Mittelklasse. Die Modellpalette reichte vom Basismodell CLX über das etwas besser ausgestattete Modell GLX bis zur Topvariante Ghia. Zeitweise gab es einige Sondermodelle (z.B. Festival, Fashion, Skylight).

Was arbeitete unter der Mondeo-Haube? 1,6 Liter mit 90 respektive 88 PS an der Basis (Grundpreis 1994: 31.290 Mark), darüber 1,8 Liter (115/112 PS) und 136 PS aus 2,0 Liter Hubraum, allesamt Zetec-Vierzylinder. 170 PS aus 2,5 Liter bot der V6, Dieselfreunde bekamen einen 1,8-Liter-Turbodiesel mit 88/90 PS.  

Um einen möglichst tiefen und breiten Laderaum (1,90 Meter Tiefe und 1,14 Meter Breite zwischen den Radkästen beim Turnier) zu erreichen, wurde eine aufwändige Hinterradaufhängung entwickelt. Mit dieser Mehrlenker-Hinterachse war der Mondeo sehr agil zu fahren, auch weil Rennlegende Jackie Stewart das Fahrwerk mit abgestimmt hatte.

Die Karosserieform wurde von Teilen der Fachpresse als zu zurückhaltend kritisiert und im Herbst 1996 grundlegend überarbeitet. Ob sie nun schöner aussah, bleibt Geschmackssache. Der Kühlergrill wurde zu einer Ellipse umgestaltet, die Scheinwerfer wurden stärker geschwungen und weiter nach oben gezogen. Parallel wurden auch die US-Schwestermodelle Mercury Mystique und Ford Contour geändert.

Ungefähr zur gleichen Zeit geriet der Mondeo in den britischen Wahlkampf. In England war er häufiger verbreitet als etwa in Deutschland, den “Mondeo Man” nutzte der spätere Wahlsieger Tony Blair von der Labour Party als Synonym für die Mittelschicht, die Labour im Blick habe. Hierzulande hätte Gerhard Schröder wohl vom “Passat-Papi” sprechen müssen …

Zurück zum Facelift: Optional wurden nun Seitenairbags angeboten, die zwei Jahre später zusammen mit dem Vierkanal-ABS zum Standard wurden. Zum heißesten Eisen wurde der Mondeo ST200, der ab Mitte 1999 aus dem 2,5-Liter-V6 satte 205 PS und 235 Nm Drehmoment holte. Genug für 7,7 Sekunden auf 100 km/h und 231 km/h Spitze.

Schon zuvor hatte der Mondeo in der britischen Tourenwagenmeisterschaft für Aufsehen gesorgt. Auch Michael Schumacher, damals bei Benetton-Ford, befand in der Werbung “ein tolles Auto”. Und die Presse? Der ADAC nahm im August 1994 für sein Special “Auto ’95” einen Ford Mondeo Ghia 2.0i unter die Lupe. Preis: 42.310 DM, Testverbrauch exakt 10 Liter. Bemängelt wurde der fehlende Griff am Heckdeckel der Limousine und die zu kurzen Sitzlehnen.

Voll des Lobes war man für das Fahrwerk (“fast schon ein Gradmesser in der Mittelklassse”) und dessen Restkomfort trotz straffer Abstimmung. “Ein antrittsstarker Bursche” sei der 136-PS-Motor samt gut passender Fünfgang-Schaltung. Abzüge gab es für den zu hohen Spritkonsum, Pluspunkte für die gute Serienaustattung.

Und heute? Finden Sie erstmal einen guten Mondeo der frühen Jahre. Eine Suche bis 1996 spuckt gerade einmal 26 Fahrzeuge in Deutschland aus, an den meisten davon nagt als Achillesferse der Rost.

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