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Ein Sanierer für Cariad

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Ein Sanierer für Cariad

ein sanierer für cariad

Viele Autokonzerne setzten bei Software auf Google, Amazon und Microsoft.

Konzernchef Oliver Blume baut die Spitze der VW-Tochter um. Ein Bentley-Manager soll das Geschäft mit der Software für E-Autos ankurbeln.

Der größte Hoffnungsträger im VW-Konzern ist zum größten Sanierungsfall geworden: Vier Jahre nach dem Start bekommt die Softwaretochter Cariad ihren dritten Chef. Konzernchef Oliver Blume stutzt das Großprojekt zusammen und setzt verstärkt auf externe Partner. Damit ist er in der Branche nicht allein. Mercedes hat gerade eine umfangreiche Allianz mit Google geschlossen.

Für die Autobranche wird Software doppelt wichtig: Die Programme werden für viele Funktionen im Auto gebraucht, vom Musikstreaming bis zum automatisierten Fahren. Und sie bieten die Chance für neue Geschäfte. So hat Tesla gerade die Verkaufspreise gesenkt, um mehr Autos zu verkaufen – softwarebasierte Dienste rund ums Auto versprächen trotzdem mehr Gewinn pro Fahrzeug.

Das war auch die Idee von Blumes Vorgänger Herbert Diess. Die Gewinnquellen würden sich „radikal zur Software verlagern“, sagte er 2021. Tausende Softwareentwickler aus dem ganzen Konzern wurden in einer neuen Einheit zusammengeholt. Durch Neueinstellungen und Unternehmenskäufe sollte sie auf 10 000 Beschäftigte anwachsen und damit zum zweitgrößten Softwarekonzern Europas werden. Die in den Fahrzeugen eingesetzten Programme sollten künftig zu 60 Prozent aus dem eigenen Haus kommen – bis dahin waren es zehn Prozent.

Doch die Ambitionen erwiesen sich als zu groß, vor allem wegen der chronischen Softwareprobleme musste Diess im vergangenen Sommer gehen. VWs Prestigeprojekt Trinity kommt nach aktuellem Stand nicht 2026, sondern drei Jahre später.

Schon in seiner Funktion als Porsche-Chef gehörte Blume zu den schärfsten internen Kritikern der Cariad, die inzwischen 6000 Beschäftigte zählt. Er koppelte Porsche zum Teil von Cariad-Projekten ab und setzte stattdessen auf Partner wie Google und Apple. Nach dem Aufstieg an die Konzernspitze wird das Prinzip übertragen: Die eigenen Entwickler sollten sich auf die Kernkompetenzen konzentrieren, für den Rest würden Partner gesucht. Cariad-Chef Dirk Hilgenberg werde durch den bisherigen Bentley-Manager Peter Bosch ersetzt, teilte der Konzern am Nachmittag mit. Auch Technikchefin Lynn Longo und Finanzchef Thomas Sedran werden abgelöst. Aus dem alten Vorstand soll nur Personalchef Rainer Zugehör bleiben.

Blume muss Tempo machen, um bei der Software nicht noch weiter Boden gegenüber Konkurrenten wie BYD in China und Tesla in den USA zu verlieren. Außerdem summieren sich die Verluste: Wegen der hohen Anlaufinvestitionen machte Cariad im vergangenen Jahr mehr als zwei Milliarden Euro Minus.

„Wir beschleunigen unser Tempo und öffnen uns weiter für Partnerschaften“, sagte Blume am Montag. Ein eigenes Betriebssystem zu entwickeln, sei „eine völlig richtige Entscheidung“ gewesen, hatte er bereits vor einigen Monaten erklärt. Damit die zum Erfolg führt, will er offenbar andere Projekte kappen und die Organisation umbauen. Dazu soll Cariad enger an die Konzernmarken und die Fahrzeugentwicklung angebunden werden.

Der Einzug der Software ins Auto stellt nicht nur Volkswagen vor Probleme. Einig sind sich alle darin, dass die Programme in E-Autos der Schlüssel zum Erfolg sein werden. Sie bestimmen Fahreigenschaften und Reichweite, ermöglichen automatisiertes Fahren, sorgen dabei für die Unterhaltung an Bord und binden die Kunden. Allerdings müssen die Autohersteller das erst einmal lernen, während Konzerne wie Alphabet (Google), Amazon, Apple und Microsoft vieles längst beherrschen.

Wie weit man die Internetriesen ins Auto lässt, ist zur Glaubensfrage geworden. Zwar betonen alle Hersteller ihre eigene Software-Kompetenz – bedienen sich aber inzwischen größtenteils im Silicon Valley. So kündigte Mercedes im Februar eine Kooperation mit Google an, die von der Nutzung des Navigationssystems bis zur Analyse von Flottendaten und maschinellem Lernen in der Fahrzeugentwicklung reichen soll.

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