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Effizienz-Durchbruch bei Wasserstoff-Elektrolyse

Australischen Forschern gelingt ein Durchbruch bei der Wasserstoff-Elektrolyse: Ihr Verfahren kommt auf einen WIrkungsgrad von 98 Prozent.

Wasserstoff gilt als der Hoffnungsträger schlechthin auf dem Weg in eine grüne Energielandschaft. Er ermöglicht die Speicherung und den Transport von Energie aus erneuerbaren Quellen und öffnet somit das Tor für den Handel mit dieser Energie.

Um aus Wasser das begehrte Gas zu gewinnen, kommt die Elektrolyse zum Einsatz. Hierbei wird Wasser einer Spannung ausgesetzt, woraufhin es sich in seine Bestandteile (Wasserstoff und Sauerstoff) zerlegt. Doch Elektrolyse ist teuer: Sie arbeitet derzeit bestenfalls mit einem Wirkungsgrad von etwas über 80 Prozent.

Wie wird die Elektrolyse effizienter?

Bei den bisher vorhandenen Methoden gibt es dabei kaum weitere Stellschrauben, die man anziehen kann, um die Verfahren effizienter und damit billiger zu machen. Hauptsächlich die Senkung des Strom-Einsatzes bietet Luft nach oben.

Die Kollegen der International Renewable Energy Agency (IRENA) waren dennoch zuversichtlich und sagten einzelnen Systemen voraus, dass sie bis zum Jahr 2050 mit weniger als 42 Kilowattstunden (kWh) auskämen, um ein Kilogramm Wasserstoff zu erzeugen.

Das neue System der Kapillarelektrolyse schafft das jetzt bereits.

Australische Forscher der University of Wollongong und dem ARC Centre of Excellence for Electromaterials Science präsentierten ihre Arbeit an einem Elektrolyseur mit einem Wirkungsgrad von 98 Prozent. Ihrem Verfahren reicht eine Strommenge von 40 kWh für die Gewinnung von einem Kilogramm H2.

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Der neue Elektrolyseur Die Elektroden (Kathode und Anode) befinden sich nicht direkt im Wasser wie bisher üblich. Bild: Aaron Hodges et al. 2022

Bei bisher eingesetzten Elektrolysemethoden befindet sich noch immer mindestens eine der beiden Elektroden im Wasser (Genauer: meist eine wässrige Lösung in bestimmter Zusammensetzung, wie Kaliumhydroxid und Wasser).

Stattdessen wird nun eine Kapillare verwendet, um das zu spaltende Wasser der Spannung auszusetzen. Keine der beiden Elektroden befindet sich mehr direkt in der Flüssigkeit.

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Glaskapillaren aus der medizinischen Anwendung Je geringer der Querschnitt einer Kapillare, desto stärker werden bestimmte Flüssigkeiten hineingezogen.

Kapillaren sind feinste Röhrchen, in denen Flüssigkeit von allein aufsteigt – auch entgegengesetzt der Schwerkraft. Sie werden in der Medizin unter anderem dazu verwendet, um Blut abzunehmen. Auch Pflanzen machen sich die Kapillarwirkung zunutze und leiten darüber das Wasser von der Wurzel bis in die Blätter.

Bei der neuen Elektrolysetechnik wird das Wasser durch diese Kapillaren nach oben transportiert. Die Elektroden liegen hierbei seitlich an der zentralen Kapillargruppe, ohne selbst direkten Kontakt zum Wasserreservoir zu haben. Außerdem nutzen die Forscher Material für die Elektroden, dessen Zuverlässigkeit bereits erprobt ist.

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Feinste Röhrchen bringen den Durchbruch Die Natur macht es vor: Die genutzte Kapillarstruktur ähnelt dem Wassertransportsystem der Pflanzen. Bild: Aaron Hodges et al. 2022

Bei einer Temperatur von 85 °C und einer Spannung von 1,5 V fährt das System nur 2 Prozent Verluste ein:

An alkaline capillary-fed electrolysis cell of this type demonstrates water electrolysis performance exceeding commercial electrolysis cells, with a cell voltage at 0.5 A cm−2 and 85 °C of only 1.51 V, equating to 98% energy efficiency, with an energy consumption of 40.4 kWh/kg hydrogen (vs. ~47.5 kWh/kg in commercial elec- trolysis cells)

Übersetzt: Eine […] Elektrolysezelle dieses Typs […] arbeitet bei 0,5 A cm−2, 85 °C und nur 1.51 V, resultierend in 98% Energieeffizienz. Sie benötigt dabei 40,4 kWh Strom pro Kilogramm Wasserstoff.

Aaron Hodges et al. 2022, Nature

Warum ist die Kapillarelektrolyse so effizient? 

Für die enorm hohe Effizienz greifen mehrere Mechanismen ineinander. Neben dem zuverlässigen Elektrodenmaterial bietet der Kern der Neuheit – die Kapillaren – dem Wasser einen besonders geringen Widerstand, sodass es leicht zu den Elektroden gelangen kann. Dass außerdem die Spannung (1,5 V) so niedrig sein darf, liegt an der stark verringerten Bläschenbildung.

Bläschen im Wasser

Da wo in einer Flüssigkeit Gase entstehen (so wie es die Elektrolyse zum Ziel hat), bilden sie blasen und steigen als solche auf. Das ist für alte sowie die neue Methode gleich. Denkt man sich nun aber tiefer in das Material einer konventionellen Anlage hinein wird klar, dass an einer Elektrode dort viel Gas entsteht, wo sie besonders gut wirkt. Für den Moment der Bläschenbildung ist dieser kleine Bereich der Elektrode jedoch durch ebendieses Gas blockiert und kann in dieser Zeit keine weitere Flüssigkeit auftrennen. Anders ausgedrückt: Eine besonders gute Elektrode steht sich selbst im Weg.

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Stolze Entwickler Paul Barrett und Gerry Swiegers von der Universität Wollongong in Australien mit ihrem innovativen Wasserstoff-Elektrolyseur, der nun vom Spin-off Hysata industrialisiert werden soll. Foto: Hysata

Durch den Aufbau der neuen Anlage der Australier wird das entstehende Gas besonders schnell abtransportiert, sodass es die Elektroden nicht blockiert. Außerdem benötigt sie weniger Pumpleistung, da die Kapillaren selbst für den Wassertransport sorgen.

Geringere Investitionskosten

Auch ist der Aufbau des neuen Elektrolyseurs an sich weniger komplex und daher in seiner Anschaffung billiger: Es fallen Kühlsysteme und die sonst üblichen Flüssigkeitsabscheider weg. Das Wasserkreislaufsystem kann ebenfalls deutlich kleiner ausfallen (nur etwa 500 Liter gegenüber 10.000 Liter herkömmlicher Anlagen). Kurz gesagt: Sowohl Anschaffung als auch Betrieb dieser neuen Anlage ist allen bisherigen Modellen überlegen.

Um die Erzeugung, Speicherung, Transport und Nutzung von erneuerbarer Energie konkurrenzfähig zu machen, braucht es Errungenschaften wie diese. Nur so können fossile Energieträger abgelöst werden – je schneller desto besser.

Inzwischen werden die konkreten Errungenschaften der Australier auch direkt industriell umgesetzt: Eine eigens gegründete Firma (Hysata) wirbt nun mit einem Wirkungsgrad von 95 Prozent über das gesamte System hinweg.

Anmerkung der Redaktion: Der Beitrag wurde im August 2022 hier erstmals veröffentlicht. Wegen des großen Interesses haben wir ihn jetzt noch einmal nach oben gehoben.

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