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Dank E-Bikes: "Rüstige, radelnde Rentner aus Spitze" absolvieren regelmäßig lange Kanten

Sie sind eine eingeschworene Truppe und pfeifen darauf, dass es im Körper zwickt und zwackt. Ihre Routen sind 60 Kilometer oder länger.

Sie gehören zu den “Rüstigen, radelnden Rentnern aus Spitze”. Heidrun und Frank Geißler (2. u. 3. v. r.) halten die Fäden in der Hand, Wilfried Flammiger (l.) ist mit seinen 89 Jahren der älteste. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Schütteres Haar, braun gebrannt, sportliche Erscheinung und ein flotter Schritt – die 89 Jahre sind Wilfried Flammiger nicht anzusehen. Ohne Probleme schwingt er sich auf sein Rad. Wie lang die Strecke ist, die vor ihm liegt, kümmert den Spitzkunnersdorfer nicht. “Ich bin fit, habe nicht nachgelassen in all den Jahren”, erzählt er mit einem Lächeln im Gesicht. Denn: “Wer rastet, der rostet.” Ganz nach diesem Credo begibt er sich jeden zweiten Donnerstag auf Tour – zusammen mit 20 Alterskollegen. Gemeinsam sind sie die “rüstigen radelnden Rentner aus Spitze”.

Flammiger ist mit seinen 89 Lenzen sozusagen der “Super-Oldie” in der Truppe, der jüngste Mitstreiter ist “zarte” 66. Rentner sein muss man aber schon, wenn es ums Mitradeln bei den sportlichen Spitzkunnersdorfern geht. “Wir brauchen Freiraum, wollen nicht nur ans Wochenende gebunden sein”, erklärt Heidrun Geißler. Die 76-Jährige ist zusammen mit ihrem Mann Frank (79) das organisatorische Rückgrat der radelnden Senioren. Alle Fäden laufen bei dem Paar zusammen.

    Pölsterchen auf den Rippen haben bei den Rentnern keine Chance. Und wenn sich doch mal ein Speckröllchen verirren sollte, ist es flugs wieder abtrainiert. “Mit kurzen Routen geben wir uns gar nicht erst ab”, sagt Hans Matschulla, der sich schon sehr lange mit auf Strecke begibt. Mit einer Himmelfahrtstour an die Schlegeler Teiche ging’s los in diesem Jahr. Anfang Mai waren also schon mal rund 35 Kilometer zu absolvieren. Zum Auftakt nach der Winterpause ein starkes Stück, möchte man meinen. Doch aus Sicht der Radler war die Strecke eher seicht. Denn die folgenden Fahrten waren fast doppelt so lang oder teilweise noch erheblich länger. Sohland – 57 Kilometer. Kloster St. Marienthal – rund 60 Kilometer. Noch ein bisschen mehr war’s ins Tschechische zur Burg Grabstejn und zurück: 64 oder 65 – um einen dieser läppischen Kilometer mag sich niemand streiten.

    Aufgegeben hat bisher niemand. “Wir radeln ja auch zwischendurch. Nicht nur, wenn wir alle beisammen sind”, erklärt Frank Geißler. Außerdem seien inzwischen alle Teilnehmer mit E-Bikes unterwegs. “Das hilft schon, wenn es mal schwierig wird.” Und die Truppe hat in diesem Jahr noch jede Menge vor – schon am nächsten Donnerstag steht Eckartsberg im Plan, Besuch im ältesten Haus des Ortes, der “Alten Lotte”. Auch das Museum in Neugersdorf und die Erdachse in Bernstadt werden in den kommenden Wochen noch anvisiert. Wohlgemerkt: Alles mit dem Drahtesel.

      Meist sind die rüstigen Radler – die übrigens auch aus Leutersdorf, Neueibau, Seifhennersdorf und Oderwitz stammen – abseits der Hauptstraßen unterwegs. Da ist zum einen die Landschaft schöner, zum anderen ist es aber auch viel sicherer. Denn: “Fast nirgendwo gibt es straßenbegleitende Radwege”, kritisieren Heidrun und Frank Geißler. Deshalb wurde vor etwa drei Jahren eine Neuerung eingeführt: Auf den Verkehrswarnwesten, die alle tragen, ist der Aufdruck “Rüstige, radelnde Rentner aus Spitze” zu lesen. “Das hilft”, glauben die Radler. “Man muss richtig auffällig sein.”

      Nicht nur auf der Straße schafft das Aufmerksamkeit, auch am Wegesrand winken die Passanten, wenn sie die gutgelaunte Kolonne sehen. “Ein ‘Hallo’ ist das Mindeste, was wir bekommen. Meist gibt es noch aufmunternde Worte dazu”, freut sich Wilfried Flammiger.

      Natürlich werden zwischendurch auch mal Pausen eingelegt. “Wir sind ja meist sechs, sieben Stunden unterwegs. Da braucht man schon eine Erfrischung und den einen oder anderen Snack.” Zudem werden die Routen immer so zusammengestellt, dass auf dem Weg eine Gaststätte oder ein Café liegt. “Ein bisschen angenehm muss es ja sein”, lacht der Senior der Truppe.

        Jedes Jahr aufs Neue freuen sich die Radler vor allem auf eine Tour – die Fahrt auf der “Blauen Meile”. So haben sie die Strecke entlang der Mandau benannt. Nicht etwa wegen des Wassers, sondern wegen der Geländer und Laternen am Fluss. Die seien alle blau gestrichen. Zudem sei die Landschaft in Hainewalde, Großschönau, Seifhennersdorf und Warnsdorf “einmalig schön”. Wobei: “Einmalig” kann nicht ganz stimmen. Die Spitzkunnersdorfer schwärmen von allen Gegenden, die sie radelnd erkunden. “Man kommt an Stellen, die man sonst nie sehen würde.”

        Neben der Bewegung und der Natur, die die rüstigen Radler genießen, ist es noch ein weiterer Punkt, den sie nicht mehr missen möchten: die Gemeinschaft. “Wir sind eine richtig verschworene Truppe, unterhalten uns viel und lachen gern”, schwärmt Heidrun Geißler. Und das Wichtigste: Es geht niemand verloren. Dazu hat sich die Gruppe ein Warnsystem ausgedacht. “Jeder hat eine Trillerpfeife mit dabei. Wenn es zu Problemen kommt, einer mal zwischendurch austreten muss oder der Verkehr so stark ist, dass er uns behindert – dann wird gepfiffen”, erklärt Hans Matschulla. So kämen immer alle, die gestartet sind, auch ans Ziel.

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