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Corvette C8 Z06: V8, Rennstrecke, Sound, Fahrbericht

In Europa muss die brachiale Corvette C8 Z06 mit einem geänderten Endrohr-Layout auskommen. AUTO BILD SPORTSCARS will wissen, wie sich das Original fährt. Und, vor allem: anfühlt!

Was tun, wenn in Deutschland Ende März noch Mistwetter herrscht, man seinen Lesern aber einen ersten Fahreindruck von der brandneuen C8 Z06 bieten will? Da trifft es sich gut, dass der Redaktionsleiter ohnehin gerade in der Nähe von Kentucky weilt. Schnell für einen exklusiven Fahrtermin bei Corvette vorbeischauen und das Gefährt über die Teststrecke scheuchen? Die Gelegenheit lassen wir uns nicht entgehen. Das Zuhause von Amerikas Supersportler Nummer eins liegt nur eine gute Stunde nördlich von Nashville, da drängt sich ein kleiner Abstecher förmlich auf.

Urlaub in Nashville? Dann lohnt ein Abstecher ins Corvette-Werk

Das klingt nach Spaß – und beim Thema “klingen” sind wir auch gleich mitten im Geschehen, denn als Instruktor Greg Waldron den mittig im Heck platzierten V8 anwirft, reißen wir erst mal erstaunt die Augen auf. Wir waren ja schon reichlich beeindruckt, als wir die Euro-Z06 Ende 2022 erstmals in der Boxengasse des Lausitzrings hören durften, aber das hier toppt alles. corvette c8 z06: v8, rennstrecke, sound, fahrbericht

Der markanteste Unterschied zum Euro-Modell: die mittige Vierrohranlage mit brutalem Sound.

Bild: Hunter Madison
Erwacht der Flatplane-V8 aus dem Kalten spürt man die exakte Zündfolge im ganzen Brustkasten. Ganz ehrlich: Allein dafür, dass sie uns diesen Genuss vorenthalten, sollte man den EU-Akustikhütern links und rechts eine scheppern. Was wir bekommen, trägt “nur” eine Performance-Variante des Vierrohr-Auspuffs der Stingray – die ist hier optional für das Basismodell.

Die Z06 wurde unter der Hand schon vor Jahren als Rennversion C8 R vorgestellt

Die performantere Version macht derweil keinen Hehl aus ihrer Verwandtschaft zur Renn-Vette. Schließlich versprach Cheftester Oliver Gavin schon vor einem Jahr: So nah am Rennwagen war noch keine Corvette. Hatte er recht. Schließlich war es ebenjene C8 R, die über das Hintertürchen Langstrecke die Z06 schon Jahre zuvor vorgestellt hatte. corvette c8 z06: v8, rennstrecke, sound, fahrbericht

Michael McNally hat den famosen Flatplane-V8 eigenhändig zusammengesetzt und signiert.

Bild: Hunter Madison
Der V8 mit flacher Kurbelwelle, dementsprechend ausgeprägter Drehfreude und (erstmals seit der ZR1 in den 90ern) vier obenliegenden Nockenwellen – das hat nichts, aber auch gar nicht mit dem 6,2-Liter-Pushrod in der Stingray zu tun. Der Sound: ein kreischiger Lustschrei, der erst bei 8600 Touren vom Begrenzer eingefangen wird. Jetzt aber rein in das feuerrote Monster.

Neben dem Pilot Sport 4 S gibt es optional einen ultrapappigen Semislick

Vorher noch mal Reifen checken: Michelin Pilot Sport 4 S lesen wir da – also nix mit den optionalen und ultraklebrigen Semislicks. Kein Problem, das holen wir mit dem längst geplanten Supertest in AUTO BILD SPORTSCARS nach. 275er vorn versprechen schon mal einiges in Sachen Vorderachsstabilität, denn gerade hier hatten wir bei der Stingray Grund zur Kritik. corvette c8 z06: v8, rennstrecke, sound, fahrbericht

Erste Runden mit der neuen Über-Vette auf dem NCM Motorsports-Park in Bowling Green, Kentucky.

Bild: Hunter Madison
Das Einlenkverhalten passt, doch sobald Bremsdruck vom Reifen weicht, schmiert die C8 dezent nach außen ab. Wir sind gespannt. Schon hin zur Boxenausfahrt wirkt die Z06 verspannter, staksiger als eine Stingray – und das meinen wir als fahrdynamisches Kompliment. Das erste Mal bei kalten Pneus durchbeschleunigen, schon muss das Sport-ESP regeln.

Trotz 345er-Reifen im Heck ringt die Z06 um Traktion

Trotz 345er-Walzen hinten: Die volle Kraft bündig mit dem Asphalt zu verschlupfen, wird eine heikle Aufgabe. Also erst mal Temperatur in die Fuhre bringen und die Strecke einprägen. Instruktor Waldron fährt mit einer Basis-Vette voraus, da haben wir mit 680 PS keine Mühe, dranzubleiben. corvette c8 z06: v8, rennstrecke, sound, fahrbericht

Der Schmiede­felge sieht man den Track-­Einsatz deutlich an. Carbon-Bremsstaub rundum.

Bild: Hunter Madison
Nach zwei Runden ziehen wir das Tempo an, die Kurventempi werden höher, gerade in der bissigen Senke von Kurve 20 verbeißt sich der Reifen geradezu im Asphalt, lässt erst leicht abreißen, als wir ausgangs über eine Kuppe prügeln und der Vorderwagen leicht wird. Lastwechsel in den schnellen Wechselkurven? Vom Allerfeinsten und ohne Zucken im Hinterwagen. Bremsstabilität unter Lenkwinkel? Erstaunlich bis respekteinflößend. Besonders gut gefällt uns die instinktive Dosierbarkeit der Carbon-Keramik-Stopper, sobald diese in die Nähe ihres Temperaturfensters kommen.

Ab rund 4500 Touren brennt die Top-Vette ein zweites Feuerwerk ab

Der markanteste Unterschied zur Stingray ist jedoch die Leistungsentfaltung. Und zwar nicht mal deren reine Vehemenz – natürlich sind knapp 200 PS mehr spürbar –, sondern wie der 5,5-Liter seine Power über das Drehzahlband verteilt. Unten noch verhalten, zündet um die 4500 Touren gefühlt der Nachbrenner, prügelt die Z06 bis etwa 6500 mit einem irrwitzigen Durchzug voran – und bis zum Begrenzer sind es ja noch weitere 2100 U/min.


Der LT6 ist ein zivilisierter Rennmotor, trockensumpfgeschmiert, mit Titan-Innereien und nach einer grundlegenden Machart, die für die Corvette so revolutionär ist, wie das Mittelmotor-Layout selbst. Wer jetzt in Richtung C4 ZR1 deutet: Deren 5,7-Liter mit Vierventiltechnik und obenliegenden Nockenwellen wurde bei Lotus in England entwickelt und nicht im Corvette-Werk gebaut. Das Triebwerk der Z06 ist sozusagen der erste moderne High-Performance-V8 aus eigenem Hause – und das macht ihn genauso besonders wie sein markerschütternder Sound. corvette c8 z06: v8, rennstrecke, sound, fahrbericht

Die beiden ­Zusatz­flügel sind optional. Der Z07-Kohlefaser-Flügel wäre das Nonplusultra!

Bild: General Motors

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