- Mercedes will CO₂-Regeln ändern
- Union: Schadstoffregeln lockern
- FDP warnt vor Subventionsgipfel
- Niedersachsenmetall kritisiert E-Auto-Prämie
Die Krise in Deutschlands Autoindustrie spitzt sich zu, Wirtschaftsminister Robert Habeck hat deshalb heute zum Autogipfel geladen. Volkswagen, Mercedes und die IG Metall sagen deutlich, was sie fordern, unter anderem ist eine neue Abwrackprämie in Höhe von 6000 Euro im Gespräch.
Autogipfel: Was die Regierung vorschlägt – und Mercedes, Volkswagen, Opposition und Verbände fordern
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Der Wolfsburger Volkswagen-Konzern will sich einem Medienbericht zufolge beim Autogipfel für eine Neuauflage der Elektroauto-Prämie stark machen. Wie der SPIEGEL berichtet fordert Volkswagen, dass der Staat künftig 4000 Euro zum Kauf eines reinen Elektroautos (BEV) zuschießt, wenn der Hersteller zusätzlich einen Preisnachlass von 2000 Euro gibt. Der Volkswagen-Vorschlag sieht dem Bericht zufolge außerdem vor, die heimische Autoproduktion durch die Berücksichtigung des CO₂-Fußabdrucks eines Autos zu fördern. So erhielten in Frankreich Käufer von E-Autos nur dann eine Förderung von 5000 bis 7000 Euro, wenn ihre Produktion weniger als 14,75 Tonnen CO₂ verursacht. Konkret trifft diese Einschränkung ausschließlich in China produzierte Fahrzeuge.
Mercedes will CO₂-Regeln ändern
Mercedes-Chef Ola Källenius (55) fordert vor dem Autogipfel im Wirtschaftsministerium in der Klimapolitik ein Entgegenkommen der Politik. „Wir müssen über die CO₂-Regulierung in Europa reden”, sagte Källenius dem „Handelsblatt“. Zwar stehe der Stuttgarter Autobauer zum Ziel der Dekarbonisierung der Autoindustrie, „doch die Schätzungen der EU-Kommission waren zu optimistisch, wie sich jetzt zeigt“, sagt Källenius. „Wir können die Kundenwünsche nicht ignorieren.“ Zurzeit stagniere der Absatz von Stromautos bei 10 Prozent. Konkret fordert Källenius eine Erleichterung bei den Klimavorgaben der EU für die Neuwagenflotten, die ab 2025 greifen. Weil die meisten europäischen Hersteller zu wenig Elektrofahrzeuge verkaufen, drohen der Industrie milliardenschwere Strafzahlungen.
In der Wirtschaftskrise 2009 hatte Deutschland schon einmal mit einer Prämie den Austausch von Autos gefördert. 2500 Euro Umweltprämie erhielt damals, wer sein altes Auto verschrotten ließ und ein neues kaufte.
Union: Schadstoffregeln lockern
„Die damalige Abwrackprämie hat bei der Autonachfrage außer einem kurzen Strohfeuer nichts gebracht“, kritisierte CDU/CSU-Fraktionsvize Ulrich Lange (55) die Pläne der SPD. „Dafür gab es aber Chaos bei der Abwicklung und Missbrauch.“ Angesichts der Festlegung auf E-Autos sprach sich Lange für Technologieoffenheit aus. Außerdem solle es finanzielle Entlastungen und Erleichterungen bei den europäischen Schadstoffgrenzwerten für Autos geben.
In diese Richtung zielt auch der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber (52). Er will drohende Strafzahlungen von Autobauern bei den geplanten strengeren Flottenvorgaben beim CO₂-Ausstoß aussetzen. „Wenn zehntausende von Arbeitsplätzen wackeln, dann ist keine Zeit für Bußgeldzahlungen“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“. Die EU will die sogenannten Flottenziele für den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids (CO₂) schrittweise verschärfen.
FDP warnt vor Subventionsgipfel
„Der Autogipfel darf nicht zum Subventionsgipfel werden, sondern muss die grundlegenden Standortbedingungen der deutschen Industrie in den Blick nehmen“, warnte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler (38). „Der Versuch, die Probleme einzelner Unternehmen mit Steuergeld zuzuschütten, wäre zum Scheitern verurteilt, denn auf Subventionen lässt sich kein nachhaltig erfolgreiches Geschäftsmodell aufbauen.“
Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher (53), hält Subventionen für einzelne Unternehmen oder für Energie für einen Irrweg. „Diese helfen nur einzelnen Unternehmen und nicht der gesamten Wirtschaft“. Die Hauptverantwortung für die schwierige Lage in der Automobilbranche liege bei den Unternehmen selbst, nicht bei der Politik, sagte er der Funke Mediengruppe.
Niedersachsenmetall kritisiert E-Auto-Prämie
Der Arbeitgeberverband Niedersachsenmetall kritisiert eine mögliche Neuauflage der E-Auto-Prämie als wenig hilfreich. „Es wäre entschieden zu kurz gedacht, mit ständig neuen Subventionen wie einer Neuauflage der Kaufprämie für E-Autos oder gar einer Abwrackprämie für funktionierende Verbrenner die Misere der Autoindustrie heilen zu wollen“, mahnte Niedersachsenmetall-Chef Volker Schmidt.
Die Krise bei Zulieferern und Autobauern sei die unmittelbare Folge von zuvor nie gekannten Eingriffen der Politik in die Entwicklung von Antriebstechnologien, sagte Schmidt. Die langjährige politische Vorgabe elektrisch angetriebener Autos sei angesichts der zwischenzeitlichen „Entwicklung weiterer alternativer Antriebstechnologien zur Dekarbonisierung des Verkehrs zudem überholt“.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hält eine neue E-Auto-Prämie dagegen für sinnvoll. „Einen spürbaren Nutzen wird sie aber nur dann haben, wenn es gelingt, die potenzielle Käuferschicht zu erweitern“, sagte der IW-Experte Thomas Puls. Der Nutzwert von E-Autos müsse für Menschen erhöht werden, die keine eigene Lademöglichkeit haben.
Greenpeace spricht sich für eine andere Förderpolitik aus. „Statt einer ungerechten und ökologisch schädlichen Förderung von Dienstwagen sollte der Wirtschaftsminister eine Prämie für kleine, sparsame E-Autos bis maximal 30.000 Euro auflegen“, forderte die Umweltschutzorganisation mit. Diese solle mit einer Neuzulassungssteuer für schwere Verbrenner gegenfinanziert werden. Sozial und ökologisch orientierte Verbände forderten eine „sozial gestaffelte Kaufprämie“. Aus Sicht des ökologischen Verkehrsclubs VCD sollten die „weitreichenden Steuerprivilegien für Verbrenner“ ab- und umgebaut werden. Außerdem müsse Schluss sein mit der Debatte um E-Fuels und das Aufweichen von CO₂-Vorgaben.