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"Wie ein Wake-up-Call": Was fehlt Peugeot im Vergleich zur Konkurrenz?

Peugeot konnte den Regen nicht zum Vorteil nutzen

“Le Mans, das sind 95 Prozent harte Arbeit und 5 Prozent Glück. Das macht dieses Rennen so reizvoll”. Als Peugeot-Chefin Linda Jackson diese Sätze in einer Medienrunde spricht, ist die 2024er Ausgabe der 24h von Le Mans (kompletter Rennbericht) gerade erst sechseinhalb Stunden alt. Doch es zeichnet sich schon ab: Dieses Glück scheint Peugeot in diesem Jahr nicht auf seiner Seite zu haben.

Am Ende stehen Platz zwölf für die #93 (Jensen/Müller/Vergne) und Platz elf für die #94 (Di Resta/Duval/Vandoorne) zu Buche. Schon in der Qualifikation hatte sich abgezeichnet, dass Peugeot das Tempo der anderen Teams nicht mitgehen kann, als die Franzosen 1,7 Sekunden langsamer waren als der Spitzenreiter BMW.

Das reichte in dem dicht besetzten Feld mit 23 Hypercars nicht zum Einzug in die Hyperpole. Die ersten acht Fahrzeuge lagen ganze 0,68 Sekunden auseinander, was bei einer Streckenlänge von 13,6 Kilometern ein Wimpernschlag ist. Doch man gab sich bei Peugeot optimistisch. Im Rennen könnte es anders laufen.

“Unsere Fahrer sollen einfach versuchen, Spaß zu haben und Druck herauszunehmen. Dann werden auch ganz automatisch gute Rundenzeiten herauskommen”, sagte Stellantis-Chef Carlos Tavares in der Startaufstellung. Sicher rechnete nicht nur er mit einem überharten Start vieler Piloten ins Rennen, zum Vorteil derjenigen, die sich aus erbitterten Positionskämpfen heraushalten.

Regen lässt Peugeot in Le Mans hoffen

Die Wetterprognosen ließen Peugeot zusätzlich hoffen. Es war Regen angekündigt für die Nacht und den Sonntag. “Ein etwas chaotisches Rennen könnte uns entgegenkommen”, hoffte Jean Marc Finot, Stellantis-Motorsport-Chef, vor Rennbeginn. Frühe Safety-Car-Phasen würden Peugeot helfen, in der Führungsrunde zu bleiben. Doch als er und Linda Jackson ihre Medienrunde abhielten, war das schon nicht mehr der Fall.

“Wir hatten bei Beginn des ersten Regens auf Regenreifen gewechselt. Doch der dauerte dann nicht lang, deshalb brauchten wir einen Stopp mehr als die anderen. Das kostete uns früh diese eine Runde und die bekommt man eigentlich nie mehr wieder”, sagt Nico Müller.

Der Wechsel zwischen trocken und nass sollte sich fortsetzen, bis es schließlich wegen starken Regens am Sonntagmorgen gegen 4 Uhr zu einer Safety-Car-Phase von über vier Stunden Länge kam. “Ich hatte nur einen Stint, in dem es durchgängig trocken war und das war der am Start.”

Auch auf Soft-Reifen zu starten, habe sich als keine gute Wahl erwiesen. “Wir rechneten nicht damit, dass die Sonne herauskommt. Ab 20 Grad funktioniert unser Auto mit dem Medium besser. Das war schade, denn ich konnte in der Startrunde einige Plätze gutmachen.”

Peugeot zu langsam und ohne Glück

Trotz hohen Tempos und aggressiver Manöver blieben Zwischenfälle in der Hypercarklasse in dieser Phase aus. Auch in LMP2 und der GT3 ging es vergleichsweise gesittet zu. Vielleicht kam der Regen dann für Peugeot zu spät. Bis dahin hatten sich die Le-Mans-Debütanten BMW (beide Wagen hatten Unfälle) und Alpine (zweimal Ausfall durch technische Probleme) aus dem Rennen verabschiedet.

Allein half das Peugeot wenig: Um aus eigener Kraft an den dominierenden Toyota, Ferrari, Porsche und Cadillac dranzubleiben, blieb es auch im Renntrimm bei einem ähnlichen Rückstand wie im Qualifying.

Das hatte sich im Vorjahr noch anders dargestellt. Der 9X8 erwies sich damals als zuverlässig und auch schnell, wovon man im Team selber etwas überrascht war, denn vorher hatte man doch mit einigen Problemen zu kämpfen. Es waren Kleinigkeiten, die einen Überraschungserfolg verhinderten.

Ein Jahr später konnte man auch den Regen nicht für sich nutzen. Die #93 erschien als der bis dahin etwas schnellere der beiden Wagen, fiel aber nach drei Durchfahrtstrafen und zwei unglücklich platzierten Reifenwechseln hinter die #94 zurück. “So gesehen können wir sogar froh sein, dass wir nur eine Runde hinter den Spitzenreitern liegen”, meinte Jean Marc Finot in einer Zwischenbilanz am Sonntagmorgen.

“Ein Wake-up-Call”: Was fehlt Peugeot noch?

Dazu kamen noch kleine Ausritte der Piloten. Nico Müller rutschte hinten dem Safety-Car in der Indianapolis-Kurve von der Strecke. “Ich stand wie der größte Amateur im Kies, so etwas ist mir noch nie passiert.” Vermutlich hatte einer der Cadillacs dort Öl verloren. “Ich konnte den Dreher abfangen, aber die Software regelte das Bremssystem so, dass die Vorderachse blockierte.”

Glück dagegen hatte die #93 bei zwei Einschlägen von Mikkel Jensen: “Einmal ist er so heftig eingeschlagen, dass ich dachte, ich kann meine Koffer packen.” Dann kam der Wagen fast unbeschädigt zurück. Doch erklärt das allein den unbefriedigenden Ausgang? Am Ende kämpfte man mit den SC63 von Lamborghini, die als einzige Debütanten ohne größere Probleme durchfahren konnten und auf Platz zehn und 13 landeten.

“Das war schon so etwas wie ein Wake-up-Call. Die Performance ist noch nicht so da, wie wir sie uns vorgestellt haben. Vor allem in Hochgeschwindigkeits-Passagen wie Tertre-Rouge oder den Porsche-Kurven fehlt uns Abtrieb. Dafür ist das Topspeed-Verhalten besser geworden”, fast Müller zusammen.

Verglich man die Zeiten mit der Konkurrenz, dürfte sich die Lücke, die Peugeot noch schließen muss, auf der Le-Mans-Runde bei ein bis zwei Sekunden liegen. “Natürlich ist für uns das Rennen nicht so gelaufen, wie wir es erwartet haben”, sagt Jean Marc Finot. “Wir müssen positiv denken: Der 9×8 ist in der neuen Konfiguration schon schneller gewesen. Der Wagen läuft zuverlässig, damit können wir zufrieden sein.”

Taktische Fehler verhindern besseres Ergebnis

“Aber wir haben eben auch einige taktische Fehler bei der Reifenwahl getroffen.” Auch die Unterschiede im Tempo zwischen #94 und #93 müsse man noch analysieren. “Unter nassen Bedingungen fuhr Stoffel Vandoorne am Morgen mit der #94 die schnellsten Zeiten im Feld.”

Auch die Lamborghinis habe man im Griff gehabt. “Wir gerieten nur einmal in eine Slowzone, als einer der Lambos gerade stoppte. Dadurch verloren wir 40 Sekunden.” Wenn man den neuen 9×8 mit dem alten vergleiche, müsse man außerdem berücksichtigen, dass er eine schlechtere BoP-Einstufung habe.

Nach Imola und Spa hatte der neue 9X8 mit seinem Heckflügel in Le Mans erst seinen dritten Auftritt. Oliver Jansonnie, technischer Direktor, zog ein gemischtes Fazit: “Zum Ende hin lief das Rennen für uns immer besser.” Das neue Konzept mit Heckflügel umzusetzen, sei der richtige Weg gewesen, aber das Team müsse noch am Set-up und der Race-Performance arbeiten.

Der neue Wagen unterscheide sich stark vom Vorgänger. “Was wir als positiven Eindruck aus Le Mans mitnehmen: Wir hatten überhaupt keine Probleme, weder an den Testtagen noch im Rennen. Wir müssen jetzt konsequent an der Performance arbeiten.”

Auch Jansonnie bestätigt wie Müller: “Vor allem die schnellen Kurven sind noch unser Problem. Wir sind Racer, natürlich können wir mit dem Ergebnis, einem elften und zwölften Platz, nicht zufrieden sein. Aber wir werden mit der Erfahrung, die wir hier gesammelt haben, sicher deutlich stärker im nächsten Jahr zurückkehren.”

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