Ein jeder hat seine Methode: In Kotaro Isakas Roman hört der Messerkiller auf den Namen Zikade.
Suzuki ist sauer. Seine Frau ist bei einem Unfall ums Leben gekommen, verschuldet durch den Sohn eines Kriminellen, der keinerlei Reue für die Tat zeigt. Also beschließt der junge Mann, der eigentlich ein milder Mensch und Lehrer ist, Rache zu nehmen. So viel verrät schon der Titel von Kotaro Isakas Thriller „Suzukis Rache“. Der Lehrer hat sich also in die Organisation des Kriminellen eingeschleust, arbeitet daran, das Vertrauen des Mörders seiner Frau zu gewinnen und muss dabei feststellen, dass ihr Leben nicht das einzige ist, das der Gangster auf dem Gewissen hat.
Kotaro Isaka: „Suzukis Rache“. Thriller. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2023. 304 S., geb., 24.– €.
Internationaler Durchbruch
Der Wal wird einmal mit einem Geist diskutieren, in welcher Form dieser wiedergeboren werden will. Von derlei Mystik abgesehen könnten Isakas Auftragskiller, die hier fast ausschließlich den Roman bevölkern – Zivilpersonal kommt kaum vor –, genauso gut in einer europäischen oder amerikanischen Metropole ihr Unwesen treiben.
Was Isaka schreibt, klingt manchmal direkt wie aus einem amerikanischen Film, merkte ein japanischer Literaturkritiker einmal an. Da gehörten die Bücher des Autors zwar schon in Japan zu den Bestsellern, – mehr als vierzig Romane hat er in seiner Heimat mittlerweile veröffentlicht, einige sind dort auch als Film adaptiert worden –, Isaka war jedoch erst dabei, auch im englischsprachigen Ausland berühmt zu werden. Den Durchbruch brachte ihm 2022 die Verfilmung seines Romans „Maria Beetle“, der als amerikanischer Actionfilm „Bullet Train“ mit Brad Pitt in die Kinos kam.
Inspiriert von Agatha Christie und Ellery Queen
Das Schreiben war für den Autor nie ein Hobby, auch wenn er es lange nebenher betreiben musste. Noch als Student begann er mit Kurzgeschichten. Als er nach dem Studium als Ingenieur arbeitete, stand er jeden Morgen um 5 Uhr auf, um Szenen für seine Bücher auszuarbeiten. Manchmal setzte er sich auch nach der Arbeit noch an seinen Laptop und schrieb weiter. Im Jahr 2000 erschien sein erster Roman in Japan, er erhielt sofort Preise. Zwei Jahre später überzeugte ihn seine Frau davon, den Ingenieursjob an den Nagel zu hängen und sich komplett den Büchern zu widmen.
Als Kind hatte er Krimis verschlungen, liebte Agatha Christie und Ellery Queen. Mit den klassischen Whodunits haben seine Romane aber wenig zu tun. Die finden sich eher bei seiner japanischen Konkurrenz, von der in den vergangenen Jahren so einiges auf Deutsch erschien. Man denke an Riku Ondas „Die Aosawa-Morde“ (F.A.Z. vom 2. Mai 2022), in denen eine Familie bei einem rauschenden Fest an Zyanid in den Getränken stirbt und nur die blinde Tochter überlebt; oder an das Werk des japanischen Krimimeisters Seishi Yokomizo, das hierzulande gerade entdeckt wird. Der Kriminalroman „Die rätselhaften Honjin-Morde“ (F.A.Z. vom 7. November 2022), in dem ein Ermittler in den späten Dreißigerjahren den Mord in einem geschlossenen Raum aufzuklären versucht, in dem ein frischvermähltes Paar des Nachts mit einem Samurai-Schwert umgebracht wurde, machte im vergangenen Jahr den Anfang. Weitere Übersetzungen seiner Bücher, die sprachlich wie in ihrer Erfindungsgabe in nichts den Krimiklassikern des westlichen Kanons nachstehen, folgen nun.
Isaka schreibt anders, weniger feinsinnig, weniger sprachsensibel, was schlicht an der Wahl der Untergenres liegt. Sein Debüt kratzte noch am Fantasy-Genre, in dem es einem Polizisten eine sprechende Vogelscheuche und eine Katze zur Seite stellte, die das Wetter vorhersagen kann. Seitdem widmet er sich harten Thrillern, in denen Messer und Stöcke gern detailliert in Körperteilen landen. So ist das auch in „Suzukis Rache“ – wo ausschließlich Auftragskiller unterwegs sind. Nur die Figur Suzukis, die für dieses Spiel nicht gemacht ist, zieht mit ihrer Unbeholfenheit die Sympathien der Leser auf sich, Man hofft, dass sie überlebt.
Kotaro Isaka: „Suzukis Rache“. Thriller. Aus dem Japanischen von Sabine Mangold. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2023. 304 S., geb., 24.– €.