Der stärkste Bentley aller Zeiten
Und der Achtzylinder, den wir auch aus dem Panamera kennen, ist ja mit seinen 600 PS und 800 Nm schon alleine kein Schwächling. Und wenn ihm die E-Maschine mit noch einmal 190 PS und 450 Nm zur Seite steht, wird der Continental mit vereinten 782 PS und 1000 Nm zum Spitzentrumpf im Autoquartett des eiligen Adels – und der W12 mit zuletzt 659 PS und 900 Nm entschwindet selig in der Erinnerung.
Bentley Continental GT: Verkaufsstart im Herbst
Zu erkennen ist die neue Generation auf Anhieb, selbst wenn die Abmessungen sich kaum verändern. Aber dafür ist das Vier-Augen-Gesicht jetzt Geschichte, die Konturen sind geglättet, die Flanken wirken noch muskulöser und das Heck noch knackiger – und ruhiger. Denn mit viel aerodynamischem Feinschliff haben die Briten den ausklappbaren Spoiler überflüssig gemacht und dem Beau damit einen großen Dienst erwiesen.Auch innen lebt Bentley weiter jene opulente Dekadenz, die den Continental von einem fast schon nüchternen BMW 8er genauso unterscheidet wie den sehr viel sehnigeren Konkurrenten von Aston Martin oder Ferrari – von den faustgroßen Luftausströmern, die für die Klimaanlage aus dem Vollen gefräst werden, über das ins Leder geprägte Diamant-Muster in den Türtafeln bis hin zu den aufwendig vernähten Sitzen, die eher Sessel oder noch besser: Fauteuils sind – und einen auch viele Tausend Kilometer bequem tragen. 
Und all das gipfelt in dem digitalen Triptychon, das sich wie eine Tafel Toblerone im weitgehend von der Elektronik definierten Armaturenbrett dreht und neben dem Navi-Bildschirm dann auch drei klassische Uhren oder einfach nur ein in Klavierlack getauchtes Zierteil zeigt.Während der Bentley so weiter mit jeder Faser nach Aufmerksamkeit schreit, geht die Fahrt selbst dagegen leiser los, als es mit dem Zwölfzylinder je war. Denn wo der allenfalls gesäuselt hat, surrt der neue Continental jetzt tatsächlich still aus der Tiefgarage durch die Stadt und zur Not bis ans erste Zwischenziel – schließlich fasst der Akku im Kofferraumboden 25,9 kWh und reicht für etwa 80 Kilometer, während die E-Maschine bei ihrem Solo bestenfalls 140 km/h schafft.
In 3,2 Sekunden von 0 auf 100
Aber die Stille ist genauso schnell vorbei wie die Zufahrt zu einem der vielen Pässe, die Bentley auf die Route für die Jungfernfahrt gelegt hat, und mit einem beherzten Kick-down tritt der Achtzylinder zur Arbeit an. Vielleicht nicht ganz so sonor, aber mindestens genauso seriös und souverän flutet sein Grollen die engen Täler, und der vereinte Punch beider Motoren straft die Physik Lügen: Trägheit der Masse? Sorry, I don’t get you, scheint der Bentley zu sagen, und braucht dafür länger als von 0 auf 100.Denn diese Übung schafft er jetzt in 3,2 Sekunden und nimmt dem Vorgänger damit die kleine Ewigkeit von drei Zehntel ab. Und wenn es hier eine längere Gerade gäbe, wären schon bald die gleichen 335 km/h drin wie beim W12-Modell. 
Aber der Continental wird nicht nur stärker und beschleunigt besser. Sondern gerade auf den verwinkelten Kehren über den Alpenhauptkamm spürt man auch, dass der Wagen spürbar handlicher wird. Da hilft zum einen natürlich die bessere Balance mit dem leichteren Motor im Bug und der schwereren Batterie im Heck. Und es hilft das neue Fahrwerk mit der Zweiventil-Dämpfung, die schneller reagiert und eine größere Spreizung zwischen Landstrecken-Komfort und Rundstrecken-Kompromisslosigkeit erlaubt.Nicht, dass außer den Entwicklern je einer auf die Idee käme, so ein Auto tatsächlich auf die Rennstrecke zu führen. “Doch die Idee eines Gran Turismo ist es, dass man ihn auf jeder Straße fahren möchte”, sagt Entwicklungsvorstand Matthias Rabe. Egal ob Autobahn oder Landstraße an der Küste oder in den Bergen, und eben auch auf einem Rundkurs. 
Und diese Idee hat Bentley auch mit dem neuen Continental wieder perfekt umgesetzt – was diesmal keine leichte Übung war. Schließlich stecken auch die Briten tief in der Transformation und müssen irgendwie den Weg in die neue Zeit finden. Und da ist der neue Continental ein guter Schritt in die richtige Richtung.Im Elektromodus noch leiser als der leiseste Zwölfzylinder und mit vereinten Kräften noch viel stärker – so machen die Briten den König der Motoren zwar schnell vergessen und weisen mit dem neuen Continental den Weg ins Elektrozeitalter. Doch wird das wohl noch etwas länger auf sich warten lassen als bislang gedacht. Denn auch wenn der neue Vorstandschef an der Premiere des ersten Elektromodells für 2026 festhalten will, soll der Wandel zur rein elektrischen Luxusmarke nicht mehr ganz so flott über die Bühne gehen wie geplant – und weitere Trostpflaster können deshalb erst einmal in der Hausapotheke bleiben.
