Bentley

Bentley Continental GT

Bentley Continental GT: Fahrbericht

Der erste vollelektrische Bentley lässt zwar noch auf sich warten. Aber wenn im Herbst 2024 der neue Continental kommt, gibt's zumindest mal einen Plug-in-Hybrid, der beim ersten Test im Prototyp sogar den Zwölfzylinder vergessen macht.

Bentley schlägt neue Töne an. Und die sind erst mal ziemlich leise. Denn wenn die Prototypen des nächsten Continental GT zur ersten Begegnung aus der Boxengasse fahren, dann hört man nicht viel mehr als ein Surren.Schließlich können sich auch die Briten nicht der neuen Zeit erwehren und setzten beim Update ihres Gran Turismo, das sie selbstbewusst als vierte Generation feiern, deshalb auf einen elektrischen Antrieb.Allerdings nur einen, der dem Verbrenner aushilft und ihn (noch) nicht ersetzt. Denn das wäre der Marke, die es dem Wolfsburger W12-Motor sei Dank zum größten Zwölfzylinder-Produzenten der Welt gebracht hat, des Guten dann doch noch zu viel. Bis in zwei Jahren der erste rein elektrische Bentley kommt, entwöhnen die Briten die Enkel der in Benzin gebadeten Bentley-Boys stattdessen mit einem neuen Plug-in-Hybrid, der deutlich stärker ist und vor allem leidenschaftlicher als das vernunftgesteuerte Doppel im Bentayga.bentley continental gt: fahrbericht

Der neue Bentley kommt zusammen mit dem E-Motor auf eine Systemleistung von 782 PS.

Bild: BentleySchließlich ist der Continental ein Genuss-Auto, das man um des Fahrens fährt und nicht, um anzukommen, sagt Entwicklungsvorstand Matthias Rabe und gibt dem Begriff des Gran Turismo damit seinen wahren Sinn zurück.Und von diesem Genuss bietet der große Zweitürer reichlich. Denn spätestens wenn nach etwa 80 Normkilometern der 25,9 kWh große Akku unter dem Kofferraumboden leer ist oder wenn man am Ende der Boxengasse den rechten Fuß etwas weiter senkt, dann meldet sich anders als im Bentayga kein V6 zu Wort, sondern ein ausgewachsener Achtzylinder, der im Team mit der E-Maschine alle Erinnerungen an den W12 tilgt. Schließlich hat allein der vier Liter große Turbo 600 PS.bentley continental gt: fahrbericht

Von 0 auf 100 km/h benötigt das neue Modell 3,3 Sekunden, Top-Speed: 335 km/h.

Bild: BentleyZusammen mit dem E-Motor steigt die Systemleistung auf 782 PS. Das sind 120 PS oder fast 20 Prozent mehr als bei der letzten Ausbaustufe des W12 und macht den neuen Continental zum bislang stärksten Bentley aller Zeiten. Und Bentley wäre nicht Bentley, wenn sie nicht noch ein bisschen was in Reserve hätten.

Bentley Continental: 1000 Nm Drehmoment

Entsprechend tief fährt einem die in Samt gehüllte Faust in den Magen, wenn man das Pedal ans Bodenblech heftet und dann glatte 1000 statt bislang auch nicht gerade magere 900 Nm ihren Kampf mit der Schwerkraft aufnehmen.Ja, der Continental ist mit seinen gut 2,5 Tonnen Stahl, Lack und Leder schwer wie ein Nilpferd im Nerzmantel. Aber bei so viel Drehmoment kommt selbst der schwerste Dickhäuter in Wallung: 3,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h strafen das Gesetz von der Trägheit der Masse lügen und lassen die sentimentale Sehnsucht nach dem W12 weiter schwinden.Schließlich hat der für diese Übung drei Zehntel mehr gebraucht. Mit 335 km/h Topspeed liegen beide Varianten gleichauf – und deutlich vor den wenigen anderen Autos, die in dieser Liga überhaupt unterwegs sind.Und wer sich vor seinen Nachbarn, seinen klimabewegten Kindern oder seinem CO2-Buchhalter rechtfertigen muss, der kann auf einen Verbrauch verweisen, der zumindest in der Norm nur ein lachhaftes Zehntel des Zwölfzylinders ausmacht.bentley continental gt: fahrbericht

Der Plug-in-Hybrid ist mit einem 4,0-Liter-Achtzylinder-Turbo ausgestattet, der allein 600 PS beisteuert.

Bild: BentleyAber Entwicklungschef Matthias Rabe geht es bei diesen Runden auf der Rennstrecke nicht alleine um die Längsdynamik. Sondern seine Mannschaft hat auch noch einmal an der Querdynamik gearbeitet. Der Achtzylinder ist leichter als der W12, mit der Batterie im Heck ist die Balance besser und ein neues Fahrwerk mit Zweiventil-Dämpfern ermöglicht eine größere Spreizung zwischen dem Komfort auf der Landstraße und der Bestimmtheit auf einem Rundkurs. Dazu noch die bekannte Hinterachslenkung und schon geht der Brite erstaunlich behände ums Eck.Weil es ja schließlich mehr sein soll als ein Facelift, haben sie natürlich neben Antrieb und Fahrwerk auch die Ausstattung verfeinert und das Design überarbeitet. Und selbst wenn sich der Prototyp noch in Tarnfolie kleidet, kann man ein paar Details dabei schon erkennen. Das Vier-Augen-Gesicht zum Beispiel ist jetzt Geschichte und das Heck ist so aerodynamisch optimiert, dass es offenbar keinen ausfahrbaren Spoiler mehr braucht.bentley continental gt: fahrbericht

Auch in puncto Drehmoment ist der neue Continental GT (1000 Nm) seinem Vorgänger (900 Nm) überlegen.

Bild: BentleyAuch innen erkennt man ein paar neue Feinheiten und Finessen, wie neues Strukturen im Leder und noch mehr Zierrat aus der Sattlerei. Vor allem aber sieht man ganz beruhigt ein paar vertraute Details, die Bentley-Fahrer nicht mehr missen wollen. Das gilt für die Orgelzüge der Klimaregelung genauso wie für die Toblerone, die sich im Cockpit dreht und mal den großen Navi-Bildschirm nach vorne bringt, mal drei analoge Uhren und mal nur eine Zierkonsole. So geht Digital Detox für die Hautevolee.Natürlich weiß auch Matthias Rabe, dass sich ein Bentley Continental in Kundenhand wohl nie auf die Rennstrecke verirren wird. Doch gibt es kein besseres Terrain als einen verwundenen Rundkurs, um die dynamischen Qualitäten des eiligen Earls zu demonstrieren. Erst recht nicht, wenn die Prototypen noch geheim sind und nicht zugelassen.Aber bald gibt es ja auch eine Jungfernfahrt auf öffentlichen Straßen, wo ein Gran Turismo hingehört und Rabe hat schon eine Idee, wo er die machen möchte. Denn die deutsche Autobahn ist ihm dafür fast schon zu langweilig und in Amerika sind die Tempolimits zu streng.Viel eher liebäugelt er deshalb mit einer Ecke von England, wo es alles gibt, was der Continental braucht: faszinierende Küstenstraßen, Kurven mit allen erdenklichen Radien, Asphalt mal so glatt wie ein Babypopo und mal so pickelig wie die Wangen eines Pubertisten und vor allem keine Geschwindigkeitsbegrenzung – das macht die Isle of Man zum idealen Terrain für den ersten Test.Und falls dort ausnahmsweise mal Sommer sein sollte, hat Mr. Rabe noch ein Ass im Ärmel: Natürlich gibt's zum Coupe auch wieder ein Cabrio.

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