Finanzen

Wirtschaft

Wirtschafts-nachrichten

Warum Deutsche E-Autos nicht mögen

Nur 23 Prozent der Deutschen ziehen laut einer aktuellen Umfrage den Kauf eines E-Autos grundsätzlich in Betracht. Das kann man für eine gestrige Haltung halten. Doch die Gründe verraten viel darüber, wo es bei der Verkehrswende hapert.

warum deutsche e-autos nicht mögen

Strom zu tanken, finden viele Deutsche nicht attraktiv.

Ein gutes Jahrzehnt noch, dann soll es in der EU keine neuen Verbrenner-Autos mehr gehen. Gerade erst hat das Europa-Parlament die Null-Emissions-Vorgabe für 2035 verabschiedet, da veröffentlicht das Allensbach-Institut eine Umfrage, die in Zahlen fasst, wie sehr die Deutschen gewillt sind, auf E-Autos zu setzen: nämlich eher nicht. Laut der Erhebung für die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften ist zwar eine Mehrheit überzeugt, dass sich der Elektroantrieb in den kommenden zehn Jahren durchsetzt, aber nur 22 Prozent halten dies für wünschenswert. Das spiegelt sich auch in den Kaufvorhaben. Der Kreis, für den der Erwerb eines E-Autos grundsätzlich in Betracht kommt, stagniert demnach bei 23 Prozent.

Das klingt einmal mehr nach deutschem Technologie-Konservatismus. Nachdem erst die deutsche Automobilindustrie die Wende bei der Antriebstechnik verpennt hat, scheinen nun die Verbraucher die Signale der Zeit nicht sehen zu wollen und stur zu verweigern, was doch so kommen wird. Doch das ist zu kurz gegriffen. In der E-Auto-Skepsis der Deutschen steckt womöglich mehr Umweltbewusstsein, als es scheint. Denn natürlich gibt es nachvollziehbare Gründe gegen E-Autos, die von den Befragten auch klar benannt werden: der derzeit noch hohe Kaufpreis, zu wenig Ladestationen, der Preis für Strom sowie Zweifel an der Umweltbilanz. In der Tat rechnen sich E-Autos auch angesichts der aktuellen Strompreise viel zu wenig. Und die Verengung der Debatte auf den Ausstoß von Abgasen ist irreführend. Wie groß ist der Ressourcenverbrauch zur Produktion neuer Autos? Wie viele problematische Stoffe wie Seltene Erden werden verbaut? Was wird für den Strom verheizt, mit dem die Autos fahren? Zumindest diese Kernfragen sind bei der Umweltbilanz zu bedenken. Sie entzaubern die Vorstellung, der Kauf eines neuen E-Autos sei für die Umwelt eine gute Tat.

Eine echte Verkehrswende müsste also den Massentransport von Menschen so attraktiv machen, dass mehr Menschen gar kein Auto mehr benötigen. Und zwar nicht nur in Berlin-Mitte. Laut Allensbach halten jedoch 72 Prozent der Befragten ihr Auto für unverzichtbar. 47 Prozent nutzen es täglich und weitere 23 Prozent mehrmals in der Woche. Das Fahrrad wird von 18 Prozent täglich genutzt. Bus und Bahn sehen in Großstädten 30 Prozent als ernsthafte Alternative. In Dörfern liegt der Anteil bei 14 Prozent. In Wahrheit sind das die alarmierenden Zahlen.

Es ist ja nicht nur Bequemlichkeit, die Menschen davon abhält, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen: Unpünktlichkeit, Unerreichbarkeit und auch der Preis verhindern, dass öffentlicher Transport endlich die wahre Alternative wird. 52 Prozent der regelmäßigen Nutzerinnen und Nutzer halten den ÖPNV für teuer. Das geplante 49-Euro-Ticket könnte das verändern. 64 Prozent begrüßen die Pläne. Die anderen Abstriche aber bleiben und könnten sich wegen der Mindereinnahmen der Verkehrsverbünde gar verschärfen.

Verbraucher kalkulieren meist recht nüchtern, was Neuerungen wirklich bringen. Das ist auch im Verkehrssektor so, darum sind Appelle ans Umweltbewusstsein das eine. Vor allem muss die Verkehrswende durch ihr Angebot überzeugen. Wie lang der Weg dorthin noch ist, machen Umfragen wie die aktuelle deutlich.

TOP STORIES

Top List in the World