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Vom Außenseiter zum Favoriten: Audi mit Hybrid-Antrieb zum Sieg bei der Rallye Dakar?

Audi will erstmals mit Hybrid-Antrieb die Rallye Dakar gewinnen. Nach bescheidener Premiere im letzten Januar gelten die RS Q e-tron jetzt als Siegkandidaten.

vom außenseiter zum favoriten: audi mit hybrid-antrieb zum sieg bei der rallye dakar?

Mattias Ekström war im Audi RS Q e-tron bei der Rallye Marokko schon schnell unterwegs. IMAGO/PanoramiC

So schnell kann’s gehen. Der Einstand von Audi bei der Rallye Dakar im letzten Januar fiel aufgrund technischer Probleme noch durchwachsen aus. Der zweimalige DTM-Champion Mattias Ekström kam als bestplatzierter Audi-Pilot auf Rang neun ins Ziel, fast drei Stunden hinter Sieger Nasser Al-Attiyah (Toyota). Technisch zu komplex und damit zu defektanfällig für die Wüste, urteilte die Konkurrenz über den Hybrid-Antrieb des RS Q e-tron.

Doch damit unterschätzte sie die Mannschaft, die sich aus Audi-Werksingenieuren und dem in Groß-Gerau beheimateten Einsatzteam Q Motorsport zusammensetzt. Weniger als ein Jahr später hat sie die Technik im Griff. Bei der Rallye Marokko im Oktober, von allen großen Teams als Test für die Rallye Dakar genutzt, waren die Audi die Schnellsten. Ekström und seine Teamkollegen Stephane Peterhansel und Carlos Sainz mussten allerdings außerhalb der Wertung fahren.

Anspruchsvolle “Dakar” startet an Silvester

Diese Einschränkung haben sie bei der Rallye Dakar nicht. Wenn am 31. Dezember das Wüstenspektakel zum 45. Mal gestartet wird, zählt das schwedisch-französisch-spanische Audi-Trio zu den Favoriten.

Verantwortlich dafür ist auch die Streckenführung, nach Ankündigung des Veranstalters die längste und anspruchsvollste seit dem Umzug nach Saudi-Arabien. Die Route führt über rund 8.500 Kilometer von der Retortenstadt Sea Camp am Roten Meer nach Dammam am Persischen Golf. Etwa 4.700 Kilometer werden gegen die Stoppuhr gefahren. Ein Ruhetag in der Landeshauptstadt Riad teilt die 14 Tagesetappen. Während sich die erste Halbzeit auf weitgehend bekanntem Gebiet mit viel Geröllwüste abspielt, steht nach der Pause die Durchquerung der größten Sandwüste der Welt auf dem Programm.

Rub Al-Chali, das berüchtigte “Leere Viertel”, besteht auf einer Fläche von der Ausdehnung Frankreichs fast ausschließlich aus mächtigen Dünenfeldern. “Die Prüfungen sind hier zwar zum Teil weniger als 200 Kilometer lang. Aber die haben es in sich, auch die Navigation wird sehr kompliziert”, verspricht David Castera, Sportlicher Direktor der Rallye.

Wie schon bei der letzten “Dakar” erhalten die Teilnehmer die Streckeninformationen erst wenige Minuten vor dem Start einer Etappe. Das macht die Aufgabe für die Sieger des Vortages extrem kompliziert. Die müssen jeweils als Erste auf die Strecke und legen so unfreiwillig eine Spur für die Verfolger. Im Rub Al-Chali lauert außerdem eine  sogenannte Marathon-Etappe. Sie führt über zwei Tage. In der Nacht dazwischen müssen die Teilnehmer ohne ihre Servicemannschaften auskommen und können nötige Reparaturen nur mit Bordmitteln durchführen.

Zurück zu den Anfängen – und zu weniger schweren Unfällen

Castera will seine Rallye auch mit diesen Maßnahmen wieder dichter an ihre Ursprünge heranführen. Die Premiere des heute legendären Wüstenmarathons führte 1979 von Paris nach Dakar im Senegal. Nachdem die politische Lage in Nordafrika zunehmend unberechenbarer wurde, verlagerte sich die Rallye 2009 nach Südamerika. Die besseren Verdienstmöglichkeiten für Veranstalter ASO, der auch die Tour de France organisiert, führten vor drei Jahren zum Umzug nach Saudi-Arabien. Damals erntete die Streckenführung wegen der hohen Geschwindigkeiten scharfe Kritik. Formel-1-Star Fernando Alonso überschlug sich spektakulär. Viele Motorradfahrer stürzten heftig, zwei kamen ums Leben.

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Neben der schwierigeren Strecke soll jetzt auch reduzierte Motorleistung die Gefahr von schweren Unfällen verringern. Vorjahressieger Nasser Al-Attiyah hat dieses Mal rund 45 PS weniger unter der Haube seines Toyota. Rund 360 PS gibt das in Südafrika beheimatete Team für den 3,5-Liter-V6-Turbobenziner zu. “Dadurch wird unser Vorteil auf den schnellen Abschnitten kleiner. Und in den Dünen, die einen großen Teil der Strecke ausmachen, hat Audi sowieso bessere Karten”, befürchtet Al-Attiyah.

Erfolg durch das Audi-Konzept?

Der viermalige Sieger aus Katar ist nicht der Einzige, der das deutsche Werksteam zu den Favoriten zählt. Die Streckenführung mit hohem Sandanteil ist wie geschaffen für die spezielle Antriebstechnologie des RS Q e-tron. Hinter dessen Cockpit röhrt ein Turbobenziner mit zwei Litern Hubraum, ein Überbleibsel aus der DTM. Der Vierzylinder ist allerdings lediglich zur Stromerzeugung an Bord. Die Räder werden von zwei Elektromotoren angetrieben, die zusammen rund 390 PS leisten. “Das Drehmoment ist praktisch immer da, außerdem müssen wir nicht schalten”, beschreibt Dakar-Rekordsieger Peterhansel die Vorteile dieses Konzeptes.

Das griff bei Audis Dakar-Premiere im Januar 2022 noch nicht ganz. Doch vier Tagessiege auf den 13 Etappen waren eine erste Warnung an die Konkurrenz. Im März feierte Peterhansel beim Weltmeisterschaftslauf in den Vereinigten Arabischen Emiraten den ersten Sieg. Daraufhin griffen die Regelmacher ein. Sie erhöhten das Mindestgewicht des RS Q e-tron von 2.000 auf 2.100 Kilogramm und begrenzten die maximale Energieaufnahme der Elektromotoren. Ohnehin ist die Höchstgeschwindigkeit auf 170 km/h limitiert – rund 15 km/h weniger als beim Toyota.

Audi entwickelte daraufhin den Wüsten-Renner praktisch komplett neu. “Bei der Karosserie haben wir nicht ein Teil vom Vorgängermodell übernommen”, sagt Chefdesigner Alex Löffler zu dem Evolutionsmodell, das an ein Boot auf Rädern erinnert.

Ein weiterer Trumpf von Audi ist die extrem starke Besetzung. 14 Dakar-Siege hat Peterhansel auf dem Konto, der zweimalige Rallye-Weltmeister Sainz auch schon drei. Ekström fährt erst zum dritten Mal mit, gewann zuletzt immerhin schon eine Etappe. Das Einsatzteam hat unter dem Namen X-Raid mit Mini bereits sechs Dakar-Siege gefeiert.

Loeb in Außenseiterrolle

Im Kampf des Audi-Trios gegen Toyota-Star Al-Attiyah spielt der neunmalige Rallye-Weltmeister Sebastien Loeb die Rolle des Außenseiters. Der Franzose fährt für das englische Privatteam Prodrive. Dessen Prototyp namens Hunter wird von einem 3,5-Liter-Turbobenziner aus dem Hause Ford angetrieben. Die Leistung dürfte wie beim Toyota bei rund 360 PS liegen. Wie Audi will Prodrive mit Biosprit als Kraftstoff ein Zeichen in Sachen Nachhaltigkeit setzen.

Insgesamt gehen rund 500 Teams ins Rennen. Neben den mehr oder weniger konventionellen Autos, den Trucks und den Motorrädern starten auch zweisitzige Quads. In dieser Klasse tritt die Brandenburgerin Annett Fischer an. Darüber hinaus machen sich rund 90 Teams in historischen Rallyefahrzeugen auf den Weg quer durch Saudi-Arabien. Die Oldtimer fahren allerdings nicht volles Rohr, sie müssen vorgegebene Sollzeiten einhalten. Aber schon das ist in den Dünen alles andere als eine Spazierfahrt.

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