- Kia Niro: Elektrisch oder lieber Benziner?
- Karosserie und Innenraum
- Bedienung und Infotainment
- Fahrwerk und Fahrverhalten
- Antrieb und Verbrauch
- Das kann der E-Niro
- Das kann der Benziner
- Kosten und Ausstattung
Kia Niro im Vergleich: Elektro-Version gegen Hybrid-Benziner Focus Online
Ähnlich wie BMW bieten Hyundai und Kia einige Modelle mit verschiedenen Antriebsarten an. So auch Kia beim neuen Niro. FOCUS Online vergleicht den Benziner mit Hybridmodul und den reinen Elektro-Niro. Für welchen von beiden sollte man sich entscheiden?
Nicht nur optisch, auch technisch und bei der Qualität haben sich Koreas Autobauer längst zu harten VW-Gegnern entwickelt. Und auch bei der Emobilität sind die Modelle von Hyundai und Kia Konkurrenten für die ID-Modelle von VW. Dabei setzen die Asiaten sowohl auf reine E-Entwicklungen wie den Kia EV6 / Hyundai Ioniq 5 als auch Mehrzweck-Plattformen, die verschiedene Antriebe beherbergen. So gibt es bei Hyundai den Kona als Verbrenner oder E-Version und auch der Kia Niro fährt mehrgleisig.
Kia Niro: Elektrisch oder lieber Benziner?
Die neue Generation des Niro, optisch deutlich moderner und jünger unterwegs als der etwas langweile Vorgänger, hat FOCUS online nun in zwei Versionen getestet: Als Elektroversion E-Niro und als Benzinversion mit Mikro-Hybridmodul (HEV). Wer überzeugt am Ende mehr?
Kia Niro HEV – mit Benzinmotor und kleinem Hybridmodul Viehmann
Karosserie und Innenraum
Auch innen unterscheidet die beiden Modelle wenig. Der Kofferraum des Benziner-Niros ist etwas kleiner als der des Elektroautos, wobei der Unterschied im Alltag kaum spürbar ist. Bei umgelegten Rücksitzen passen mehr als 1400 Liter in den Wagen. Etwas knapp wird es im Fond. Für Erwachsene ist die Kniefreiheit nicht üppig, bei montierten Kindersitzen ist zwischen der Vordersitzlehne und den verschmutzten Gummistiefeln der Kids auch nicht viel Platz.
Kia E-Niro an der Ladestation Viehmann
Das Cockpit ist eine der Stärken des Niro, vom schicken Lenkrad über den breiten, perfekt ins Armaturenbrett integrierten Monitor bis zur Mittelkonsole mit großen Becherhaltern, Staufächern und drahtloser Ladeschale fürs Handy. Auch hier gibt es keine Unterschiede zwischen Elektro- und Benziner-Version, sogar der große runde Drehknopf ist identisch. Er dient sowohl beim Elektroauto als auch beim Benziner mit seinem serienmäßigen Automatikgetriebe als Fahrtstufen-Wahlschalter. Klickdown Mercedes EQB – Gegner des Tesla Model Y: Das kann der Mercedes EQB
Bedienung und Infotainment
Sehr gut funktioniert Kias Sprachsteuerung, was auch eine große Hilfe ist, denn die Bedienung des Navigations- und Infotainmentsystems ist manchmal arg verschachtelt; vor allem die Eingabe von Navigationszielen. Dabei hilft selbst die innovative Bedienleiste nicht, die – viel intuitiver als VW beim Golf 8 – die Bedienung mit einer Doppel-Funktion ausstattet: Je nach Modus regelt man das Navi oder die Klimatisierung darüber.
Fahrbericht Kia Niro Kia Niro Plug-in-Hybrid / Bild: press-inform / Kia
Gegen Aufpreis im Technologie-Paket (1290 Euro) hat der Niro ein empfehlenswertes Head-Up-Display an Bord. Daten werden in die Windschutzscheibe projiziert und nicht in einer „Spar“-Lösung in eine Extra-Scheibe davor. Auch der Abstandsregeltempomat mit Spurführung funktioniert gut. So richtig negativ fiel während des Tests nur die Reifendruck-Kontrollanzeige auf, die nach dem Wechsel auf Winterreifen ständig Fehlalarm produziert, sich aber im Menü auch nicht resetten ließ – übrigens bei beiden Testwagen.
Im Navigationssystem fehlt zudem eine schnellere Suchmöglichkeit für Ladesäulen, die zu tief im Menü versteckt ist. Bei der Suche werden nicht funktionierende Säulen zart rot markiert; das kann man aber leicht übersehen. Praktisch ist de Möglichkeit, die Suche nach Säulenart (also z.B. nur HPC-Schnellladsäulen) und Anbietern zu filtern.
Fahrwerk und Fahrverhalten
Der Niro ist für seine kompakte Größe ziemlich schwer, vor allem die Elektro-Version mit 1,8 Tonnen Leergewicht. Aber auch der normale Niro bringt fast 1,6 Tonnen auf die Waage. Trotzdem fahren sich beide Autos ziemlich flink – mit einem leichten Vorteil für den Elektro-Niro, dessen schwere Akkus im Unterboden ihn besonders gut auf der Straße halten. Der Hybrid-Niro fährt sich in schnellen Kurven und bei Lastwechseln eine Spur schwankender und unpräziser. PUSH – Fit fürs Verbrenner-Verbot – Mehr Power, mehr Reichweite: Die heißesten E-Autos der nächsten Jahre
Beide Fahrzeuge eignen sich eher für gemütliche Fahrten, was ihrem Charakter aber auch entgegenkommt, und sind in ihrem Vorwärtsdrang ohnehin bei 165 km/h begrenzt. Bei der Beschleunigung und Elastizität beim Überholen hat der Elektro-Niro die Oberhand: Er spurtet in 7,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h, der Benziner braucht dafür 10,8 Sekunden. Beim Fahrspaß kann also unterm Strich das E-Auto mehr überzeugen.
Antrieb und Verbrauch
Batterie oder Benziner mit Mini-Hybrid – das sind die beiden Pole des Niro-Antriebs. Alternativ gibt es noch den Plug-In-Hybrid (PHEV), den wir in diesem Vergleich nicht getestet haben; wie man sehen wird, ist die Nische für den aber durch den überzeugenden Auftritt der beiden anderen Varianten ziemlich klein und durch den Wegfall der Hybrid-Förderung ist der PHEV ohnehin weniger attraktiv als die normale Batterie-Variante.
Das kann der E-Niro
Der E-Niro hat eine 64 kWh große Lithium-Ionen-Batterie und einen Elektromotor mit 150 kW / 204 PS Leistung. Das Drehmoment des Fronttrieblers wurde den Reifen zuliebe im Vergleich zum Vorgänger-Modell auf 255 Newtonmeter reduziert. Aber auch „entschärft“ bietet der kompakte Kia reichlich Power, mit der er in der Stadt, auf der Landstraße und in begrenztem Umfang auch auf der Autobahn für Fahrfreude sorgt. In der Praxis schaffte der Wagen eine maximale Reichweite von 375 Kilometern, bei sehr sparsamer Fahrweise sind auch um die 400 km drin. Der Durchschnittsverbrauch lag zwischen 16 und 17 Kilowattstunden auf 100 km. PUSH – HyberHybrid von Obrist – Dieser Tesla tankt Benzin! Elektro-Hybrid schafft mit Mini-Akku über 1000 Kilometer
Beim Laden enttäuschen die Koreaner, denn mit einer Ladeleistung von maximal 80 kW ist echtes Schnellladen nicht drin. Für den typischen Zweitwagen-Einsatz ist das kein Manko, für Langstecken schon eher – und eins der wenigen Argumente, das bei Vielfahrern mit Elektro-Ambitionen doch für den Plug-In-Hybrid sprechen könnte.
Das kann der Benziner
Beim Verbrauch verspricht Kia 3,4 Liter, was wir in der Praxis nicht erzielen konnten. Je nach Fahrweise waren 4,3 bis 4,7 Liter machbar. Der Aktionsradius des „Mild Hybrid“-Kias ist damit trotzdem doppelt so groß wie die Reichweite des E-Niro.
Kosten und Ausstattung
Jetzt kommen wir zum dunkelsten Kapitel des Vergleichs, denn auch wenn Kia sich zum VW-Verfolger gemausert hat, hätten die Koreaner ja nicht unbedingt die Apothekenpreis-Politik der Deutschen kopieren müssen. Vor allem beim E-Niro steht einem der Mund offen: 47.590 Euro kostet das neue Modell. Davon geht allerdings noch die E-Auto-Kaufprämie ab. Bekommt man dann Wagen noch in diesem Jahr zugelassen – das dürfte bei den aktuellen Lieferfristen kaum klappen – sinkt der Preis auf rund 38.000 Euro, bei einer Lieferung in 2023 wären es dann schon 41.000 Euro.
Zwar will Kia die alte Prämie erst einmal auch 2023 weiterzahlen, wenn der Liefertermin nicht rechtzeitig ist – doch früher oder später muss man mit der kleineren Prämie rechnen. Der Abstand zum normalen Niro (ab 30.690 Euro in der Edition 7-Ausstattung) beträgt damit bis zu 10.000 Euro. Selbst wenn man die bessere Ausstattung des E-Niros („Inspiration“) berücksichtigt – sie entspricht etwa der Ausstattungsstufe Vision des normalen Niro für 33.990 Euro – bleibt eine klaffende Differenz, in der ein solider Gebrauchtwagen Platz hätte.
Fazit
Am Ende gewinnt der Verbrenner diesen Vergleich. Nicht weil der E-Niro schlecht wäre, sondern weil der Hybridantrieb im Niro so gut ist – und günstiger. Wer auf E-Autos steht, der wird mit dem elektrischen Niro sicher glücklich werden: Solide Reichweite, gute Fahrleistungen, viel Platz und viel Hightech. Doch der Preisunterschied zum Mini-Hybriden ist so groß, dass die geringeren Betriebs- und Unterhaltskosten das nicht rausreißen können, zumindest nicht auf dem deutschen Markt mit seinen absurd hohen Strompreisen und bei üblicher Kilometerleistung. Klickdown Audi E-tron GT – Tempolimit? Bitte nicht! Soviel Spaß hat man mit Audis Elektro-Renner
Der kleine Hybrid-Benziner ist sparsam, meistens superleise und fährt sich zwar nicht ganz so flink wie die Elektro-Version, aber je nach Bedarf angenehm flott oder gemütlich. Als Allrounder, vor allem für Leute ohne eigene Lademöglichkeit, macht er somit auch die Plug-In-Version des Niro fast überflüssig.
Als reiner Zweitwagen wäre der elektrische Niro wegen der niedrigen Betriebskosten eigentlich die bessere Wahl, denn die nicht ganz so üppige Reichweite spielt dann ja keine große Rolle und die moderate Ladegeschwindigkeit auch nicht. Doch wer kann schon 40.000 Euro für eine Zweitwagen auf den Tisch legen? Für ein vollwertiges Familienauto wiederum ist der Niro zu klein.
Übrigens: Spätestens 2035 werden in Europa alle Verbrenner und Hybride als Neuwagen verboten. Es ist also durchaus möglich, dass dies die letzte Generation des Kia Niro ist, die man hierzulande ohne Batteriebetrieb kaufen kann.