Kommentar
Übermut tut selten gut, lieber Mercedes-Vorstand
Mercedes-Benz hat sich konsequent auf Luxus und hochpreisige Autos ausgerichtet und dabei den Grundstein des ältesten Autobauers der Welt aus den Augen verloren. Ein Kommentar.
Zur Ehrenrettung sei gesagt: Mercedes-Benz fuhr mit der Luxus-Strategie, also dem Fokus auf hochpreisige Modelle, für einige Zeit durchaus erfolgreich und konnte beispielsweise so die Folgen der Chipkrise und anderer Herausforderungen merklich abfedern. Vom „enormen Potenzial“ dieser Ausrichtung hatte Strategiechefin Carolin Strauß im August 2022 im Interview mit IPPEN.MEDIA gesprochen. Aktuell zeigt sich jedoch, dass auch Mercedes ohne das Fundament an erschwinglichen Modellen eine notwendige Basis fehlt, die die Luxus-Karossen gerade in der aktuell ohnehin angespannten Wirtschaftslage nicht mehr auffangen können. In der Stuttgarter Zentrale hat man sich demnach gehörig verzockt.
Vom Zugpferd zum Sorgenkind: Einbruch im Premiumsegment zeigt Mercedes Grenzen auf
Inzwischen ist die Chipkrise überstanden und das Premiumsegment von Mercedes-Benz wurde vom Zugpferd zum Sorgenkind, was sich vor allem auf dem wichtigsten Automarkt in China bemerkbar macht. Dort ist zudem die Konkurrenz inzwischen so stark, dass selbst das Flaggschiff S-Klasse nicht mehr heraussticht; die Preise für die E-Limousinen EQS und EQE musste Mercedes in China bereits vor einiger Zeit anpassen. Während die Nachfrage nach den Premium-Modellen schwächelt, fehlt es im Portfolio an günstigeren Modellen, da das Einstiegssegment im Rahmen der Luxus-Strategie von ursprünglich sieben auf vier Karosserieversionen verringert wurde. Die Produktion der beliebten A-Klasse soll in naher Zukunft auslaufen.
Name | Mercedes-Benz Group AG |
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Gründung | 17. November 1998 (Vorgängerunternehmen gehen bis ins Jahr 1883 zurück) |
Hauptsitz | Stuttgart, Baden-Württemberg |
Branche | Automobilindustrie, Finanzdienstleistungen |
Produkte | Premium-Automodelle, Vans, Finanzdienstleistungen |
Leitung | Ola Källenius (Vorstandsvorsitzender) |
Mitarbeiter | 166.000 (2023) |
Umsatz | 153,2 Milliarden Euro (2023) |
Luxus-Strategie ist Luxus, den sich Mercedes-Benz nicht mehr leisten kann
Gemäß dem bekannten Spruch „Übermut tut selten gut“ hat sich der Mercedes-Vorstand mit der Luxus-Strategie stark überschätzt und muss nun die Konsequenzen tragen. Aktuell wird dafür vor allem Frontlenker Ola Källenius verantwortlich gemacht, der die Strategie – und übrigens auch den bereits wieder einkassierten „electric-only“-Ansatz – maßgeblich vorangetrieben hat. Obwohl der Druck auf den Vorstand massiv wächst, soll dem Vernehmen nach nicht an der grundlegenden Ausrichtung gerüttelt werden. Stattdessen wird darauf gehofft, dass der älteste Autobauer der Welt letztendlich auf den Märkten den längeren Atem hat. Ob diese Kalkulation aufgeht, wird sich zeigen.
Aktuell steht allerdings fest, dass die Luxus-Strategie von Mercedes-Benz Luxus ist, den sich der Konzern nicht mehr leisten kann. Unter Umständen muss sich der Vorstand eingestehen, dass der Autobauer eben nicht Ferrari, Lamborghini oder Nachbar Porsche ist, sondern eben doch auch ein Hersteller, der vom erschwinglichen Einstiegsmodell bis hin zur Luxuslimousine die gesamte Nachfrage abdecken kann. Das „menschliche Verlangen nach etwas Speziellem“, wie es Källenius im Mai 2022 ausdrückte, können ja noch immer die Modelle von AMG und Maybach erfüllen – oder die absurde „Mythos Serie“, die für 2025 angekündigt ist.