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Tatsächlicher Verbrauch: Mercedes EQS 450+ im Test

Wie viel Strom braucht das Elektro-Flaggschiff wirklich und wie groß ist die Reichweite?

tatsächlicher verbrauch: mercedes eqs 450+ im test

Der Mercedes EQS ist eines der größten, luxuriösesten und technisch anspruchsvollsten Elektroautos. Dazu hat die Oberklasse-Limousine auch noch eine der größten Norm-Reichweiten auf dem Markt. Da liegt es nahe, die reale Reichweite und den realen Stromverbrauch mit einem Test herauszufinden.

Unser Testkandidat war der Mercedes EQS 450+ auf mit einem 333 PS (245 kW) starken Elektromotor an der Hinterachse und einer netto 107,8 kWh großen Batterie. Auf unserer Standard-Teststrecke von Rom nach Forlì kam er auf einen Stromverbrauch von 17,5 kWh/100 km.

Mit deutschem Haushaltsstrom für 32 Cent geladen, ergibt das Stromkosten von gerade mal 5,60 Euro/100 km. Wenn man Gleichstrom an einer Schnellladesäule von Ionity (für 79 Cent/kWh) nutzt, kosten 100 km allerdings 13,83 Euro.

Niedriger Verbrauch für die Klasse und hohe Reichweite

Zudem stellte der Mercedes EQS 450+ einen neuen Rekord auf, denn aus dem Verbrauch von 17,5 kWh/100 km und der Speicherkapazität der Batterie von 107,8 kWh errechnet sich eine theoretische Reichweite von 616 km (ohne Ladeverluste).

tatsächlicher verbrauch: mercedes eqs 450+ im test

Im Vergleich zu den anderen größeren Elektroautos, die wir bereits in unseren regelmäßigen Verbrauchstest geschickt haben, war der Mercedes EQS besonders sparsam. Und das, obwohl wir unseren Test bei eher niedrigen Temperaturen von rund 10 Grad durchführten. Nur das (längst ausgelaufene) Tesla Model S 100D war mit 16,4 kWh/100 km noch besser als das deutsche Elektro-Flaggschiff.

Mit deutlichem Abstand folgen der Audi e-tron 55 quattro (19,0 kWh/100 km), der Audi RS e-tron GT (20,5 kWh/100 km) und der BMW iX xDrive50 (20,9 kWh/100 km). Obwohl diese Modelle allesamt bei Außentemperaturen getestet wurden, die gleich oder höher waren als bei unserem EQS-Test.

Bequem, technisch und geräumig

Der getestete italienische Mercedes EQS 450+ Luxury (diese Ausstattungsversion ist in Deutschland nicht erhältlich, bei uns gibt es nur eine Version des EQS 450+) ist serienmäßig mit Airmatic-Luftfederung, Hinterradlenkung (mit maximalem Einschlagwinkel von 4,5 Grad), Panoramadach, LED Matrix Digital Light, elektrisch einstellbaren und klimatisierten Multicontour-Vordersitzen und Burmester-Audiosystem ausgestattet.

Mit 21-Zoll-AMG-Leichtmetallrädern, Metallic-Lackierung, dem spektakulären MBUX-Hyperscreen mit drei Bildschirmen im Armaturenbrett, dem AMG-Line-Exterieur-Paket, Energizing Air Control, Head-up-Display und 10-Grad-Hinterachslenkung liegt der Endpreis in Italien bei 148.500 Euro. Bei uns kostet der EQS 450+ nackt rund 107.000 Euro.

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150.000 Euro sind nicht gerade wenig, aber dafür fährt man eines der modernsten Autos auf dem Markt, das so komfortabel und leise ist wie kaum ein anderes. Die Fahrerassistenzsysteme an Bord sind sehr gut, ganz zu schweigen von technischen Details, die weltweit einzigartig sind.

Dazu gehört die Allradlenkung, die den EQS trotz seiner stattlichen Länge von 5,21 Metern und seines Gewichts von 2,5 Tonnen fast so wendig und reaktionsschnell wie einen Kompaktwagen macht. Dazu kommen Feinheiten wie die Augmented-Reality-Funktion des Navigationssystems, der 17,7-Zoll-Zentralbildschirm in Kombination mit zwei 12,3-Zoll-Displays und die Ambientebeleuchtung, die einen beim Verlassen der Spur und vor anderen Gefahren warnt.

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Die gebotene Beschleunigung ist hoch, ohne dass der EQS sportlich wirkt, und die Luftfederung ist gut abgestimmt, obwohl man das Gewicht dieses fünftürigen Flaggschiffs sowohl beim Bremsen als auch in der Kurve spürt. Die praktische große Heckklappe mit elektrischer Bedienung gewährt den Zugang zu einem riesigen Kofferraum, der vor allem durch seine Länge beeindruckt.

600 km mit einer vollen Batterie

Der Mercedes EQS 450+ ist wirklich sparsam, vor allem wenn man die Größe, Leistung und die luxuriöse Ausstattung bedenkt. Nur auf der Autobahn oder wenn man die Maximalleistung abfordert, sinkt die Effizienz des EQS. Am Ende der insgesamt gefahrenen 991 Kilometer zeigte der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 19,6 kWh/100 km an.

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Die große 108-kWh-Batterie sorgt für eine große Reichweite. Im Durchschnitt sind es zwischen 500 und 600 km. Hilfreich sind die rekordverdächtige Aerodynamik mit einem cW-Wert von 0,20. Der EQS war auch das erste Elektroauto, das die Strecke von Forlì nach Rom und zurück ohne Ladestopps schaffte, und das mit der gleichen Geschwindigkeit, die wir auch mit Verbrennern fahren (rund 80 km/h).

Was das Aufladen betrifft, so ist die hervorragende Leistung an der Schnelladesäule hervorzuheben. Wir erzielten eine maximale Ladeleistung von 160 kW und damit kaum weniger als die von Mercedes angegebenen 200 kW. Äußerst bequem ist auch die Plug&Charge-Funktion an den Ionity-Stationen: Man steckt nur den Stecker in den Ladeanschluss, und los geht’s mit dem Aufladen.

Verbrauch und Reichweite in diversen Verkehrssituationen

  • Stadtverkehr (Rom): 19,5 kWh/100 km, 549 km Reichweite
  • Stadt-Umland-Mix: 19,1 kWh/100 km, 560 km Reichweite
  • (Italienische) Autobahn: 22,2 kWh/100 km, 485 km Reichweite
  • Stromspartest: 13,3 kWh/100 km, 808 km Reichweite
  • Maximaler Verbrauch: 99,9 kWh/100 km (Anzeigelimit), 107 km Reichweite

Aus dem offiziellen Datenblatt

Modell Kraftstoff Leistung Normverbrauch
(WLTP)
Batteriekapazität
(netto)
Reichweite
(WLTP)
Mercedes EQS 450+ Luxury Strom (E-Auto) 333 PS (245 kW) 15,7-19,8 kWh/100 km 107,8 kWh 631 - 782 km

Daten des Testfahrzeugs

Fahrzeug: Mercedes EQS 450+ LuxuryDeutscher Listenpreis: 107.326 EuroTestdatum: 22. März 2022Wetter (Abfahrt/Ankunft): heiter, 15 Grad/ heiter, 5 GradWährend der Tests insgesamt gefahren: 991 kmDurchschnittsgeschwindigkeit auf der Strecke Rom-Forlì: 76 km/h
Reifen: Goodyear Eagle F1 Asymmetric 5 – 265/40 R21

Verbrauch und Kosten

Bordcomputer-Anzeige: 17,50 kWh/100 kmAn der Ladesäule bestimmter Verbrauch: -Mittel aus diesen Werten: 17,50 kWh/100 kmStrompreis: 0,32 Euro/kWh
Stromkosten: 5,60 Euro/100 km

Und so ermitteln wir den Verbrauch

Wenn Sie einen Freund nach dem Verbrauch seines Autos fragen, nennt er Ihnen wahrscheinlich einen Wert, der keinen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt. Vielleicht hat er den Wert vom Bordcomputer abgelesen, oder er hat seine Tankrechnungen aufbewahrt und sich daraus einen Verbrauch errechnet.

Ähnlich ermitteln wir unseren Testverbrauch: Er ergibt sich als Mittel aus Bordcomputer-Wert und dem an der Tankstelle ermittelten Verbrauch. Die Testautos werden stets von Fabio Gemelli von Motor1.com Italien gefahren. Der Journalist fährt häufig fürs Wochenende von der Redaktion in Rom in seine Heimat Forlì (in der Emilia-Romagna).

Dabei bewegt er die Autos bewusst sparsam: Er bleibt knapp unter der Höchstgeschwindigkeit (auf der italienischen Autobahn: 130 km/h), vermeidet abruptes Beschleunigen und Bremsen und fährt vorausschauend. Die Teststrecke Rom-Forlì ist etwa 360 Kilometer lang und umfasst 65 Prozent Superstrada (autobahnähnliche Schnellstraße, Tempolimit zwischen 90 und 110 km/h), 25 Prozent Autostrada (Autobahn, Tempolimit 130 km/h), fünf Prozent Strada Statale (Bundesstraße, Tempolimit 90 km/h) und fünf Prozent Stadtverkehr.

Dabei wird der Apennin überquert, die Strecke enthält also durchaus auch Steigungen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit liegt in der Regel bei 70 bis 80 km/h. Am Ende der Strecke notiert unser Tester die Bordcomputer-Anzeige und berechnet (bei Autos mit Verbrennungsmotor) den Verbrauch an der Zapfsäule.

Dabei wird “von voll bis voll” gemessen, wobei voll bedeutet: Das Tanken wird beim ersten Klick der Zapfpistole beendet. Dann berechnet Fabio den Mittelwert. Die Kosten berechnen wir jedoch anhand der deutschen Preise (Durchschnittskosten laut ADAC zum Zeitpunkt der Veröffentlichung).

Bei Elektroautos verwenden wir den Bordcomputer-Verbrauch und einen durchschnittlichen Strompreis von 32 Cent pro kWh (gerundeter Durchschnittspreis für 1 kWh Haushaltsstrom in Deutschland im Jahr 2020 mit 19% Mwst. laut Bundeswirtschaftsministerium). Bei Erdgas- und Autogas-Fahrzeugen wird der Durchschnittspreis von www.gas-tankstellen.de in Anschlag gebracht.

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