Synhelion produziert seit Juni CO2-neutrale Solartreibstoffe. Herz der Anlage ist ein Hochtemperatur-Wärmespeicher der besonderen Art.
Klimaschädliches Kohlendioxid zurück zu Kerosin, Benzin und Diesel umwandeln und somit den CO2-Kreislauf schließen: Das ist die Idee von Synhelion. Das 2016 gegründete Spin-off der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich nutzt die Wärme der Sonne, um aus CO2 und Wasser synthetische Treibstoffe („Synfuels“) herzustellen. Auf dem Gelände des sogenannten „Brainergy Parks“ in Jülich bei Köln hat Synhelion im Juni 2024 DAWN in Betrieb genommen: die weltweit erste industrielle Anlage zur Produktion von Solartreibstoffen für Einsätze unter anderem in der Luftfahrt.
In der Demonstrationsanlage ist ein ein 250-kW-Receiver von Synhelion mit einem 6 Meter hohen, 12 Tonnen schweren Reformierungsreaktor gekoppelt. Die Anlage hat eine Produktionskapazität von 100 Normkubikmetern Synthesegas pro Stunde. Damit lassen sich jährlich etwa 150.000 Liter flüssiger Solarkraftstoff herstellen – die Swiss wird als erste Airline mit dem CO2-neutralen Solarkerosin fliegen.
Spezialziegel als Wärmespeicher
Gebündelte Sonnenkraft Die Anlage DAWN besteht aus einem 20 Meter hohen Solarturm und einem Heliostatenfeld mit einer Spiegelfläche von 1.500 Quadratmetern. Die Spiegel bündeln die Sonnenstrahlen und schicken sie zum Receicer in der Turmspitze.
Gefördert durch Innosuisse
In einem zweijährigen Projekt, das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem Solar-Institut Jülich der FH Aachen unterstützt und durch die Schweizer Agentur für Innovationsförderung (Innosuisse) gefördert wurde, machten sich Blugan und Empa-Wissenschaftlerin Sena Yüzbasi zusammen mit Synhelion auf die Suche nach der perfekten Keramik. Die Korrosionsbeständigkeit war dabei jedoch nur ein Aspekt. Das Material sollte auch eine hohe Wärmekapazität haben, mechanisch robust sein und Temperaturschocks aushalten, die beim Herunterfahren der Anlage entstehen können. Außerdem musste es günstig zu produzieren sein – denn die Anlage in Jülich ist für Synhelion nur der Anfang.
Also entwarfen die Forschenden gemeinsam mit der Werkstatt der Empa und Synhelion einen eigenen Hochtemperatur-Rohrofen. Darin setzten sie unterschiedliche Keramikproben der korrodierenden Wasserdampfatmosphäre aus – bis zu 500 Stunden lang. „Während dieser Experimente wurde es schon ziemlich heiß in unserem Labor“, schmunzelt Blugan. Doch das Schwitzen hat sich gelohnt: Die Forschenden fanden ein Material, das den extremen Bedingungen trotzte.
Zweite Anlage in Spanien geplant
„Als Forscherin erlebt man nicht oft, dass die eigene Forschung auf so einer Skala angewandt wird – das ist eine einzigartige Erfahrung“, sagt Yüzbasi. Besonders freut die Wissenschaftlerin, die mittlerweile selbst im Energiesektor tätig ist, dass ihre Arbeit im Bereich der erneuerbaren Energien zum Schutz des Klimas Anwendung findet.
Schwitzen vor dem Hochtemperatur-Ziegel Lukas Geissbühler von Synhelion vor dem innovativen Hochtemperatur-Wärmespeicher von DAWN in Jülich. Fotos: Synhelion
„Die Empa hat einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung unseres thermischen Speichers geleistet und konnte durch ihre Flexibilität perfekt auf die spezifischen Anforderungen von Synhelion eingehen“, sagt Geissbühler.
Während DAWN ihren Betrieb aufnimmt, planen Synhelion und die Empa bereits das nächste gemeinsame Projekt. Für die weiteren Anlagen wollen sie das Material weiterentwickeln und noch beständiger machen: Ziel des Unternehmens ist es schließlich innerhalb der nächsten zehn Jahre die Produktionskapazitäten auf eine Million Tonnen Solarkraftstoff pro Jahr hochzufahren.
Die zweite Synhelion-Anlage zur Produktion von Solartreibstoff soll deshalb ab 2025 im sonnenreichen Spanien entstehen. Das Ziel: noch größere Speicher, noch höhere Temperaturen. Denn je höher die Temperatur, desto effizienter wird die Treibstoffherstellung.