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Stau: Wo Sie mit dem Fahrrad so schnell vorankommen wie mit dem Auto

In Hamburg geht es am langsamsten voran, im Ruhrgebiet am schnellsten: Eine aktuelle Statistik des Verkehrsdatenanbieters TomTom zeigt die Durchschnittsgeschwindigkeit des Autoverkehrs.

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Stau: Wo Sie mit dem Fahrrad so schnell vorankommen wie mit dem Auto

Wer würde das Rennen wohl gewinnen, Auto, Fahrrad oder Elektroroller? Im Berufsverkehr deutscher Großstädte ist die Antwort nicht so eindeutig. Auf 23 km/h beziffert der Verkehrsdatenanbieter TomTom mit am Mittwoch veröffentlichten Daten die Durchschnittsgeschwindigkeit von Autos im Hamburger Stadtzentrum während der Rushhour. 23 Minuten und zehn Sekunden dauerte es mit diesem Tempo, eine zehn Kilometer lange Strecke zurückzulegen – zu Spitzenzeiten mit hoher Staugefahr wie donnerstags nachmittags ab 16 Uhr noch länger. Mit einem Elektroroller, rechnet TomTom vor, könnte man auch in 15 Minuten an den Autoschlangen vorbeisurren. Annähernd mithalten ließe sich, je nach persönlicher Fitness, auch mit dem Fahrrad: 25 bis 35 Minuten wären dafür zu veranschlagen. Anders fällt die Rechnung im TomTom Traffic Index für 2022 im östlichen Ruhrgebiet, dem Ballungsraum um Dortmund und Bochum, aus. Das mittlere Tempo des Autoverkehrs dort erreichte ganze 60 km/h – klarer Vorteil auf vier Rädern.

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Wohlgemerkt beziehen sich die Angaben nicht nur auf reine Stadtstraßen. Im Ruhrgebiet laufe ein Großteil der Fahrten über Autobahnen, die in einem dichten Netz teils auch mitten durch die Stadtzentren führen, erklärt TomTom-Experte Ralf-Peter Schäfer. Solche Strecken, für die das allgemeine Tempolimit 50 km/h innerorts nicht gilt, zählten zwar auch in Hamburg mit. Die wenigen Übergänge über die Elbe seien aber notorische Engpässe, wo es häufig zu Stau kommt.

Im globalen Ranking der längsten Fahrzeit steht Hamburg auf Rang 23 von 389 Städten. Weltweit den langsamsten Autoverkehr hat London, wo TomTom eine Durchschnittsgeschwindigkeit von nur 14 km/h während der Rushhour maß – da sind Radfahrerinnen in jedem Fall schneller am Ziel. Auch hier verweist Schäfer auf die gewachsene Stadtstruktur mit meist engen Hauptstraßen als kaum zu ändernde Ursache für den Stau. Einfach neue Straßen zu bauen, komme als Lösung nicht infrage. Die Städte und ihre Bewohner hätten aber sehr wohl Mittel gegen ihre Verkehrsprobleme in der Hand. Mit besserem Management ließe sich der Verkehrsfluss noch um etwa 10 Prozent verbessern. Auf Dauer in den Griff bekommen ließe sich das Stauproblem nur mit einem systematischen Umstieg auf platzsparende Verkehrsmittel wie Fahrrad oder Bus und Bahn. Als kurzfristig wirksamen Beitrag verweist TomTom-Experte Schäfer auf Homeoffice und flexiblere Arbeits- oder Schulzeiten.

Die Rückkehr vieler Beschäftigter ins Büro habe in etlichen deutschen Städten im vergangenen Jahr zu einem messbaren Anstieg der Fahrzeiten geführt. Dennoch sei gerade in Städten wie Frankfurt am Main oder Düsseldorf weiterhin eine Entlastung spürbar, weil viele weiterhin von zu Hause arbeiten. Deutschlandweit war das Stauniveau immer noch 12 Prozent niedriger als im Vor-Corona-Jahr 2019, während der Spitzenzeiten im Berufsverkehr sogar um 23 Prozent. Der Effekt ließe sich noch steigern, wenn etwa die Homeoffice-Zeit stärker auf die klassischen Bürotage Dienstag bis Donnerstag gelegt würde.

Nach eigenen Angaben kann TomTom die Fahrdaten von einem Fünftel der deutschen Fahrzeugflotte in Echtzeit anonym auswerten. Neben dem Großteil der bordeigenen Navigationsgeräte füttern auch Mobilfunkdaten der Kartendienste von Apple und Google und weitere Quellen die Statistik. So entsteht das wohl umfassendste Bild, wo der Verkehr wann fließt oder auch nicht.

Die Daten erlauben auch einen Blick auf die Kosten des Autofahrens. Für die aktuelle Ausgabe des Verkehrsindex berechnet TomTom nicht nur wie früher die im Stau verlorene Zeit, sondern auch den Verbrauch im Normalfall. In Berlin beliefen sich die Tankkosten für Pendler mit einem durchschnittlichen Benzinauto und 20 Kilometer Fahrt pro Werktag im vergangenen Jahr auf 731 Euro, 21 Prozent mehr als 2021. Diesel verteuerte sich gar um mehr als ein Drittel. Der starke Anstieg der Spritpreise habe das Verkehrswachstum jedoch nicht gebremst, erklärt Schäfer. »Selbst als die Zwei-Euro-Marke pro Liter durchbrochen wurde, sahen wir keinen Effekt.« Eher schon habe das 9-Euro-Ticket für den öffentlichen Nahverkehr bewirkt, dass in mehreren Städten weniger Autos unterwegs waren. Im Aktionszeitraum von Juni bis August habe sich die Situation vielerorts entspannt, auch unabhängig von den zeitgleich rabattierten Spritpreisen und Urlaubszeiten. Endgültig wissenschaftlich bestätigt sei der Erfolg beim Umstieg noch nicht.

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