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Schweden-SUV kostet in China über 10000 Euro weniger als hier: Warum ist das so?

schweden-suv kostet in china über 10000 euro weniger als hier: warum ist das so?

Kostet hierzulande knapp 38.000 Euro, in China aber rund 12.000 Euro weniger: Der Volvo EX30.

Volvo geht in China mit einem erstaunlich günstigen Preis für sein kompaktes E-SUV EX30 auf Kundenfang, berichtet das Branchenportal Electrek. Mit einem Einstiegspreis von 200.800 Yuan, umgerechnet gut 25.500 Euro, ist der EX30 der bislang preiswerteste Elektro-Volvo in China und tritt somit in direkte Konkurrenz zum Platzhirsch BYD.

Hierzulande dürfte die Preisgestaltung aber für Verwunderung sorgen: Der Volvo EX30 ist in Deutschland ab etwa 37.990 Euro erhältlich – wie erklärt sich der Preisunterschied in Höhe von gut 12.000 Euro?

Im Schnitt 41 Prozent günstiger: Die Preispolitik chinesischer Hersteller hat System

Der EX30 ist kein Präzedenzfall: Chinesische – aber auch internationale – Elektroautobauer bieten ihre Fahrzeuge in China oft zu deutlich niedrigeren Preisen an als in Europa. Der BYD Atto 3 etwa kostet im Reich der Mitte deutlich unter 20.000 Euro. In Deutschland ist der Atto 3 erst ab rund 38.000 Euro zu haben. Der EL6, der in China als ES6 bezeichnet wird, kostet hierzulande 65.500 Euro, in China sind es nur 43.500 Euro, berichtet das Nachrichtenportal Business Insider.

Die Preispolitik hat System, wie ein Listenpreisvergleich des Center Automotive Research (CAR) in Duisburg zeigt, über den der Stern berichtete. Demnach sind chinesische E-Autos im Heimatland „zum Teil erheblich preisgünstiger“ als in Deutschland. Aber auch US-Hersteller Tesla bietet sein Model 3 im Produktionsland China für umgerechnet rund 30.700 Euro an, während es in Deutschland rund 47.600 Euro kostet. Volkswagen verkauft die chinesische Version des ID.3 für rund 22.000 Euro, in Deutschland verlangen die Wolfsburger für ein Modell mit der gleichen Reichweite knapp 40.000 Euro.

Das CAM rechnet in seiner Untersuchung vor: Im Durchschnitt sind Elektroautos in China um 41 Prozent günstiger als in Deutschland. Teilweise sind die Preisunterschiede noch größer.

Es gibt mehrere Gründe für die niedrigen E-Auto-Preise in China

Es gibt keinen einzelnen Grund für die Preisunterschiede zwischen China und Deutschland, sondern mehrere. Da wären etwa die Transportkosten und Einfuhrzölle für Elektroautos aus chinesischer Produktion: Laut einer Untersuchung, die die Nachrichtenagentur Reuters in Auftrag gegeben hat, sind diese Kosten zwar einen der Gründe für die Preisaufschläge dar. Das ist jedoch nicht der wichtigste Auslöser.

China als größter E-Auto-Markt der Welt hat für die heimischen Autobauer eine ganze Reihe von Kostenvorteilen im Vergleich zu europäischen oder US-amerikanischen Herstellern. Die Lohnkosten sind deutlich niedriger als in Europa, auch Grundstücke und Energie sind deutlich günstiger zu haben. Laut dem Reuters-Bericht zählt die Batterieproduktion ebenfalls zu den Schlüsselfaktoren für die niedrigen Kosten: China ist der wichtigste und größte Batterieproduzent der Welt, zudem halten chinesische Unternehmen nicht nur die Produktion, sondern auch die Lieferketten für Akku-Rohstoffe weitestgehend selbst in der Hand. Laut Daten des Marktforschungsunternehmens Benchmark Mineral Intelligence, die Reuters zur Verfügung gestellt wurden, liegt der Preis für Batterien in China rund 18 Prozent unter den europäischen Preisen – gleichzeitig ist die Batterie das teuerste Bauteil im E-Auto. Hier lassen sich also drastische Kostenvorteile erzielen.

Vorteile für Branchenriesen

Branchenriesen wie BYD, die ihre Akkus zudem selbst produzieren, profitieren umso stärker von diesen Kostenvorteilen. BYD habe mit seiner vertikal integrierten Lieferkette einen Vorteil gegenüber allen Traditionsautobauern, meint Reuters. Das Unternehmen stellt fast alle Komponenten seiner Autos selbst her, statt diese Aufgaben an Zulieferer zu verteilen. BYD konnte seine Kosten in jeder Phase der Produktion senken, heißt es dort weiter, vom Einkauf der Rohstoffe über die Batterieproduktion bis hin zu den Grundstücken und Arbeitskräften. Darüber hinaus hat China sowohl inländische als auch ausländische Automarken, die in und für China produzieren, über Jahre hinweg mit immensen Subventionen ausgestattet – ein Umstand, der zuletzt auch die EU-Kommission umtrieb.

Ein weiterer Grund für die vergleichsweise günstigen E-Autos in China sind die Skaleneffekte der zahlreichen E-Automarken im Reich der Mitte, die oft unter dem Dach eines einzigen Konzerns gebündelt sind. So ist es laut Business Insider auch beim Volvo EX30, der zwar unter dem Emblem der schwedischen Marke fährt, aber in China produziert wird. Der chinesische Automobilriese Geely, zu dem auch Polestar gehört, baut neben dem Volvo EX30 auch den Smart #2 und den Zeekr X. Diese Fahrzeuge sind laut Business Insider unter der Haube weitgehend dasselbe Auto – sie alle nutzen die Infrastrukturen und Kapazitäten von Geely, was weitere Kosteneinsparungen ermöglicht.

Chinesische Autohersteller befinden sich in einer Phase der Markenentwicklung

Reuter verweist in seinem Bericht außerdem darauf, dass E-Autos aus chinesischer Produktion in Europa in der Regel etwas umfangreicher ausgestattet sind. Das liegt unter anderem an den strengeren Sicherheitsanforderungen in der EU sowie möglicherweise auch an einer etwas höheren Qualitätserwartung im Hinblick auf Bauteile wie die Federung oder das Fahrwerk. Weil die Fahrzeuge für den europäischen Markt mit anderen Sensoren und anderer Software ausgestattet werden, werden sie meist teurer angeboten.

All diese Gründe erklären aber dennoch nicht vollständig, warum E-Autos hierzulande oft teurer sind als in China. Chinesische Autohersteller begnügen sich aktuell damit, die Exportpreise ihrer Fahrzeuge hochzuhalten und die größeren Margen als Gewinne abzugreifen, erklärt Ben Townsend, Leiter des Bereichs Automotive beim britischen Marktforscher Thatcham Research, im Gespräch mit Reuters. Townsend zufolge kämpfen chinesische Elektroautohersteller oft darum, im Heimatland überhaupt die Gewinnschwelle zu erreichen oder einen kleinen Gewinn zu erzielen. Diese Strategie wollen – und können – die Hersteller auf den europäischen Automärkten nicht wiederholen.

„Sie sind nicht darauf aus, den europäischen Markt preislich zu unterbieten“, so Townsend. „Sie wollen eine Gewinnspanne erzielen.“ BYD und andere Hersteller versuchen auch, sich vom Stigma billiger chinesischer Produkte zu lösen, indem sie einen globalen Ruf als Qualitätsanbieter aufbauen, meint Bo Yu, Managerin für den Großraum China beim Marktforscher JATO Dynamics. „Chinesische Autohersteller befinden sich in einer Phase der Markenentwicklung“, so Yu. Da die Kaufkraft der europäischen Kunden höher ist als die der durchschnittlichen chinesischen Käufer, setzen die Hersteller also auch darauf, dass Kunden in Europa eher bereit und in der Lage sind, die höheren Preise zu zahlen. Eine möglichst große Marktdurchdringung scheint vielen chinesischen Herstellern für den Moment weniger wichtig zu sein, als die Entwicklung ihrer Markenwahrnehmung – und die Wahrnehmung einer Marke hängt auch mit ihren Preisen zusammen.

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