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Rolls-Royce-CEO Torsten Müller-Ötvös: "Wir sind nicht im Autogeschäft"

Rolls-Royce CEO Thorsten Müller-Ötvös

KURIER: Ein Autokonzern darf nie stehenbleiben, muss sich immer neu erfinden… 

Torsten Müller-Ötvös: Ich muss Sie gleich einmal korrigieren: Sie sagen Autofirma. Technisch bauen wir Autos, aber wir sind eigentlich nicht im Autogeschäft. Das war die Marke noch nie. Wir sind im Luxusgeschäft. Weil niemand braucht einen Rolls-Royce um von A nach B zu kommen. Unsere Kunden hatten schon immer große Garagen, wo die unterschiedlichsten Autos für alle Zwecke drin waren. Wie eine Garderobe: für jeden Anlass das richtige Kleidungsstück. Das ist wichtig zu verstehen, um zu begreifen, was für Rolls-Royce erforderlich ist. Wie funktioniert Luxus heute? Wie sieht die Kundenstruktur im Luxussegment aus?

Wie sieht sie denn aus?

Sie ist zum Beispiel massiv jünger geworden. Als ich vor über 13 Jahren begonnen habe, habe ich mich viel mit Privat Banks unterhalten, um zu verstehen, wie Ultra-High-Net-Worth-Individuals aussehen. Also die, die unsere Klientel sind. Da war klar: Unsere Kunden verändern sich, sie werden jünger, mehr Frauen, nicht mehr so viel geerbtes, sondern selbst generiertes Vermögen. Nicht mehr Industriebusiness, sondern Business am Handy. Als ich angefangen habe, war der Durchschnittskunde 56 Jahre alt. Heute reden wir von 42 Jahren. Mit jedem 60-jährigen Kunden haben Sie im Schnitt einen, der Mitte 20 ist. Das kommt nicht nur aus Asien, das kommt aus der ganzen Welt.

Was finden die jungen Reichen in der Marke?

Individualität. Sie bauen sich ihren Rolls-Royce, wie sie ihn haben wollen. Bespoke ist das Schlüsselwort zum Erfolg. Keiner kauft mehr in diesem Segment Luxus von der Stange. Die Kunden wollen eine Geschichte erzählen, über sich, warum sie das so gemacht haben. Maßgeschneidert auf ihre Wünsche. Das ist alles möglich bei Rolls-Royce. Da sitzen sie mit den Designern zusammen und wir bauen dann ihren Traum. Die Kunden werden Teil der Entstehungsgeschichte.

Mit der Rolls-Royce-App “Whispers” kreieren Sie die Welt weiter.

Es geht nicht nur ums Produkt, sondern ums Miteinander, das für den Kunden einzigartig ist. Diese App ist das digitale Zuhause für unsere Kunden. Der exklusivste Membership-Club der Welt. Das Eintrittsticket ist der Besitz eines Rolls-Royce, sonst kommen Sie da nicht rein. Sie haben Zugang zum Management und zu Services, die es sonst nirgendwo gibt.

Thorsten Müller-Ötvös im Gespräch mit dem KURIER/motor.at

Wie können Sie erfüllen, was diese Menschen wollen. Denn sie wollen wahrscheinlich viel.

Irre viel. Unser Erfolgsgeheimnis ist, dass wir die Firma mit der größten Nähe zum Kunden sind. Das ist unser Erfolg der vergangenen zehn Jahre. Unsere Organisation kennt jeden Kunden. Das sind 6000 im Jahr. Wenn immer ich reise, treffe ich Kunden. Laden sie zum Dinner ein, unterhalten uns über Marken, ihr Business, ihre Lebenswelt. Damit wissen wir, was wichtig ist.

Was wird wichtig?

Direktkontakt, die Kunden-Experience insgesamt. Wir haben riesige Programme, wo Kunden weltweit eingeladen werden, zu Events, nach Goodwood. Wir geben ihnen das Gefühl, sie können beitragen in der Kunden- und Markenstrategie des Konzerns. Ich halte es für falsch, wenn nur wir mit unserem Geschmacksbild Meinungen prägen würden. Wir erleben häufig, dass die Asiaten zum Teil andere Vorstellungen haben – es sind zwar alles kosmopolitische Kunden, aber sie habe leicht andere Vorstellungen.  Wir sind so weit gegangen, dass wir Coachbuilt zurückbringen. Wir bauen, wie die Kunden wollen.

Kapazität im Jahr sind 6000 Autos. Eine Zahl, mit der Sie auch in Zukunft gut leben können?

Wir sind kontinuierlich gewachsen. Aber für mich ist Volumen keine verlockende Größe. Ich werde gesteuert über Profit. So muss man eine Luxusmarke führen. Es geht nicht darum: verkaufe mehr Autos, sondern es geht um den Profit. Wir haben, weil die Marke so begehrlich ist, es geschafft, deutlich höhere Preise umzusetzen. Als ich angefangen habe, hatten wir einen Durchschnittspreis von 250.000 Euro. Wir sind heute bei einer halben Million. Und verkaufen 6000 Autos – jetzt können Sie sich den Turnover vorstellen. Das ist der Wert. Wir würden niemals, um Volumen zu machen, Preise senken. Das wäre fatal und der Gegensatz zur Luxusstrategie. Luxus macht sich immer rar. Luxus versucht, maximal hohe Preise durchzusetzen. Je teurer, umso begehrlicher. Vorausgesetzt Marke und Produktsubstanz stimmen.

Welche Wartezeit gibt es derzeit auf einen Rolls-Royce?

Einen schönen Ghost mit ein bisschen Bespoke: ein gutes Jahr. Wir halten es mit maximal 1,5 Jahren, weil ich halte es für arrogant, einem Kunden zu sagen, du musst zwei oder drei Jahre warten. Wir werden beim Spectre erleben, dass wir in Richtung zwei Jahre gehen, weil die Nachfrage doch so substanziell ist – und um Meilen höher, als wir gedacht haben, dass wir erstmal gewisse Anpassungen vornehmen müssen.

Was mussten Sie für den Spectre in der Manufaktur in Goodwood verändern?

Ach, viel. Wir haben ein Ein-Linien-System. Alles wird auf einer Linie gebaut, mit den Wünschen der Kunden, wo es hingehört. In Goodwood ist ein Meisterwerk einer Manufaktur entstanden. Wir hatten jetzt die Aufgabe, einen elektrischen Antrieb da zu integrieren.

Das ist die BMW-Strategie. Eine Linie für alle Motoren in einem Modell.

Bei BMW ist es ein Modell, ein Body, verschiedene Antriebe – alles auf einer Produktionslinie. Bei uns ist der Body des Spectre neu, baut auf der Architektur des Phantom auf. Wir mussten das Werk so umbauen, dass wir statt des Benzinmotors, einen Elektromotor einbauen. Das geschieht genau an der gleichen Stelle, wo auch sonst die Hochzeit stattfindet. War nicht einfach, weil da ganz andere Vormontageprozesse laufen.

Wie gut passt der Elektroantrieb zu Rolls-Royce und wie sehr wird das Ihr Geschäft verändern?

Das passt irre gut. Wir experimentieren damit seit langer Zeit. Es ist leise, drehmomentstark, genau das, was einen Rolls-Royce auszeichnet. Wir sind glücklicherweise nicht definiert durch laute Motorengeräusche. Das ist für andere eine deutlich höhere Herausforderung. Wir definieren uns über absolute Ruhe, über das Gleiten, die Worftability. Da passt elektrisch genau hinein. Es wird uns nicht großartig verändern, es war eine Notwendigkeit, in diese Richtung zu gehen. Weil irgendwann wird das passieren, dass wir auf Elektro umstellen. Unsere Strategie: Verbrenner oder Elektro. Wir machen keine Hybride. Ende 2030 sind wir dann komplett elektrisch. Mit allen Nachfolgeprojekten, die jetzt kommen: der nächste Phantom, Cullinan, die werden alle elektrisch, bis wir eines Tages vollelektrisch sind. Vorteil: Unsere Kunden haben die Infrastruktur und kein Wallbox-Thema. Sie fahren auch nicht Langstrecke – da ist die 530-km-Reichweite laut WLTP ausreichend, mit der 102-kWh-Batterie.

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