Der Autokonzern stellt den Elektro-Transporter der nächsten Generation vor – und zeigt sich frustriert über die schleppende Antriebswende.
- Mit Batterie und Brennstoffzelle
- Transporter als Kommunikationsmittel
- Nachfrage nach E-Transportern schwächelt
- „Wir brauchen einen Relaity-Check“
Bei Renault haben die Designer vor einiger Zeit offenbar einen Ausflug ins Werksarchiv unternommen und dort in alten Bildbänden geblättert und in Erinnerungen an lange zurückliegende Verkaufserfolge geschwelgt. An den legendären Renault 4 und Renault 5, auch auf den Renault 17 sind sie dort gestoßen. Und schließlich auf auf die Estafette – den ersten Kleintransporter, von dem zwischen 1959 und Ende 1980 in drei Generationen insgesamt über eine halbe Million Exemplare gebaut wurden. Als Mannschaftstransporter war der Fronttriebler vor allem bei der Polizei beliebt, als Campingmobil fand der Renault „Hi-Boy“ – ähnlich wie der Bulli von VW – in den in den frühen 1970er Jahren bei Hippies in Kalifornien seine Fans.
Renault Estafette 1.0 1959 präsentierte der französische Autobauer die erste Generation des frontgetriebenen Kastenwagens, der von einem Benziner mit 32 PS Leistung angetrieben wurde. Nicht nur bei der französischen Polizei war er weit verbreitet.
Mit Batterie und Brennstoffzelle
Schon etwas konkreter ist da die Planung für die Wiederbelebung der Estafette: Auf der IAA Transportation präsentierte die Nutzfahrzeugabteilung jetzt als „Konzept“ einen futuristisch anmutenden Transporter für die City-Logistik, der in leicht modifizierter Form 2026 auf den Markt kommen soll. In einer batteriegetriebenen Version, möglicherweise auch mit einem Brennstoffzellenantrieb – auf Details wollte sich Heinz-Jürgen Löw, der bei Renault die leichten Nutzfahrzeuge verantwortet, in einem Pressegespräch noch nicht festlegen lassen.
Schöne neue Transporter-Welt Der Sitz lässt sich drehen und die Trennwand zum Laderaum schließt sich automatisch, wenn sich der Fahrer darauf niederlässt: Der Estafette 4.0 glänzt mit einigen pfiffigen Ideen. Die Farbgebung sollte Renault aber noch einmal überdenken.
Transporter als Kommunikationsmittel
Bei der Gestaltung des Fahrzeugs haben Yannick Bignon und sein Team vom Commercial Vehicle Design auch in vielfältiger Weise an die Bedürfnisse der Fahrer gedacht. Zum Aufstehen muss der im Estafette 4.0 nur seinen Sitz drehen, zudem kann er im Transporter überall aufrecht stehen – bis zu einer Körpergröße von 1,90 Metern. Die riesige Windschutzscheibe und digitale Spiegel zeigen ihm, was rund um das Fahrzeug passiert – angezeigt werden ihm die Spiegelbilder auf zwei Tablets im Innenraum. Und über digitale Anzeigen rund um das Fahrzeug kann die Estofette 4.0 mit anderen Verkehrsteilnehmern kommunizieren. Sie beispielsweise darüber informieren, wann der Fahrer zu seinem Auto zurückkehrt und was er so gerade macht.
Zudem ist die Fahrerkabine durch eine Schiebetür vom Laderaum getrennt, die sich automatisch schließt, wenn der Fahrer sich auf seinem Sitz niederlässt. Natürlich sorgt ein intelligentes System von Regalen und Ablagen dafür, dass die Fracht unterwegs sicher verstaut ist. Und ein Rolltor am Heck für einen leichten Zugriff. Vor allem sorgt eine smarte Software-Architektur, dass der Transporter während seines Lebenszyklus durch Updates und Upgrades immer auf dem neuesten Stand gehalten wird und sich der Fahrer dank des ständigen Kontakts mit der Zentrale wie in einem rollenden Büro fühlen kann.
Nachfrage nach E-Transportern schwächelt
Klare Botschaften Der Transporter der Zukunft wird digital mit seiner Umgebung kommunizieren. Der Chef des Transporter-Geschäfts von Renault tut es noch auf konventionelle Weise – er fordert einen „Realitäts-Check“ von der Politik. Fotos: Renault
Da gleichzeitig aber im kommenden Jahr die CO2-Flottengrenzwerte verschärft werden – die auch für leichte Nutzfahrzeuge vom Schlag eines Trafic oder Master gelten – drohen den Unternehmen Strafzahlungen in Milliardenhöhe, sollte sich das Kaufverhalten der Handwerker, Transportdienste und anderer Gewerbekunden nicht schleunigst ändern. Löw: „Die Industrie hat geliefert. Sie will Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, muss sie anbieten. Aber es gibt leider nur wenige Märkte, wo der Kunde sie wirklich will“. Österreich sei ein solcher Markt, Deutschland hingegen seit dem Wegfall des Umweltbonus und aufgrund der hohen Stromkosten nicht mehr.
„Wir brauchen einen Relaity-Check“
Wann der Trend kippe, die Antriebswende bei den leichten Nutzfahrzeugen Fahrt aufnehme, sei aktuell nicht abzusehen. Löw: „Das ist alarmierend.“ An die Politik appellierte er, einen „Reality-Check“ vorzunehmen und sich mit der Autoindustrie auf eine gemeinsame Agenda festzulegen. So fehle es weiterhin in vielen Städten an Lademöglichkeiten oder an Kapazitäten im Stromnetz, um neue Ladestationen anschließen zu können.
Es bestehe zwar kein Zweifel, dass der Elektroantrieb die Lösung sei und sich langfristig durchsetzen werde. Löw: „Das ist sicher – aber nicht so schnell, wie wir es uns in der Industrie vorgestellt haben.“ Strafzahlungen an die EU wegen verfehlter CO2-Ziele seien keine Option. „Entweder müssen wir dann die Verbrenner verteuern – oder wir bieten keine Fahrzeuge mehr mit Elektroantrieb mehr an, weil wir damit kein Geld verdienen können.“ 2025 werde es auf jeden Fall eine Menge „interessanter Diskussionen“ geben, prognostizierte der Renault-Manager.