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Norris fordert Verstappen heraus - Formel 1 - MOTORSPORT

Max Verstappen behält kühlen Kopf und gewinnt das Rennen in Montreal, bei dem es hinter ihm zu einem packenden Fight zwischen McLaren und Mercedes kam

Norris fordert Verstappen heraus - Formel 1 - MOTORSPORT

Es war ein hartes Stück Arbeit in einem chaotischen Grand Prix mit wechselhaften Wetterbedingungen, aber am Ende hat Max Verstappen in Montreal doch wieder gewonnen. Der Red-Bull-Pilot sicherte sich den Sieg auf dem Circuit Gilles Villeneuve vor Lando Norris (McLaren) und George Russell (Mercedes).

Russell eroberte den dritten Platz in Runde 68 von 70, als er vor der Zielkurve mit DRS an Hamilton vorbeiging. “Wir racen. Aber pass auf, dass es sauber abläuft”, hatte ihm sein Renningenieur zuvor noch durchgefunkt. Hamilton konnte in den letzten beiden Runden dann nicht mehr kontern.

Fünfter wurde Oscar Piastri (McLaren), der in der Schlussphase des Rennens zeitweise auf Podiumskurs lag, das Tempo der Mercedes aber nicht ganz mitgehen konnte.

Auf Platz 6 und 7 landeten, beim Heimspiel von Teameigentümer Lawrence Stroll, Fernando Alonso und Lance Stroll (beide Aston Martin). Achter wurde, trotz einer Fünfsekundenstrafe, Daniel Ricciardo (Racing Bulls), vor Pierre Gasly und Esteban Ocon (beide Alpine).

Nico Hülkenberg (Haas) schrammte nach einem für ihn ereignisreichen Rennen hauchdünn an einem WM-Punkt vorbei. Im Finish hatte er Glück, als Yuki Tsunoda (Racing Bulls) vor ihm abflog und er dem Japaner nur knapp ausweichen konnte.

Insgesamt sahen 15 von 20 gestarteten Autos die Zielflagge.

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Wie kam es zur großen Haas-Show in den ersten Runden?

Die großen Gewinner des Starts waren die beiden Haas-Fahrer. Das Rennen begann auf nasser Strecke, und das komplette Feld startete auf Intermediates. Nur Kevin Magnussen und Hülkenberg setzten auf Full-Wets – und gewannen in der ersten Runde sechs und fünf Positionen. Gleichzeitig begann es sogar noch stärker zu regnen.

Nach zwei Runden war Magnussen bereits Fünfter und Hülkenberg Zehnter, und das Mercedes-Team funkte an Russell: “Wir rechnen damit, dass der Regen nicht mehr schlimmer wird.”

Nach Ende der fünften Runde schien der Haas-Vorwärtsdrang erstmal gebremst. Magnussen hatte 2,0 Sekunden Rückstand auf Norris und lag an vierter Position, Hülkenberg steckte auf Rang 8 fest, hinter Hamilton. Und der Deutsche funkte: “Ich habe das Gefühl, die Hinterreifen überhitzen.”

Am Ende von Runde 7 holte Haas Magnussen an die Box, um auf Intermediates zu wechseln. Der Reifenwechsel dauerte 8,6 Sekunden, weil es vorne rechts klemmte. Damit fiel der Däne auf Platz 14 zurück – und ärgerte sich: “Wir hätten auch eine Runde warten können, wenn ihr noch nicht fertig seid. “Wir hätten bereit sein sollen. Da ist irgendwas mächtig schiefgelaufen. Sorry, Kev”, lautete die Antwort am Boxenfunk.

Hülkenberg blieb noch ein paar Runden länger draußen und verlor in seinen letzten Runden des ersten Stints mehrere Sekunden pro Runde. Nach seinem Wechsel auf Intermediates kam er als 19. wieder auf die Strecke.

Damit war das Haas-Strohfeuer ausgebrannt.

Wie arbeitete sich Norris an die Spitze?

An der Spitze hatte sich Russell nach einem souverän gewonnenen Start schon um bis zu drei Sekunden abgesetzt, und der Mercedes-Fahrer und Verstappen konnten sich von den Verfolgern ziemlich rasch absetzen. Nach Runde 7 hatte Norris auf Platz 3 bereits 9,7 Sekunden Rückstand auf den Führenden.

In Runde 12 bildeten sich erste trockene Linien, Verstappen war inzwischen im DRS-Abstand von Russell. Allerdings hatte die Rennleitung DRS noch nicht freigegeben. Da funkte Verstappens Renningenieur Gianpiero Lambiase: “Max, Wetterupdate, wir rechnen mit einer kurzen Regenzelle. Wird ungefähr fünf Minuten dauern. Kommt in 15 Runden.”

Russell wollte wissen: “Was soll ich jetzt tun? Diese Reifen bauen ziemlich stark ab.” Antwort: “Pass einfach auf, dass du den Inter nicht kaputt machst.” Die Idee, auf Slicks zu wechseln und bis zum Regenschauer Vollgas zu geben, war bei Mercedes offenbar kein Thema. Sondern Russell und Verstappen versuchten, den Intermediate bis zum nächsten Regenschauer am Leben zu halten.

In Runde 17 rutschte Verstappen im Senna-S geradeaus, sodass sein Rückstand auf Russell wieder auf mehr als drei Sekunden anwuchs. Von hinten hatte er plötzlich Norris im Rückspiegel, der die letzten Runden seinen Rückstand sukzessive verkürzt hatte und in jener Phase das schnellste Auto auf der Strecke hatte. Und: Die Rennleitung gab ausgerechnet jetzt das DRS frei.

In Runde 20 war es dann so weit: Norris nutzte ausgangs der Haarnadel seinen besseren Grip, drückte den DRS-Knopf und ging vor der Zielkurve ziemlich locker an Verstappen vorbei. Jetzt lagen die Top 3 in einem Paket, getrennt nur durch 1,2 Sekunden.

In Runde 21 der Führungswechsel: Norris legte sich vor der Zielkurve auch Russell zurecht und ging vorbei. Russell bremste einen Tick zu spät, musste geradeaus fahren, wäre beim Rückweg auf die Strecke beinahe Verstappen in die Quere gekommen und lag plötzlich nur noch auf Platz 3, 4,7 Sekunden hinter Norris, der sich bei freier Fahrt sofort abzusetzen begann.

“Die Pace von McLaren und Lando Norris ist momentan wirklich extrem stark”, staunte Experte Philipp Eng im Live-Kommentar von ServusTV. Auch Christian Klien staunte: “Brutal.” Am Ende der 23. Runde hatte Norris 5,4 Sekunden Vorsprung auf Verstappen und 7,2 auf Russell.

Der nächste Regenschauer stand jetzt unmittelbar vor der Tür, doch die Intermediates waren durch die halbtrockenen Runden so sehr verschlissen, dass etwa Verstappen funkte: “Wenn es jetzt plötzlich zu schütten beginnt, können wir mit diesen Reifen nicht draußen bleiben.”

Wie verlor Norris die Führung wieder?

In Runde 25 von 70 kam es dann zur in Montreal fast unvermeidlichen Safety-Car-Phase (bis Runde 30). Logan Sargeant hatte seinen Williams bereits zum zweiten Mal außer Kontrolle verloren, diesmal bei Kurve 4, und stand in entgegengesetzter Fahrtrichtung auf der Strecke.

Die Gelbphase nutzten Verstappen, Russell und Piastri, der zu den beiden vor ihm liegenden Gegnern aufgeschlossen hatte, zum Wechsel auf frische Intermediates. Nur Norris blieb zunächst mit seinen gebrauchten Reifen draußen.

Eine Runde später wechselte auch er – und fiel dadurch auf den dritten Platz zurück, hinter Verstappen und Russell, aber hauchdünn vor Piastri. McLaren hatte durch die zögerliche Entscheidung zwei Positionen verloren.

Trotzdem wirkte Norris’ Renningenieur unbesorgt: “Okay, Kumpel, das Timing des Safety-Cars war nicht ideal. Erinnere dich nur an die Unterhaltung, die wir heute Morgen hatten. Vor drei, vier Runden warst du bei diesen Bedingungen das schnellste Auto.”

Vorteil Verstappen: Was passierte bis zum zweiten Safety-Car?

Doch der ganz große Regen blieb nach der Safety-Car-Phase aus, und bei langsam abtrocknender Strecke und freier Fahrt konnte sich Verstappen nach und nach absetzen. Nach 40 von 70 Runden schienen noch fünf Autos im Kampf um den Sieg zu sein: Verstappen, Russell (+2,8), Norris (+4,0), Piastri (+5,0) und Hamilton (+5,6). Alonso auf Platz 6 hatte bereits 17,6 Sekunden Rückstand.

In Runde 43 war Hamilton der erste aus dem Paket, der auf Slicks (Medium) wechselte. In Runde 44 zog McLaren mit Piastri nach. Weiter hinten im Feld fuhr Pierre Gasly (Alpine) an 17. Stelle liegend mit Slicks inzwischen die schnellsten Rundenzeiten im gesamten Feld. Doch Hamilton war nicht sofort schneller als seine direkten Gegner, weil er die Reifen erst richtig auf Temperatur bekommen musste.

In Runde 45 bogen Verstappen und Russell an die Box ab, Norris blieb allerdings nochmal draußen. Prompt fuhr Norris in Runde 46 die schnellste Runde im Rennen, kam am Ende von Runde 47 an die Box – und kam als Zweiter hinter Verstappen wieder auf die Strecke. Der Overcut hatte ihm immerhin eine Position gegen Russell eingebracht.

Norris’ Rückstand zu Verstappen betrug jetzt 4,2 Sekunden, allerdings hatte er die um zwei Runden frischeren Mediumreifen. Im Windschatten hatte er Russell und Piastri. Vier Sekunden hinter dieser Gruppe lag Hamilton, dessen früher Boxenstopp sich nicht gelohnt hatte, an fünfter Stelle, fuhr aber jetzt die schnellste Rennrunde.

Mercedes machte jetzt Druck. In Runde 49 ging Russell an Norris vorbei und war wieder Zweiter. Währenddessen meckerte Verstappen: “Ich kann auf keinen Randstein fahren. Das schlägt mich fast k.o.” Das Rennen war 20 Runden vor Schluss noch nicht entschieden.

Eine Runde später funkte Russell: “Checkt mal den Reifendruck. Irgendwas fühlt sich nicht okay an.” Seine Crew gab aber Entwarnung: “Druck ist okay.” Trotzdem kam Russell in Runde 52 ins Rutschen und verlor den zweiten Platz wieder an Norris. Jetzt meldete sich Teamchef Toto Wolff am Boxenfunk: “Konzentrier dich, George!”

Während sich die Gegner dahinter gegenseitig beschäftigten, drehte Verstappen an der Spitze souverän seine Runden und baute den Vorsprung auf über fünf Sekunden aus. Doch die Freude darüber war von kurzer Dauer, denn in Runde 54 kam’s zur nächsten Safety-Car-Phase.

Warum das zweite Safety-Car?

Zuerst rutschte Sergio Perez (Red Bull) in Kurve 6 das Heck weg. Der Mexikaner schlug an, beschädigte den Heckflügel, schleppte sich an die Box. Wenig später passierte Carlos Sainz (Ferrari) exakt das gleiche Missgeschick. Dahinter konnte Alexander Albon (Williams) nicht mehr ausweichen, und es kam zur Kollision. Perez, Sainz und Albon waren damit aus dem Rennen.

Albon hatte ein paar Runden davor eins der beeindruckendsten Überholmanöver des Rennens gezeigt, als er vor der Zielkurve gleichzeitig an Ricciardo und Ocon vorbeiging.

Während Verstappen, Norris und Piastri auf der Strecke blieben, holte Mercedes beide Fahrer an die Box, um mit frischen Reifen nochmal zu attackieren. Russell war jetzt auf Mediums und auf Platz 4, Hamilton lag mit Hards auf Platz 5. “Wundert mich, dass sie sich nicht auf Soft getraut haben”, sagte #ServusTV-Experte Philipp Brändle im Live-Kommentar des österreichischen Senders.

Bei McLaren wurde jetzt eine Teamorder überlegt: “Oscar, glaubst du, du kannst Verstappen angreifen? Er fuhr in der letzten Runde 17.4.” Doch Piastri lehnte den Platztausch freiwillig ab: “Ich muss mich drauf konzentrieren, Russell hinter mir zu halten.”

Eine Runde später setzte sich Russell dann in der Zielkurve neben Piastri. Es kam zur Berührung, und Russell musste in den Notausgang. Damit hatte Piastri zumindest kurzzeitig mal Luft zum Durchschnaufen, und in seinem Windschatten war jetzt nicht mehr Russell, sondern Hamilton, der von der Situation profitieren konnte.

Mercedes hatte in jener Phase den besseren Speed als McLaren, und es dauerte nicht lang, da war Hamilton an Piastri vorbei und damit auf Podiumskurs. Eine Runde später musste Piastri auch Russell durchlassen. Das Podium war für den Australier jetzt in weiter Ferne.

Russell ging dann Mercedes-intern noch an Hamilton vorbei. Doch Verstappens Sieg war nicht mehr gefährdet. Am Ende betrug sein Vorsprung 3,9 Sekunden.

Was war bei Leclerc los?

Für Monaco-Sieger Charles Leclerc lief das Rennen von Anfang an ganz und gar nicht nach Wunsch. Bereits in Runde 4 wurde er gewarnt: “Wir sehen etwas Merkwürdiges auf der Motorenseite.” Etwas später bestätigte Leclerc “merkwürdige Aussetzer”. Sein Renningenieur wies ihn jedoch an: “Keep pushing!”

Angesichts der Aussichtslosigkeit des Unterfangens ließ sich Ferrari auf einen Poker ein, setzte Leclerc während der Safety-Car-Phase als einzigen Fahrer auf Slicks. Doch damit verlor er mehr als zehn Sekunden pro Runde, sodass Ferrari das Experiment abbrach und wieder auf Intermediates wechselte. Leclerc war jetzt Letzter, mehr als eine Minute hinter Hülkenberg auf P18.

Ungefähr zur gleichen Zeit kämpfte sein Teamkollege gegen Valtteri Bottas (Sauber) um Platz 12. Sainz bremste in der Haarnadel zu spät, rutschte dem Finnen ins Heck und lädierte sich dabei die rechte Frontflügelendplatte.

In Runde 36 wurde Leclerc von Verstappen überrundet. Für Ferrari, nur zwei Wochen nach dem Sieg in Monaco, die Höchststrafe. In seiner 42. Runde war der Spaß dann ganz vorbei: “Stell das Auto ab.”

Warum kassierte Ricciardo eine Strafe?

Ricciardo startete vom fünften Platz. Doch kurz bevor die Ampel das Rennen freigab, rollte er ein paar Zentimeter nach vorn. Kein großer Vorteil, aber offenbar genug, um den Frühstartsensor auszulösen. Das ahndeten die Rennkommissare mit einer Fünfsekundenstrafe. Nach Absitzen eben dieser lag Ricciardo während der Safety-Car-Phase nur noch auf Platz 10. Am Ende wurde er Achter.

Warum sind die Sauber-Fahrer aus der Box gestartet?

Bottas und Guanyu Zhou hatten im Qualifying die Plätze 17 und 20 belegt. Ohnehin schon weit hinten. Und weil das Qualifying trocken war und es kurz vor dem Rennstart zu regnen begann, baute das Sauber-Team die Konfiguration um. Konkret wurde der in Montreal neu eingeführte Heckflügel ab- und ein älterer Heckflügel angebaut.

Das bedeutete einen Bruch der Parc-ferme-Regeln und automatisch einen Start aus der Boxengasse für beide Autos. Also ließ Bottas auch gleich den dritten Energiespeicher und die dritte Steuerelektronik der Saison einbauen. Das hätte unter anderem Umständen eine Gridstrafe bedeutet, verpufft jetzt aber durch den Boxengassenstart und bleibt ohne weitere Konsequenzen.

Wie geht die Formel-1-Saison 2024 jetzt weiter?

Kanada war die neunte von 24 Stationen des Formel-1-Kalenders 2024. Doch für echte Fans ist das Rennwochenende mit dem Fallen der Zielflagge noch nicht vorbei. In der Nacht auf Montag steigt um 3:00 Uhr auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de die große Rennanalyse mit Kevin Scheuren und Christian Nimmervoll.

Die steht natürlich auch nach Ende des Livestreams als Re-Live zur Verfügung, sodass die User die F1-Show zum Beispiel am Montagmorgen zum Frühstück schauen können, um aufzuholen, was sie nach Ausstieg der TV-Sender aus ihren Live-Übertragungen noch verpasst haben. Nachteil: Nur Kanalmitglieder, die wirklich live dabei sind, können über den Livechat diskutieren und Fragen stellen.

Nach Kanada bleibt die Formel 1 dann den Sommer über in ihrem Kernmarkt Europa. Am 23. Juni geht’s weiter mit dem Grand Prix von Spanien in Barcelona, der ersten Station eines “Tripleheaders” mit Spielberg (Österreich) und Silverstone (Großbritannien).

Davor stehen am 15. und 16. Juni noch die 24 Stunden von Le Mans mit Mick Schumacher (Alpine) auf dem Programm.

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