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Neue VDE-AR-N 4100 : Das ändert sich für Balkonkraftwerk und E-Auto-Ladekabel

Der VDE arbeitet an einer neuen Fassung der wichtigen AR-N-4100. Geplant sind neue Anforderungen für E-Auto-Ladekabel und eine Abkehr von Papierformularen.

neue vde-ar-n 4100 : das ändert sich für balkonkraftwerk und e-auto-ladekabel

(Bild: riopatuca; Shutterstock.com)

Der “Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik” (VDE) plant eine Neufassung der VDE-AR-N 4100. Was zunächst wie eine Nachricht für Spezialisten klingt, hat weitreichende Auswirkungen. Das Dokument ist zentral für alle privaten und viele gewerbliche Hausanschlüsse auf der Niederspannungsebene. Mit den geplanten Änderungen reagiert die zuständige Arbeitsgruppe einerseits auf teils gar nicht mehr so neue Trends wie Balkonkraftwerke mit 800 Watt sowie auf gestiegenes Interesse an Wärmepumpen, Klimaanlagen und Wallboxen. Doch noch sind die Änderungen nicht in Stein gemeißelt.

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Ende September hat das “Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN)”, genauer dessen Projektgruppe “Technische Anschlussregeln für die Niederspannung”, eine Neufassung der VDE-AR-N 4100 als Entwurf vorgelegt, die später einmal die aktuell gültige VDE-AR-N 4100:2019-04 aus dem April 2019 ersetzen soll. Bis zum 27. November 2024 hat die Öffentlichkeit jetzt Zeit, Einsprüche vorzubringen. Änderungen an dem Dokument haben große Auswirkungen: Die VDE-AR-N 4100 regelt “den Anschluss von Kundenanlagen an das Niederspannungsnetz und deren Betrieb” und damit die Schnittstelle zwischen elektrischer Anlage eines Kunden und dem Netz des Netzbetreibers.

Die 4100 legt unter anderem fest, wie Zählerplätze beschaffen sein sollen, welche Schutzeinrichtungen dort verbaut sein müssen und welche Angaben der Elektrofachbetrieb gegenüber dem Netzbetreiber machen muss, wenn er eine Anlage in Betrieb nimmt oder verändert. Kurzum: Die 4100 betrifft Zählerschränke, Balkonkraftwerke, große PV-Anlagen, Wärmpepumpen, Wallboxen und andere Verbraucher und Erzeuger gleichermaßen. Die Anwendungsregel selbst hat keine rechtliche Bedeutung, sondern dient den Netzbetreibern als Grundlage für ihre Technischen Anschlussbestimmungen (TAB), die sie zum Vertragsbestandteil mit den Anschlussnehmern machen. In den TAB können die Netzbetreiber auch über die Anschlussregel (AR) hinaus Vorgaben machen.

Der Entwurf steht öffentlich zum Download bereit – für alle, die keinen kostenpflichtigen Zugang zu den Normen und Regeln haben, ist das Entwurfsstadium die Gelegenheit, die AR einmal kostenlos im Volltext herunterzuladen. Wer die Änderungen kommentieren möchte, braucht einen kostenlosen Account im Portal www.entwuerfe.normenbibliothek.de. Dort gibt es einen komfortablen Viewer inklusive Volltextsuche. Was sich im Vergleich zur Fassung von 2019 geändert hat, wird aber nicht hervorgehoben, es gibt lediglich eine knappe Zusammenfassung der geplanten Änderungen. Wir haben den Entwurf mit der aktuell gültigen Fassung verglichen und die wichtigsten Änderungen zusammengefasst.

Wie wird angemeldet

In der Zusammenfassung ist lediglich knapp von einem “Netzanschlussportal” die Rede. Was sich dahinter verbirgt, ist eine indirekte Aufforderung der Expertengruppe an die Netzbetreiber, die Digitalisierung endlich voranzutreiben. Konkret geht es um den Abschnitt 4.1 “Anmeldung elektrischer Anlagen und Geräte”. Bisher musste ein Elektrobetrieb alle Inbetriebnahmen und Änderungen auf Papier- oder PDF-Formularen dem Netzbetreiber melden und diese am Ende dem Netzbetreiber per Fax, Post oder gescannt als E-Mail zukommen lassen. Einige Netzbetreiber forderten stets einen Stempel des Betriebs und lehnten ungestempelte Unterlagen grundsätzlich ab.

Diesem Papierprozess sagt die Neufassung der AR den Kampf an. In 4.1 heißt es jetzt: “Damit der Netzbetreiber das Niederspannungsnetz, den Netzanschluss (Hausanschluss) […] beurteilen kann, sind vom Anschlussnehmer bzw. dem Planer oder Errichter die erforderlichen Angaben über das Netzanschlussportal des Netzbetreibers zur Verfügung zu stellen.” Welche Daten das Portal abfragt, wird in einem “Datenset zum digitalen Netzanschlussprozess” geregelt. Das VDE-Gremium folgt damit auch Vorgaben, die der Gesetzgeber gemacht hat: Ab 1. Januar 2025 müssen PV-Anlagen bis 30 kW gemäß Paragraph 8 EEG angemeldet werden können.

Balkonkraftwerke

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Auch in einem anderen Punkt folgt das Gremium dem Gesetzgeber: In Punkt 4.1 (Seite 27 der PDF-Datei des Entwurfs) folgt eine Aufzählung der anmelde- und genehmigungspflichtigen Änderungen an einer Kundenanlage. In der alten Fassung war das nur eine Stichpunktliste, neu ist jetzt eine ausführliche Tabelle, die genau erklärt, bei welchen Maßnahmen der Elektriker nur eine Meldung im Onlineportal durchklicken muss und wo eine ausdrückliche Genehmigung nötig ist.

In dieser Tabelle finden sich jetzt “Steckersolargeräte ≤ 800 VA Wechselrichterleistung und ≤ 2 kW Modulleistung je Anschlussnutzeranlage, für die keine Einspeisevergütung geltend gemacht wird”. Das ist eine Anpassung an die Änderung der Marktstammdatenregisterverordnung, nach der ein Balkonkraftwerk bis 800 Watt Wechselrichterleistung nur noch im Marktstammdatenregister eingetragen werden muss.

Ebenfalls neu geregelt ist die Anmeldung von Speichern für Balkonkraftwerke. In der bisherigen Fassung hieß es “[…] alle elektrischen Speicher sind beim Netzbetreiber anzumelden.” Eine Ausnahme für Akkus, die per Stecker angeschlossen werden, gab es nicht. Im Entwurf heißt es jetzt, dass “Stationäre elektrische Speicher” anmeldepflichtig sind – es geht also nicht um mobile Speicher.

Steckdosen zum E-Auto-Laden

Eine Überraschung enthalten die neuen Tabellenzeilen über Ladeeinrichtungen für E-Autos. Früher hieß es lediglich “Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge mit Bemessungsleistungen ≥ 3,6 kVA sowie alle elektrischen Speicher sind beim Netzbetreiber anzumelden.” Außerdem mussten Einrichtungen über 12 kVA genehmigt werden. An diesen Regeln hat sich in der neuen Tabelle nichts geändert, neu ist aber die Formulierung “vorgesehene Stromkreise für die Energieversorgung von Elektrofahrzeugen für die Nutzung von IC-CPD Mode 2 Ladekabel (portabler Ladekabel mit Ladesteuerung)”. Dabei handelt es sich um die Schuko-Ladeadapter, die E-Autos meist beiliegen (in E-Autofahrerkreisen auch “Ladeziegel” genannt).

Geht es nach der Neufassung, muss ein Elektriker immer dann, wenn der Kunde bei ihm eine Steckdose zum Autoladen mit einem solchen Adapter bestellt, diese beim Netzbetreiber wie eine Wallbox anmelden (künftig digital). Bestellt der Kunde dagegen lediglich eine Schuko-Steckdose, beispielsweise für den Betrieb eines Rasenmähers, und steckt dann sein Auto dort an, entfällt die Anmeldung. Doch in der Praxis gibt es gute Gründe, ausdrücklich eine Steckdose fürs Auto zu bestellen, wenn man beabsichtigt, dort häufiger zu laden: Gewöhnliche Schuko-Steckdosen sind nicht für eine Dauerbelastung mit den vollen 16 Ampere ausgelegt, mit denen ein Steckdosenkreis maximal abgesichert wird.

Empfehlenswert ist es daher, für solche Ladeadapter eine verstärkte 230-Volt-Steckdose zu verbauen. Ein Anbieter ist der Hersteller Legrand mit der “Green-Up-Ladesteckdose”. Der Unterschied zwischen diesen Steckdosen: Die verstärkte Version ist mechanisch robuster und verkraftet auch sechs Stunden Dauerbelastung mit voller Leistung. Eine gewöhnliche 230-Volt-Steckdose ist nur auf 10 A Dauerlast ausgelegt. Wer eine verstärkte Dose künftig installieren lässt, muss auch mit den Kosten für die Anmeldung beim Netzbetreiber rechnen – es sei denn, man bestellt die Dose noch vor Inkrafttreten der neuen 4100.

Die vollen 16 Ampere (3680 Watt) fließen aber in der Regel nicht. Die “Ladeziegel” der Autohersteller begrenzen allesamt den Strom: Standard sind 10 A (2300 Watt), Ausreißer nach oben ist Kia mit bis zu 12 A (einstellbar). Die Stellantis-Gruppe, zu der unter anderem die Marken Opel, Peugeot und Citroën gehören, legt Lader mit nur 8 A (1840 Watt) bei. Aber auch bei den niedrigeren Ladeströmen ist es sinnvoll, einen Elektriker mit dem Einbau einer neuen Ladesteckdose in der Garage zu beauftragen. Gerade die Installationen in alten Garagen sind nicht für höhere Dauerlasten ausgelegt – eher für den Betrieb eines Garagentormotors.

Wärmepumpen und Klimaanlagen

Ebenfalls genauer ausformuliert werden in der Neufassung die Regeln zur Anmeldung von Klimaanlagen und Wärmepumpen. Bis 11 kW sind sie anmeldepflichtig, bei größeren Leistungen sind sie auch genehmigungspflichtig, ausgenommen sind ortsveränderliche Geräte (mobile Klimaanlagen).

Die weiteren geplanten Änderungen betreffen eher einen kleinen Interessentenkreis. Da geht es unter anderem um die Anordnung von Feldern am Zählerplatz sowie um Messwandler für halbindirekte Messung bis 100 A – für Hausbesitzer nicht relevant. Wer mit den geplanten Änderungen unzufrieden ist oder Punkte ergänzen will, hat bis zum 27. November Zeit dafür.

(jam)

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