Lieber zwei Stunden im Auto sitzen, als einen Parkplatz riskieren!
Es war ein Freitagabend in Berlin-Kreuzberg, SO36, ein Parkplatz in meiner Straße um diese Zeit ist wie ein kleiner Lottogewinn. Mein Freund musste in meine Wohnung, um etwas zu holen, was er für seine Arbeit brauchte, und wollte dann bei mir übernachten, um am nächsten Morgen sehr früh mit einem Taxi zum Flughafen zu fahren, für eine Dienstreise. Das klingt jetzt alles etwas kompliziert, aber so ist das Leben ja oft. Es wurde noch komplizierter. Er hatte seinen Schlüssel vergessen. Und ich war nicht zu Hause, sondern auf einem Familientreffen.
Komm vorbei und hol meinen Schlüssel, bot ich ihm an. Du hast doch ein Auto. Auf keinen Fall, sagte mein Freund. Er werde diesen Parkplatz nicht mehr riskieren.
Andererseits finde ich Autos am Straßenrand keinen unzumutbaren Anblick. Wahrscheinlich hat mich die Auto- und Parkplatz-Lobby in den letzten Jahrzehnten so stark manipuliert, dass ich kein Leid empfinde. Und Dinge denke wie: Irgendwo müssen die Autos, die die Leute haben, ja abgestellt werden. Und besser still herumstehende Autos als Autos, die stundenlang um den Block kreisen, weil ihre Fahrer einen Parkplatz suchen.
Die Parkplatz-Gegner behaupten oft, keine strikten Auto-Gegner zu sein. Sie sagen: Wer ein Auto braucht, der soll auch in Zukunft ein Auto haben dürfen. Ich habe auch schon diese Argumentation gehört: Menschen, die in Berlin ein Auto brauchen, sollen sich auf die Verkehrswende freuen. Wenn sie erst einmal da ist, werden nämlich alle Leute, die nicht unbedingt ein Auto brauchen, ihren Wagen von allein abschaffen. Dann fahren nur noch die Menschen Auto, die das wirklich müssen! Sie kommen viel schneller und stressfreier an. Und finden dann auch einen der wenigen letzten Parkplätze, nehme ich an. Komisch nur, dass jeder Autofahrer, den ich kenne, wirklich Auto fahren muss. Für den Job oder um am Wochenende in den Garten vor der Stadt zu kommen.
Ich erzählte meiner Familie am Tisch von der Situation und erwartete Gelächter. Stattdessen sagten mehrere Leute, dass sie meinen Freund verstehen könnten. Autofahrer und Nicht-Autofahrer. Einen Parkplatz in der Berliner Innenstadt gebe man wirklich nicht auf, wenn es sich irgendwie vermeiden lasse.
Als ich zwei Stunden später in mein Viertel einbog, zu Fuß, war alles zugeparkt. Auch Plätze, auf denen man eigentlich gar nicht stehen darf. Natürlich kurvten Parkplatzsucher herum. Mein Freund saß zwischen ihnen in seinem Auto, verfroren und müde. Aber zufrieden.