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Kurztest Audi e-tron 55 – durstiger Premium-Stromer

kurztest audi e-tron 55 – durstiger premium-stromer Audi e-tron 55 kurztest audi e-tron 55 – durstiger premium-stromer Beachtliche 35,3 kWh seit Beginn. kurztest audi e-tron 55 – durstiger premium-stromer Audi e-tron 55 kurztest audi e-tron 55 – durstiger premium-stromer Auch das Heck überzeugt kurztest audi e-tron 55 – durstiger premium-stromer Moderne Instrumentierung

Audis e-tron wurde in den letzten Wochen recht aggressiv beworben – vor allem nach dem Motto: Seeing is believing. Das haben wir wörtlich genommen.

Wir buchten bei einem großen Allgäuer Audi-Händler eine Probefahrt mit dem e-tron 55 quattro, und zwar ganz bewußt dort, um die Höhen und Tiefen (im wahrsten Sinne des Wortes) des ersten Premiumstromers aus deutschen Landen zu „erfahren“. Im Raum Kempten/Füssen steht alles an Straßen zur Verfügung, was einen ersten Eindruck zu Fahrverhalten, Stromverbrauch und Wohlfühlfaktor verschafft.

Die klimatischen Verhältnisse waren nicht ganz ideal für den vorgeheizten Akku aber ideal für einen Test. Es war ein Tag der alles enthielt: Sonne, Schneefall, Regen, Schneesturm – fast wie im April. Die Temperaturen bewegten sich zwischen 2° und 6° Celsius.

kurztest audi e-tron 55 – durstiger premium-stromer

Man kann das Auto durchaus flott bewegen. Relevant sind nur die Werte bis 150.

Mäßige Reichweitenangabe bei der Übernahme

Den ersten Schrecken hatten wir, als wir das Auto übernahmen. Das Fahrzeug war „vollgetankt“ zeigte aber nur eine Reichweite von 197 km an. „Das liegt daran, dass der Audi, wie bei Vorführern üblich, ziemlich geheizt wurde, seit wir ihn haben. Die reelle Reichweite liegt höher. Das System zeigt eine durchschnittlich erwartbare Reichweite auf Basis des derzeitigen Fahrprofils an,“ so der betreuende Verkäufer.

Nun gut, wir hatten ohnehin nicht vor, in diesen rund 3 Stunden mehr als die 200 km zu fahren. Los gings im Raum Seeg. Da gibt es schöne, wenig befahrene Strecken, die kurvig sind und die vor allem richtige Steigungen beeinhalten. Den Bordcomputer hatten wir dann auch immer aufmerksam im Auge.

Erst mal warm werden mit dem „Boliden“

Der erste Eindruck war zwiespältig. Wo der Kia e-Niro, den wir ein paar Wochen vorher gefahren sind (ein ausführlicher Test folgt!), leichtfüßig unterwegs war, erschien uns der mit zwei Personen besetzte, fast 2,7 Tonnen schwere Audi, sehr viel wuchtiger und trotz der vielen Komforthelferlein schwerfälliger.

Ja, wir hatten sogar das Gefühl, das Fahrzeug schiebe ein wenig über die Vorderräder. Eigentlich schier unmöglich bei einem Allradler. Vermutlich lag es daran, dass der Kontakt zur Straße sowohl vom Fahrwerk, als auch der Lenkung eher künstlich anmutete. Nach wenigen Kilometern hatten wir uns daran gewöhnt, dass der Audi eben rund 900 kg mehr wiegt als der kleinere Kia. Laut Informationen des Herstellers wiegt alleine der Akku 700 kg. Da das Auto sehr leise ist, merkten wir gar nicht, wie flott wir zum Teil auf der Landstrasse unterwegs waren – eigentlich nie unter 100 km/h.

Der Verbrauch ist die Achillesferse des e-tron 55

Das zeigt sich dann auch beim Verbrauch. Der Durchschnitt fiel so gut wie nie unter 29 kWh und pendelte sich bei rund 31 kWh ein. Ein kurzes Stück auf der Autobahn von Nesselwang nach Kempten liessen wir den Wagen laufen, wurden aber bei 160 km/h von einem plötzlich auftretenden Schneesturm eingebremst. Grundsätzlich beschleunigt der e-tron spektakulär für eine fahrende Schrankwand. Bei zwei nicht repräsentativen Tests konnten wir einmal gut 5 Sekunden und einmal exakt 6 Sekunden von 0 auf 100 km/h messen.

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Bei Vollgas nimmt der Elektromotor dann die ganz dicke Leitung …

Logisch, der Stromverbrauch geht dann auch kurzzeitig auf weit über 33 kWh hoch – bei längerer Vollgasfahrt gar bis 59,3 kWh pro 100 km. Das zeigte der Bordcomputer einem Kollegen an, der das Fahrzeug am Vormittag auf der Autobahn testete. Tempomat auf 190 und die nächsten 34 km mit Höchstgeschwindigkeit.

Das würde bedeuten: alle 130-140 km an die Ladesäule.

Reichweitenanzeige nur ein Eckwert

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Kilowattverbrauch bei unserem Kurztest. Unter 30 kWh war der e-tron nicht zu kriegen.

Positiv zu vermelden wäre: die Reichweite ging langsamer zurück, als wir vermutet hätten. Nachdem wir rund 125 km gefahren waren, war die Restreichweite immer noch bei 119 km. Würde man es hochrechnen, kämen wir bei den Bedingungen vermutlich 280-300 km weit und das bei den niedrigen Temperaturen und sehr vielen Steigungen. Eine realistische Reichweite von etwas mehr als 300 km bei einem ausgewogenen Fahrstil und normalen Temperaturen ist also drin.

Was uns gefallen hat

Das Fahrzeug macht einen absoluten Premium-Eindruck, die Displays haben ein ausnehmend schönes Screendesign, die Ledersitze bieten guten Halt. Die Kraftentfaltung ist spektakulär – so wie man es von einem Elektroauto eben erwartet. Man vermisst fast das Turboloch. Bumms von Anfang an. Das Head-Up-Display ist in jeder Lage gut ablesbar und gibt keine Rätsel auf.

Was wir ok fanden

Drei Bildschirme sind zuviel. Definitiv. Auch wenn das Layout und Design schön ist. Das Mäusekino ist zu komplex, die kleinen Schalterchen am Lenkrad irgendwie unpassend. Die Platzverhältnisse im Fond sind ausreichend aber nicht so üppig, wie man erwarten würde. Immerhin ist der e-tron 4,90 m lang, damit liegt er zwischen dem Q5 mit 4,6 m Länge und dem Q7 mit 5,07 m Länge. Der Totwinkel-Assistent ist etwas unbeholfen in den Spiegel integriert, das kennen wir eleganter.

Was wir nicht so gut fanden

Das Interieur ist vorne etwas zerklüftet, trotz Monitoren, die ungewohnt angeordnet sind. Der untere Monitor für Heizung etc. ist etwas schwer einsehbar. Der Ganghebel beim Übergang von Mitteltunnel zur Konsole ist – gewöhnungsbedürftig. Ohne Einweisung nicht sofort als Ganghebel identifizierbar. Der Start/Stop-Knopf liegt dahinter, ergonomisch ebenfalls etwas grenzwertig. Den Schalter für den Tempomat muss man suchen, der ist nämlich nicht auf dem Lenkrad, wie bei fast allen anderen Fahrzeugen, sondern irgendwo hinten rechts an einem Lenkstockhebel. Oder war es links?

Seltsame Rekuperations-Einstellungen

Die Rekuperation kann man auf Automatik oder Manuell schalten. Der Unterschied? Bei Automatik weiß es das System besser, obwohl es das nicht weiß. Bei Manuell muss man die Rekuperation bei jedem Anlassen des Fahrzeugs aufs Neue aktivieren. Und das geht, halten Sie sich fest, über die Schaltpaddel am Lenkrad. Völlig verwirrend. Da hat man wohl ins bestehende Teileregal gegriffen und nur ein Lenkrad mit Schaltpaddel gefunden und sich gefragt, wie man das am besten nutzt.

Überhaupt ist die Art der Rekuperation beim e-tron für unser Gefühl unpassend für ein Elektroauto. Wenn man vom „Gas“ geht, und nichts eingestellt hat, dann ist kaum „Motorbremse“ vorhanden. Erst wenn man 2-3x das Schaltpaddel links betätigt, dann bremst das Fahrzeug vernehmlich – aber weniger stark als beispielsweise der BMW i3, der fast alleine mit dem Gaspedal gefahren werden kann. Bremst man noch zusätzlich, wird die Rekuperation erst mal auf Maximum eingestellt, bevor dann je nach Bremskraft, die tatsächliche Bremse einschreitet.

kurztest audi e-tron 55 – durstiger premium-stromere-engine meint: Das Fahrzeug ist wertig in der Anmutung – für den Preis (der Testwagen-Preis liegt gefährlich nahe bei 100.000 Euro) muss er das auch sein. Das Interface vom Auto zum Fahrer ist übertrieben komplex, und im Vergleich zu der Nüchternheit eines Model 3 von Tesla schon fast altmodisch, wenngleich das Screendesign frisch und ansprechend ist. Der Stromverbrauch ist definitiv zu hoch, knapp 32 kWh im Normalbetrieb mit viel Landstraße unakzeptabel. Vor allen dann, wenn man den von Audi nach NEFZ genannten kombinierten Verbrauch von 24,1-24,6 kW/100km als Vergleichsbasis nimmt.

Gibt man dem Fahrzeug die Sporen, sind auch fast 60 kWh drin, das sind dann gut 18,10 Euro Stromkosten oder 13,92 Liter Diesel (bei einem Literpreis von 1,30 Euro). Ob ein Verbrenner weniger verbraucht, wenn man ihn mit 190 über die Autobahn jagt, darf allerdings bezweifelt werden. Nichtsdestotrotz ist der e-tron zu durstig. Zum (zugegeben etwas unfairen) Vergleich: den e-Niro haben wir mit knapp 17 kWh im Test bewegt.

Wir vergeben 3 von 5 Sternen, der vierte Stern scheitert allein am hohen Verbrauch.

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