Im Juli 2021 gefiel es einem tschechischen Unternehmer, seinen Bugatti Chiron auf der deutschen Autobahn A2 auszuführen – in den frühen Morgenstunden und mit einer Geschwindigkeit von bis zu 417 km/h. Der Gefahr, dabei unentdeckt zu bleiben, beugte er vor, indem er ein Video von seiner Fahrt anfertigte und es auf YouTube stellte.
Extremfall
Es wurde ein Jahr später, gründlich ausjudiziert, eingestellt. Auch wenn in der Begründung Argwohn mitschwingt: Wo kein Tempolimit gilt, kann man sich unter entsprechenden Bedingungen eben auch mit 116 Metern pro Sekunde (was Tempo 417 entspricht) fortbewegen, ohne straffällig zu werden.
Die „freie Fahrt“ auf immerhin 70 Prozent des bundesdeutschen Autobahnnetzes, eine weltweite Einzigartigkeit (mit nicht vergleichbaren Ausnahmen), hält also auch dem Extremfall stand. Aber vielleicht bringen sie nun jene zu Fall, die besonders langsam fahren: Elektroautos.
„Differenzgeschwindigkeit“
Die steigende Anzahl an Elektroautos im Verkehrsgeschehen verschärfe diese Gefahrenlage, denn sie würden grundsätzlich langsamer fahren, oftmals im Bereich unter der geltenden „Richtgeschwindigkeit“ von 130 km/h.
Tun sie das denn? Naheliegend, denn nirgendwo wird der exponentiell gesteigerte Energiebedarf hoher Fahrgeschwindigkeiten deutlicher als im Angesicht einer alarmierend schrumpfenden Reichweitenprognose. Das ist simple Zeitökonomie: Je schneller man fährt, desto früher und länger muss man an die Ladesäule. Darüber hinaus mag Tempobolzen auch nicht dem Geist der irgendwie fortschrittlich gesinnten E-Mobilität entsprechen. Somit formieren E-Autos einen weiteren Angriff auf das Bollwerk „freie Fahrt“.
Ginge der deutschen Autoindustrie ein wichtiges Asset verloren? Die „Hochgeschwindigkeitstauglichkeit“ gehörte jedenfalls lang zum Nimbus deutscher Bauqualität.