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Elektroauto & Wohnwagen: Herausforderungen und Tipps im Kia EV6

elektroauto & wohnwagen: herausforderungen und tipps im kia ev6

Elektroautos sind schlechte Zugfahrzeuge? Nun, ganz so einfach ist das wie so häufig nicht. Wir haben die Möglichkeit als erfahrene Elektroauto-Fahrer und Wohnwagen-Novizen den Test zu machen. Wir machen Urlaub in Südbayern mit dem vollelektrischen Kia EV6 AWD und dem Knaus Yaseo 340 PX. Im folgenden Artikel beschreiben wir unsere – ganz subjektiven – Eindrücke und berichten über Fallstricke und Tipps für die Reise mit dem Elektroauto-Gespann.

Kia EV6: Reichweite

Ein (gefühlter) Dauerbrenner beim Thema Elektromobilität ist die Reichweite mit einer Akkuladung. Hier ist in den letzten Jahren aber in Sachen Ladeleistung und Effizienz einiges passiert. Zuletzt konnten wir im VW ID.7 Tourer (Test) über 370 Kilometer ohne Laden auf der Autobahn bei Tempo 130 absolvieren. In der Stadt liegt die Reichweite aufgrund des niedrigeren Verbrauchs in der Regel noch höher.

Diese Reichweiten erzielen die Hersteller durch immer ausgefeiltere Aerodynamik, effizientere Systemkomponenten und (teilweise) über größere Akkus. Nun hat ein Wohnwagen allerdings bauartbedingt selten eine besonders windschlüpfrige Form, dazu kommt eine große Stirnfläche. Wenig überraschend steigt im Wohnwagenbetrieb der Kraftstoff- bzw. Strombedarf.

Bei unserem Testlauf kam – wie oben beschriebn – ein Kia EV6 AWD mit Knaus Yaseo 340 Wohnwagen zum Einsatz. Der EV6 hat in unserem Testwagen einen 77,4 kWh großen Akku verbaut. Auf der Autobahn liegt der Verbrauch ohne Wohnwagen bei Tempo 100 bei etwa 19 kWh auf 100 km. Somit ergibt sich rechnerische eine Reichweite von gut 400 Kilometern. Sobald der Wohnwagen allerdings am EV6 hängt, steigt der Energiebedarf rapide. Wir haben auf unserer Fahrt von Nürnberg zum Tegernsee einen Energiebedarf von gut 35 kWh auf 100 Kilometer erzielt. Spätestens alle 180-200 Kilometer sollte man im EV6 AWD also die nächste Schnellladesäule ansteuern. Was uns zum nächsten Punkt bringt.

Ladeplanung

Unser EV6-Testwagen verfügt zum Glück über eine intelligente Anpassung der Reichweite. Sobald also der Wohnwagen angehängt ist, sinkt automatisch die Reichweite im Bordcomputer. Das funktioniert zwar nicht ganz so präzise wie ohne Hänger, hilft aber sehr gut bei der Einschätzung. Die Fahrzeuge der meisten Hersteller bieten zudem mittlerweile gut funktionierende automatisch Ladeplanungen in ihren Navigationssystemen. Das Problem: Nicht jede Schnellladesäule ist für Wohnwagengespanne gleich gut geeignet – was aber das Fahrzeug nicht weiß.

Im ungünstigsten, aber leider sehr häufigen Fall muss der Wohnwagen zum Aufladen des Zugfahrzeugs abgehängt werden. Das kostet unnötig Zeit und Kraft, weswegen wir bei uns im Test die Ladeplanung im Vorfeld mit Google Maps vorgenommen haben. Der Vorteil hier ist, dass quasi von allen Schnellladesäulen Fotos vorhanden sind. Somit können wir beurteilen, ob die Ladesäule ohne Abhängen angesteuert werden kann – und ob wir auch ohne abhängen wieder zurück auf die Straße kommen.

Relevant ist aufgrund der begrenzten Reichweite im Zugbetrieb zudem die maximale Ladegeschwindigkeit des Zugfahrzeugs. Unser EV6 schafft hier dank 800V Batteriespannung auf dem Papier bis zu 240 kW, im Test 238 kW. An der richtigen Ladesäule ist der Akku damit in 18 Minuten wieder zu 80% gefüllt. Wer dagegen immer 28 statt 18 Minuten lädt, benötigt rein rechnerisch auf der Strecke Nürnberg – Jever (Nordsee) bei drei Ladestopps 30 Minuten länger. Eine hohe Ladeleistung des Zugfahrzeugs und die Wahl der richtigen Ladesäulen sind also Trumpf.

Übrigens: Das Ladesäulennetz ist in Zentraleuropa nach unserer Erfahrung mittlerweile sehr gut nutzbar. Alle von uns angesteuerten Ladesäulen funktionierten tadellos.

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Wer im Vorfeld klug plant, muss beim Ladestop nicht abkuppeln. Leider ist das nach unserer Erfahrung eher die Ausnahme.

Kia EV6: Anhängelast

Relevant für die Reichweite ist zudem die Masse des Wohnwagens. Der von uns genutzt Knaus Yaseo 340 ist speziell für den Betrieb mit Elektrofahrzeugen optimiert. Konkret bedeutet das, neben aerodynamischen Optimierungen, ein besonders niedriges Fahrzeuggewicht ab 905 Kilogramm. Denn anders als viele große Diesel-SUV, die bis zu 3,5 Tonne ziehen dürfen, ist die Anhängelast bei Elektroautos derzeit noch limitiert.

Unser EV6 mit Allradantrieb darf immerhin bis zu 1,6 Tonnen an den Haken nehmen, beim großen Bruder EV9 sind es bis zu 2,5 Tonnen. Womit das obere Ende der Zuglastskala nach unserem Wissen derzeit fast erreicht ist – nur der Audi Q8 e-tron bietet mit 2,8 Tonnen noch mehr. 1,6 bzw. 2,5 Tonnen Anhängelast sollten zwar für mittelgroße bis große Wohnwagen eigentlich ausreichen, einzelne sehr große Wohnwagen schöpfen die 3,5 Tonnen zulässige Gesamtmasse allerdings auch aus. Zudem sollte man bedenken, dass mit zunehmendem Anhängergewicht auch der Energiebedarf des Zugfahrzeugs steigt – und damit die Reichweite sinkt.

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Unser Testwohnwagen Knaus Yaseo 340 PX hat eine zulässige Gesamtmasse von 1200kg. Ein Vorteil, da Elektroautos oft eine begrenzte Anhängelast haben.

Der richtige Führerschein

Dieser Punkt ist für Alle mit dem „alten“ Führerschein der Klassen zwei oder drei irrelevant, denn bis 1999 gab es zum Führerschein der Klasse ‚B‘ auch ‚BE‘ und andere Klassen „gratis“ dazu. Wer seinen Pkw-Führerschein allerdings ab 1999 erworben hat, muss für größere Gespanne den ‚BE‘-Führerschein machen.

Das Problem dabei: Liegt die Gesamtmasse des Gespanns unter 3,5 Tonnen, so dürfen auch Anhänger über 750kg an den Haken genommen werden. Da Elektroautos große und schwere Akkus verbaut haben, liegt die zulässige Gesamtmasse aber über der eines vergleichbaren Verbrenners.

Rechenbeispiel: Unser EV6 AWD hat eine zulässige Gesamtmasse von 2530kg, der Yaseo 340 darf in unserer Konfiguration bis zu 1200 kg wiegen. Die zulässige Gesamtmasse des Gespanns liegt damit bei 3730 kg, sodass der Führerschein ‚BE‘ benötigt wird. Der vergleichbare Kia Sportage, in unserem Beispiel mit Diesel und Allradantrieb, wiegt dagegen nur maximal 2225kg, mit Anhänger wiegt das Gespann also 3425kg. Somit dürfte das Sportage / Yaseo 340-Gespann mit ‚B‘-Führerschein gefahren werden.

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Da Elektroautos oft ein höheres zulässiges Gesamtgewicht als vergleichbare Verbrenner haben, wird die Führerscheinklasse BE immer häufiger zur Pflicht.

Bidirektionales Laden

Elektroautos geben also schlechte Zugfahrzeuge ab? Nun, ganz so einseitig ist es dann doch nicht. Denn Elektroautos bieten Funktionen, die Verbrenner nicht bieten können.

So unterstützt der Kia EV6 bidirektionales Laden (Vehicle-To-Load, V2L). Über den Ladeanschluss des Kia lassen sich also bis zu 3,6 kW Leistung aus dem Akku entnehmen. Da unser Testwohnwagen Knaus Yaseo 340 auf den Betrieb mit Elektroauto ausgelegt ist, kann er vollständig elektrisch und damit ohne Gas betrieben werden. Der Kühlschrank nutzt, genau wie Induktionskochfeld und Klimaanlage / Heizung elektrischen Strom für den Betrieb. Damit lässt sich das Gespann – je nach Akkugröße des Zugfahrzeugs – auch einige Tage autark am Elektroauto betreiben, ganz ohne Landstrom am Campingplatz. Interessant ist dies vor Allem in Ländern mit weniger restriktiven Stellplatzregeln oder beim Campen „auf der grünen Wiese“.

Leistung satt und angenehmes Fahrverhalten

Und dann ist da natürlich noch die Sache mit der Leistung. Elektroautos, insbesondere solche mit hoher Anhängelast, verfügen in der Regel über hohe Leistungsreserven. Unser Kia EV6 AWD leistet bis zu 239 kW / 325 PS und 605 Nm und zieht den Wohnwagen damit extrem souverän. Insbesondere Autobahnauffahrten gelingen damit absolut problemlos, da der EV6 selbst im Hängerbetrieb schneller beschleunigt als so mancher Kleinwagen mit Verbrenner. Aber auch Überholvorgänge auf der Autobahn meistert unser EV6 zügig. Als Bonus gibt es außerdem sehr geringe Innenraumgeräusche und ein feinfühliges Fahrpedal – perfekt zum Rangieren und Ankuppeln. Aufgrund des hohen Fahrzeuggewichts läuft der Wohnwagen außerdem sehr stabil hinter dem Zugfahrzeug, teilweise vergessen wir fast, dass wir den Wohnwagen im Schlepptau haben.

Ein netter Nebeneffekt ist auch, dass der Verschleiß mit Wohnwagen nicht großartig steigt. So gibt es bei Elektroautos keine tendenziell verschleißanfälligen Doppelkupplungsgetriebe und wer vorausschauend fährt, wird hauptsächlich mittels Rekuperation bremsen, statt mit der klassischen Bremsanlage.

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Vorteil Elektroauto als Zugfahrzeug: Leistung satt, leiser Betrieb, keine verschleißanfälligen Getriebe. So wie hier bei unserem Kia EV6 AWD.

Fazit: Kia EV6 & Wohnwagen

Das Reisen mit Elektroauto und Wohnwagen – insbesondere die Ladeplanung – steht nach unserer Erfahrung noch am Beginn der Entwicklung. Mit vorausschauender Ladeplanung, etwas Erfahrung und ausreichend Zeit lässt sich aber auch heute schon gut mit einem Elektrogespann verreisen. Das Interesse am Thema Elektroauto und Wohnwagen ist aber vorhanden, sowohl an der Ladesäule als auch am Campingplatz sind wir zu dem Thema ins Gespräch gekommen.

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