Die KTM1290 Super Duke R Evo ist ein hochwertiges Motorrad. Der Auto-Veredler Brabus hat sie nun in leichte Kohlefaser-Garderobe gekleidet und auf feines Schuhwerk, sprich Räder, gestellt. MOTORRAD fuhr ein Exemplar jener Serie, die kurz nach ihrer Präsentation ausverkauft war.
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Diesen Fahrbericht, den 1. Teil vom größten Motorrad-Test des Jahres, den ersten Fahrbericht der Lucky Explorer 9.5 und vieles mehr, lest ihr in MOTORRAD 15/2022 – gedruckt oder digital hier erhältlich.
Ruhiger Dampfhammer
Das Karbonkleid der Brabus ist weniger”spitz” geformt als die Schale der KTM, sie wirkt also nicht nur wegen der zurückhaltenden Farbgebung dezenter als die Super Duke. Die Kontaktflächen zwischen Fahrer und Motorrad sind aber gleichermaßen gefällig gestaltet wie bei der KTM. Man schwingt sich auf den Sitz mit dem gesteppten Bezug und es passt. Die Hebel liegen perfekt zu Händen und Füßen. Ein Knopfdruck, und der Motor springt an. Unwillkürlich denke ich an den unübersetzbaren englischen Satz”The engine breaks into life”, der das, was da passiert, viel, viel besser ausdrückt. Dank des schwarzen Doppelrohrschalldämpfers klingt der 1301er-KTM-V2 in der Brabus 1300 R etwas dumpfer, aber, wenn überhaupt, nicht wesentlich lauter als mit dem Einzelschalldämpfer der Super Duke – der Vorschalldämpfer blieb unverändert. Mit leichter Hand lässt sich der Kupplungshebel ziehen, auch die Schaltung geht, wie von KTM gewohnt, sehr leicht. Dieses mächtige, Respekt und vielleicht sogar ein wenig Angst einflößende Motorrad hat die Manieren einen echten Gentleman. Das gilt auch für die Gasannahme im Street- und später im Sport-Fahrmodus. Auch die Bremsen sind ausgesprochen bedienungsfreundlich. Sie beherrschen die ganze Bandbreite von leichter, aber fühlbarer Verzögerung beim ersten zarten Anlegen der Beläge bis zu brachialem Zusammenstauchen aus hohen Geschwindigkeiten und bleiben dabei stets transparent und gut dosierbar.
Harter Hund
Besonders und exklusiv
Dieses Gefühl zu vermitteln, ist der Brabus vermutlich wichtiger als eine noch performantere Technik, die von noch weniger Leuten auf öffentlichen Straßen noch weniger genutzt werden kann. Es geht ihr um die Faszination auf den ersten Blick. Für jemanden, der Brabus nur als Veredler von Autos kennt, stellen die Räder der 1300 R im firmentypischen Monobloc-Z-Design die Verbindung zwischen Auto und Motorrad her. Der Anblick von Sichtkarbon ist zwar längst nicht mehr so reizvoll-exotisch wie zu Beginn des Karbon-Zeitalters im Motorradbau, doch ihr mattschwarzes Oberflächenfinish offenbart eine in puncto Harzzufuhr und damit auch Gewicht optimierte Fertigung. Laut Werksangabe ist die Brabus damit um fünf bis sechs Kilogramm leichter als die Super Duke R Evo und das, obwohl ihre Räder wiederum ein wenig schwerer ausfallen. Die Rastenanlage mitsamt Hebeln stammt von Gilles Tooling, und auch sie dürfte leichter sein als die KTM-Serienteile. Doch was auch immer die unter dem Alulenker montierten Spiegel zur Gewichtsersparnis beitragen, sollte der Brabus in Form von Spiegeln wieder aufgepackt werden, in denen man auch etwas sehen kann. Die derzeitige Lösung bietet Rücksicht nur unter erheblichen Verrenkungen. Im Stadtverkehr unter engagierten Fahrrad- und Rollerfahrern, die flink und ständig die Spur wechseln, ist das eingeschränkte Sichtfeld nach hinten nicht ungefährlich. So sehr von dieser Welt, dass sie in diesem Punkt Besseres bietet, sollte auch eine Brabus sein.