- Wie schlagen sich E-Autos bei Autobahngeschwindigkeiten?
- Knapp die Hälfte der E-Autos bleibt auf dem Highway hinter den EPA-Werten zurück
- Reichweitenangaben werden wohl immer Näherungswerte bleiben
Wie gut halten E-Autos ihre Reichweitenangaben bei hohen Geschwindigkeiten ein? US-Verbraucherschützer haben das nun getestet.
Elektroautos müssen in den USA einen anderen Prüfzyklus zur Ermittlung von Verbrauch und Reichweite durchlaufen als in Deutschland: Während hierzulande nach dem WLTP-Messzyklus gemessen wird, wenden Elektroautobauer in den USA den EPA-Zyklus an. Dieser kommt generell zu einem niedrigeren Reichweiten-Ergebnis als der WLTP-Testzyklus.
Wie schlagen sich E-Autos bei Autobahngeschwindigkeiten?
Wie Consumer Reports in einer Vorstellung der Ergebnisse erklärt, weist der EPA-Zyklus keine getrennten Reichweitenangaben für Stadt- und Highway-Fahrten, also Autobahnfahrten, aus. Stattdessen wird die Reichweite als kombinierter Wert angegeben. Consumer Reports wollte jedoch testen, wie Elektroautos sich auf der Autobahn schlagen, wo jeder Kilometer zählt und wo Elektroautos oft weniger effizient sind als in der Stadt. “Die Reichweite ist viel wichtiger, wenn man weit weg von zu Hause und von einer zuverlässigen Ladestation ist”, erklärt Alex Knizek, Manager für Autotests und Ergebnise bei CR. “Wenn Ihnen auf der Autobahn die Ladung ausgeht, müssen Sie möglicherweise abgeschleppt werden, was sowohl lästig als auch kostspielig sein kann.”
“Vergleichstests unter realistischen Bedingungen sind entscheidend, um herauszufinden, ob ein Elektroauto das Richtige für Sie ist”, sagt Jake Fisher, Seniorchef des Autotestzentrums bei Consumer Reports. “Deshalb kaufen wir unsere Fahrzeuge so, wie es ein Verbraucher tun würde, und fahren sie bei Autobahngeschwindigkeiten, wie es ein Verbraucher tun würde.”
Der CR-Test wurde mit 22 der in den USA beliebtesten Elektroautos durchgeführt. Dabei fuhren die Tester der unabhängigen Organisation voll aufgeladene Autos mit einer konstanten Geschwindigkeit von 70 Meilen pro Stunde, also rund 112 km/h, bis sie vollständig leer gefahren waren. “Selbst wenn das Auto keine Reichweite mehr anzeigte, hörten wir nicht auf zu fahren, bis das Auto zum Stillstand kam”, berichtet Knizek. “Dann haben wir das Auto auf einem Abschleppwagen zu einem Ladegerät verbracht.” Dabei zeigte sich: Während die meisten E-Modelle kurz nach Erreichen der Null-Anzeige im Bordcomputer zum Stillstand kamen, fuhren einige wenige deutlich weiter.
Knapp die Hälfte der E-Autos bleibt auf dem Highway hinter den EPA-Werten zurück
Generell scheint ein hoher Preis kein Garant für eine realistische Reichweitenangabe zu sein: Der über 100.000 Euro teure Lucid Air verfehlte seine angegebene EPA-Reichweite von umgerechnet 618 Kilometern um 64 Kilometer. Auch die als besonders effizient geltenden Tesla-Fahrzeuge erreichen nicht unbedingt ihre EPA-Reichweite: Ein Tesla Model S, das eine EPA-Reichweite von umgerechnet 652 Kilometern hat, fuhr im CR-Test nur 589 Kilometer weit.
Zwei deutsche Autobauer schossen hingegen über das Ziel hinaus: Der Mercedes EQE 350 4Matic fuhr beispielsweise mit einer Akkuladung 534 Kilometer weit, also 116 Kilometer weiter als die EPA-Angabe verspricht. Der EQE SUV 350 4Matic übertraf ebenfalls seine Reichweitenangabe: Statt 407 Kilometern fuhr er mit einer Akkuladung 455 Kilometer weit – also knapp 50 Kilometer weiter. Der BMW i4 M50 kam mit 512 Kilometern beachtliche 76 Kilometer weiter als die EPA-Reichweite verspricht (436 km). Der BMW iX xDrive50 fuhr 595 statt 550 Kilometer weit.
Zu den anderen Fahrzeugen, die ebenfalls ihre EPA-Reichweitenangaben übertreffen konnten, zählen der Ford Mustang Mach-E Premium AWD Extended Range (um 47 km), der Hyundai Ioniq 5 AWD (um 18 km), der Rivian R1T (um 32 km) und der VW ID.4 Pro S (um 21 km). Die von CR getesteten E-Fahrzeuge von Audi, Genesis, Hyundai, Kia, Lexus, Nissan, Subaru und Volkswagen lagen alle innerhalb der von CR festgelegten Toleranz von rund 32 Kilometern unter den EPA-Angaben.
Reichweitenangaben werden wohl immer Näherungswerte bleiben
Das Schnellladenetz ist jedoch gerade in den USA deutlich lückenhafter als entlang der deutschen Autobahnen – Elektroautofahrer müssen hierzulande also prinzipiell keine so großen Reichweitenängste haben.
Aus den CR-Beiträgen zum Thema geht zudem leider nicht hervor, wie die Testbedingungen während der Reichweitentests sonst aussahen: Auch der Verkehr auf den Autobahnen, die vorherrschenden Außentemperaturen, die (evtl. fehlende) Vorkonditionierung der Batterie, das Alter der Batterie, die eingestellte Innenraumtemperatur und andere Faktoren haben einen teils deutlichen Einfluss auf die Reichweite von Elektroautos. Deshalb werden Reichweitenangaben der Prüforganisationen und Autobauer wohl auch in Zukunft mehr oder weniger zuverlässige Richtwerte sein, die nach oben oder unten abweichen können.
Wenn Sie die Reichweiten aus dem Consumer-Reports-Bericht mit den Autobahnreichweiten von EFAHRER.com vergleichen, werden Sie feststellen, dass die EFAHRER-Werte deutlich unter den US-Zahlen liegen. Der Grund dafür ist die um 18 km/h höhere Geschwindigkeit (130 km/h) bei unserer Testrunde. Der vermeintlich kleine Unterschied bedeutet eine um 35 Prozent höhere Luftwiderstandskraft, die sich bei E-Autos fast direkt im Verbrauch wiederspiegelt. Wie Consumer Reports sehen wir den Autobahnverbrauch als den wichtigsten Wert in der Test-Prozedur an. Er steht für die Fahrsituationen, in denen es am meisten auf die Reichweite ankommt.
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