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Autogipfel im Kanzleramt: Im Ziel sind sich alle einig​

Der Verkehrssektor soll mit Elektroautos weniger umweltschädlich werden. An Ideen und Forderungen, wie dies zu erreichen sei, mangelt es nicht.​

autogipfel im kanzleramt: im ziel sind sich alle einig​

Der Absatz von Elektroauto entwickelt sich derzeit nicht wie geplant. Die Zahl der Ladesäulen nimmt allerdings in Deutschland stark zu.

(Bild: Franz)

Deutschland ist auf dem Pfad hin zu einer Klimaneutralität zu langsam unterwegs, um dieses Ziel bis 2045 zu erreichen. Im privaten Bereich gibt es zwei Sektoren, die vor großen Veränderungen stehen: Wohnraum muss vielfach anders beheizt werden als bisher und der Verkehrssektor muss sich großflächig von Benzin und Diesel verabschieden. Ein Elektroauto fährt wesentlich effizienter, also mit einem geringeren Energieeinsatz. Zusätzlich profitiert es von Verbesserungen in der Stromversorgung. Es gibt also schon allein aus Umweltgründen nüchtern betrachtet gute Gründe für einen batterieelektrischen Antrieb.

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Doch der Wandel stockt, die Kunden ziehen momentan nicht massenhaft mit, und dafür gibt es einige Gründe. Beim Autogipfel im Kanzleramt berieten Industrie und Politik, wie man dem begegnen könnte. An dem zweiten Spitzengespräch der “Strategieplattform Transformation der Automobil- und Mobilitätswirtschaft” nahmen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und mehrere Bundesminister teil sowie Vertreter von Herstellern und Zulieferern, Gewerkschaften und Betriebsräten und aus der Energiebranche. Die Preise für Elektroautos müssten sinken, darin seien sich alle Teilnehmer einig gewesen, sagte ein Sprecher der Bundesregierung.

Bis 2030 sollen 15 Millionen E-Fahrzeuge auf den Straßen fahren, lautet das Ziel der Bundesregierung. Der Ausbau der Elektromobilität gilt als wichtiger Beitrag, um Klimaziele zu erreichen, und der Verkehrssektor ist ein Sorgenkind. Anfang November lag der Bestand reiner Elektroautos nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VDA) bei etwa 1,3 Millionen. Aus Sicht des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) wird das 15 Millionen-Ziel nach aktuellen Prognosen weit verfehlt. Experten gingen von 7 und 10 Millionen Elektroautos aus.

“Ein Weiter-so ist keine Option”

VDA-Präsidentin Hildegard Müller nannte das Ziel “sehr ambitioniert”. Sie plädierte in der Vergangenheit für eine Planungssicherheit, die die Politik der Industrie geben müsste. Gleichzeitig sprach sie sich gegen ein Verbot des Verbrennungsmotors in Neuwagen ab 2035 aus. “Ein Weiter-so ist keine Option”, sagte BDEW-Präsidentin Marie-Luise Wolff. Die Autoindustrie unterstütze jedoch ausdrücklich die E-Mobilität als “zentrale Technologie” auf dem Weg zur klimaneutralen Mobilität. Die Vorsitzende der Gewerkschaft IG Metall, Christiane Benner, nannte die aktuelle Situation der Elektromobilität “absolut nicht zufriedenstellend”. Sie sprach von einem stockenden Hochlauf auf dem deutschen Markt und schlechten Rahmenbedingungen.

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Die Bundesregierung hatte schon vor dem Gipfel deutlich gemacht, dass Elektroautos konkurrenzfähig sein und den Durchbruch auf dem Markt schaffen sollten. Dafür brauche es niedrigere Preise für batterieelektrische Neuwagen. “Die Automobilhersteller müssen sich jetzt ohne Verzögerung daran machen, dass es für die breite Masse erschwingliche Elektroautos aus Deutschland gibt”, sagte Benner. “Die individuelle Mobilität der nahen Zukunft muss für alle bezahlbar sein. Das wäre auch ein wesentlicher und notwendiger Schub für die Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie.”

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Viele hielten sich bei Elektroautos noch zurück, meint der ADAC. “Unsicherheiten über schwankende Strompreise, kaum bezahlbare Fahrzeuge, lange Lieferzeiten und teils fehlende Lademöglichkeiten tragen dazu bei.” In Deutschland bekomme die Kundschaft nur drei Modelle für weniger als 30.000 Euro, kritisierte der Club, der Millionen Autofahrer vertritt. Das stört auch den ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland. Die deutschen Hersteller müssten mehr kleine Elektroautos anbieten, verlangte er. Der Sprecher der Bundesregierung teilte nach dem Gipfel mit, es sollten das Informationsangebot für Käuferinnen und Käufern verbessert und die Modellbreite erhöht werden. Elektrische Pkw seien über den gesamten Lebenszyklus bereits heute günstiger, als vergleichbare Verbrenner-Modelle.

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Lücken schließen

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts klafft eine große Lücke in den Finanzen des Bundes. Das Gericht hatte eine Umwidmung von Corona-Krediten von 60 Milliarden Euro aus dem Haushalt 2021 in den Klima- und Transformationsfonds für nichtig erklärt. Aus diesem Sondertopf werden viele Programme für den klimagerechten Umbau der Wirtschaft finanziert, darunter auch die Weiterentwicklung der Elektromobilität und der Ausbau der Ladeinfrastruktur. Möglich sind nun Kürzungen bei Förderprogrammen. Das könnte den Ausbau der Elektromobilität bremsen. Bemerkbar gemacht hat sich bereits, dass von September an nur noch Privatpersonen eine staatliche Förderung für den Kauf eines Elektroautos beantragen können. Allerdings blieb mit dem reduzierten Steuersatz für die private Nutzung eines Dienstwagens ein wesentlicher Bestandteil erhalten.

Beim Gipfel betonten die Teilnehmer laut Bundesregierung mit Blick auf den Aufbau von Halbleiter- und Batterie-Produktionskapazitäten, wie wichtig angekündigte Großinvestitionen seien. VDA-Präsidentin Müller sagte, die Autoindustrie brauche Klarheit in Bezug auf bereits erfolgte industriepolitische Zusagen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) begrüßte das klare Bekenntnis der Automobilindustrie, auch selbst in Ladeinfrastruktur zu investieren. Dies sei beim Autogipfel bekräftigt worden. Die Transformation könne nur gemeinsam gelingen. Die Energiewirtschaft habe bisher 80 Prozent der Ladeinfrastruktur in Deutschland gebaut. Deutschland sei beim Ausbau in den vergangenen zwei Jahren sehr gut vorangekommen. “Die Ausbaudynamik muss trotzdem weiter gesteigert werden, insbesondere im Bereich der Kommunen”, sagte Wissing. Die Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur in den Städten nehme zu langsam zu. Hier müsse mehr getan werden.

Der Energiekonzern EON und Mercedes Benz teilten mit, eine strategische Partnerschaft einzugehen, um die Elektromobilität voranzutreiben. VDA-Präsidentin Müller sagte, das Angebot und die Produktion von Fahrzeugen würden bis zum Jahr 2030 nicht der mögliche Engpass zur Erreichung des 15-Millionen-Ziels sein. Vielmehr seien es ganz wesentlich auch die Ladeinfrastruktur und die Nutzungskosten, vor allem der Strompreis. Opel-Chef Florian Huettl sagte der “Augsburger Allgemeinen”: “Um das Ziel der Bundesregierung von einer Million öffentlich zugänglichen Ladepunkten bis 2030 zu erreichen, brauchen wir zehnmal mehr neue Ladepunkte.”

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(mfz)

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