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Autogipfel am Montag: Das Schicksal der Automobilbranche erregt die Gemüter

autogipfel am montag: das schicksal der automobilbranche erregt die gemüter

Schiff ins Ungewisse: Die Automobilindustrie hat vielfältige Probleme und viele Seiten machen Vorschläge, wohin es gehen soll.

Vor dem am Montag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) einberufenen Autogipfel melden sich verschiedene Stimmen mit Vorschlägen zu Wort, wie der kriselnden Automobilindustrie unter die Arme gegriffen werden könnte. Die zunehmend schlechteren Absatzzahlen von Elekotrautos und die politisch gewollte Abkehr vom Verbrennungsmotor verlangen von den Automobilkonzernen hohe Investitionen bei gleichzeitig schwachem Einkommen. Auch das schleppende Geschäft im großen Exportmarkt China setzt den Unternehmen zu.

Habeck selbst ließ am vergangenen Donnerstag schon anklingen, dass der Bund und das Land Niedersachsen darüber nachdenken, dem angeschlagenen VW-Konzern Unterstützung zukommen zu lassen. „Das Unternehmen hat für Deutschland eine zentrale Bedeutung“, sagte der Minister am Donnerstag in Papenburg. Konkrete Maßnahmen nannte er zu diesem Zeitpunkt nicht.

Aus der Opposition im Bundestag kommt dafür heute ein Vorschlag: Der Obmann der Unionsfraktion im Verkehrsausschuss des Bundestages, Christoph Ploß (CDU), sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Montagsausgabe): „Wir erwarten als CDU/CSU-Fraktion, dass die Bundesregierung sich dafür einsetzt, dass das Verbot des Verbrennungsmotors endlich gestoppt wird.“

„Mehr soziale Marktwirtschaft statt immmer mehr Planwirtschaft“

Ploß forderte ein Signal für „Technologieoffenheit“ und kritisierte die „rein ideologische Ausrichtung der Ampel-Koalition auf Batterieautos“ als aus der Zeit gefallen. Robert Habeck müsse einsehen, „dass wir in Deutschland mehr soziale Marktwirtschaft statt immer mehr Planwirtschaft benötigen“. Auch die FDP sprach sich gegen weitere Subventionen aus. Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer plädierte für „strukturelle Reformen, von denen die gesamte Wirtschaft profitiert“.

Im Gegensatz zu Ploß und Meyer fordern Teile der Ampel-Koalition, den Kurs des Umstiegs auf E-Autos weiter zu forcieren. Am Samstag machte das Magazin „Stern“ Pläne aus einem Papier der SPD-Fraktion im Bundestag öffentlich, nach denen eine Prämie für den Umstieg von einem Verbrenner auf ein E-Auto gezahlt werden soll: 6.000 Euro für ein neues, 3.000 Euro für ein gebrauchtes.

SPD und IG Metall fordern Förderpakete

„Wir sind davon überzeugt, dass E-Autos die Zukunft sind“, schreiben die Abgeordneten in dem Papier. Weitere Vorschläge in dem Papier sind unter anderem ein staatlicher Zuschlag zum E-Auto-Leasing für Menschen mit kleinen oder mittleren Einkommen und eine Förderung für private Ladeboxen, Speicher und für Ladesäulen.

Die Gewerkschaft IG Metall stimmt in den Chor der SPD-Abgeordneten ein und fordert ein Förderpaket für E-Autos. Nötig sei ein „schnelles, neues Förderpaket, das den Verkauf von E-Autos ankurbelt“, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft der „Bild am Sonntag“. „Das würde den Herstellern und den Zulieferern, die schon Milliarden in die E-Mobilität investiert haben, helfen und so Arbeitsplätze sichern.“

Die Gewerkschaft hofft zudem, dass ein solches Förderpaket den deutschen Herstellern „im Wettlauf mit außereuropäischen Herstellern neuen Schwung geben“ würde. Der Sprecher sagte der Zeitung weiter: „Es wäre gleichzeitig ein Konjunkturprogramm wie auch eine industriepolitische Fitness-Spritze für den notwendigen Umbau der Automobilindustrie.“

Ökonomen sehen Probleme nicht nur beim Geld

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hält eine neue E-Auto-Prämie für sinnvoll. „Einen spürbaren Nutzen wird sie aber nur dann haben, wenn es gelingt, die potenzielle Käuferschicht zu erweitern“, sagte der IW-Experte Thomas Puls. Der Nutzwert von E-Autos müsse für Menschen erhöht werden, die keine eigene Lademöglichkeit haben.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hält Subventionen für einzelne Unternehmen oder für Energie für einen Irrweg. „Diese helfen nur einzelnen Unternehmen und nicht der gesamten Wirtschaft“. Die Hauptverantwortung für die schwierige Lage in der Automobilbranche liege bei den Unternehmen selbst, nicht bei der Politik, sagte er der Funke Mediengruppe.

Die Autoindustrie hat aus Sicht von Fratzscher drei große Fehler begangen: „Sie haben mit dem Dieselbetrug viel Vertrauen und Reputation zerstört. Sie haben sich in eine viel zu starke Abhängigkeit von China begeben und sich dadurch erpressbar gemacht. Und sie haben die technologische Transformation zu E-Mobilität verschlafen.“

EU-Vorgaben über das Ziel hinaus geschossen?

Auf EU-Ebene wird das Wanken der Automobilindustrie ebenso mit Sorge betrachtet. Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei Manfred Weber fordert, drohende Strafzahlungen von Autobauern bei den geplanten strengeren Flottenvorgaben beim CO₂-Ausstoß auszusetzen. „Wenn zehntausende von Arbeitsplätzen wackeln, dann ist keine Zeit für Bußgeldzahlungen“, sagte Weber der „Augsburger Allgemeinen“.

Weiter brachte er eine Prüfung der EU-Vorgaben und Umweltvorschriften für die Automobilindustrie auf den Prüfstand zu stellen. Manche davon seien womöglich über das Ziel hinausgeschossen. Die EU will die sogenannten Flottenziele für den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids (CO₂) schrittweise verschärfen. Der aktuelle Wert von durchschnittlich 115,1 Gramm CO₂-Ausstoß pro Kilometer und Fahrzeug soll demnach 2025 auf 93,6 Gramm und im Jahr 2030 auf 49,5 Gramm sinken. Bei zu viel ausgestoßenen CO₂ drohen Herstellern Strafzahlungen.

Der Autogipfel soll am Montag online stattfinden. An der Konferenz sollen die größten deutschen Automobilhersteller und -zulieferer, der VDA und die IG Metall teilnehmen.

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