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MAN überrascht mit neuer Antriebsoption

man überrascht mit neuer antriebsoption

Technikvorstand Frederik Zohm

Ausgerechnet der besonders in Richtung Elektrolastwagen ausgerichtete Hersteller MAN überraschte auf der Nutzfahrzeugmesse IAA Transportation in Hannover mit der Art von alternativem Antrieb, den andere gerne hätten – einem Wasserstoffverbrennermotor. Die Jury des Preises „Truck of the Year“ zeichnete MAN mit dem Innovationspreis für 2025 aus, für einen Wasserstoffverbrennerschwerlaster, der fertig entwickelt für ausgiebige Probefahrten zur Verfügung stand. Im kommenden Jahr soll er in einer Kleinserie von 200 Stück für ausgewählte Kunden unter anderem in Deutschland, den Niederlanden, Norwegen und Island gebaut werden.

Der Wasserstoffverbrennermotor gilt in der Branche derzeit als besonders attraktive Option, weil diese Art von Antrieb als klimaneutral gilt, andererseits auf traditioneller Dieseltechnik basiert – die allerdings mit vielfachen Modifikationen an den neuen Treibstoff angepasst werden muss. Gegenüber den reinen Elektroantrieben ist der Wasserstoffverbrenner um einige Tonnen leichter, und er ist nicht auf eine – in weiter Ferne liegende – Ladein­frastruktur angewiesen. Gegenüber der Technik mit Wasserstoff-Brennstoffzelle ist die Verbrennertechnik unkomplizierter, womöglich zuverlässiger und vor allem rund ein Drittel billiger.

MAN-Technikvorstand Frederik Zohm berichtet, der Lastwagen namens „hTGX“ mit 16,8-Liter-Sechszylindermotor, Tanks für 56 Kilogramm Wasserstoff und 600 Kilometern Reichweite sei aus den Wasserstoffantrieben entwickelt worden, die in den Neunzigerjahren versuchsweise in Stadtbussen eingesetzt wurden und die sich dabei als sehr langlebig erwiesen hätten. Gleichzeitig relativiert Zohm den Coup mit einer Einordnung der Bedeutung von Wasserstoffantrieben: „Der Wasserstoffverbrenner ist eine Antriebsvariante für spezielle Anwendungen, zum Beispiel für den Transport schwerer Güter, stellt aber keine wirtschaftliche Lösung für alle Transportanwendungen dar.“ Wasserstofftechnologien, sowohl mit Verbrenner als auch mit Brennstoffzelle, kämen für etwa 10 bis 20 Prozent der Anwendungsfälle infrage. „Der wasserstoffbetriebene Lkw ist attraktiv in arabischen Ländern, die bisher fossile Treibstoffe produzierten und jetzt beginnen, auf Wasserstoff umzustellen. Oder aber in nordeuropäischen Ländern, wie Norwegen und Island, die bereits heute über entsprechende Förderungen verfügen sowie eine passende Tankinfrastruktur haben.“

Rolle der Lkws zentral für die Klimawende im Verkehr

Im übrigen Europa werde wohl erst Mitte der Dreißigerjahre grüner Wasserstoff in größeren Mengen zur Verfügung stehen. „Aber die Transformation ist jetzt nötig, weshalb wir vor allem auf den batterieelektrischen Antrieb setzen.“ Vollelektrische Lkws hätten bei der Energieeffizienz und den Betriebs- und Energiekosten aktuell deutliche Vorteile gegenüber den Wasserstoffverbrenner-Lkws. Von der Sonnenenergie etwa, die in Batterien eines Elektro-Lkws geladen werde, komme 75 Prozent in Vortriebsenergie auf die Straße. Beim Umweg über den Wasserstoff betrage die Energieausbeute nur 25 Prozent. Allerdings gibt es wie beim Wasserstoff auch bei der Infrastruktur für den Elektroantrieb noch viele Lücken und offene Fragen.

„Im Moment macht der Dieseltreibstoff für Transportunternehmen rund ein Drittel der Gesamtbetriebskosten aus. Der Elektroantrieb kann demgegenüber attraktiv werden und Geld sparen, aufgrund der höheren Energieeffizienz des Elektroantriebs sowie der Möglichkeit zur Rekuperation.“ Gleichzeitig könne ein Teil des benötigten Stroms auch dezentral mit eigenen Solaranlagen erzeugt werden, zum Beispiel auf dem Betriebshof des Transportunternehmens. „Wenn die Anlage erst einmal steht, kostet das dann für den Unternehmer fast nichts.“

Aus der Sicht von MAN-Technikvorstand Zohm könnte die Verbreitung des Elektroantriebs beschleunigt werden, indem der Staat mehr dafür tut: „Auf die Lkw-Flotte öffentlicher Institutionen, etwa der Kommunen, entfällt rund 10 Prozent des Anteils an abgesetzten Lkws. Diese könnten daher bei der Bestellung elektrischer Lkws eine Vorreiterrolle spielen.“ Denn ganz generell sei die Rolle der Lkws zentral für die Klimawende im Verkehr: Für den Güterverkehr seien Bahn und Schiff wichtig, sie deckten jedoch nur rund 20 Prozent davon ab und könnten daher nicht mit dem Nachfragewachstum mithalten. Den Großteil der Anpassung müssten die Lkws bewältigen, sagt Zohm. „Wir müssen uns aber noch aus einem anderen Grund gerade um die Transformation des Lkw-Antriebs kümmern: Die Bahn ist bereits größtenteils dekarbonisiert. Aber bei den Lkws können mit alternativen Antrieben die CO2-Emissionen noch deutlich verringert werden.“

Der MAN-Technikvorstand mahnt zugleich, dass für die Einführung neuer Antriebstechnik im Lkw noch viele Hindernisse zu überwinden seien: „Für Transportunternehmen ist neben den Treibstoffkosten wichtig, wie viel der Lkw beim Wiederverkauf noch wert ist. Dies hängt immer von den Rahmenbedingungen ab. Planungssicherheit ist essenziell, und Unsicherheit ist folglich Gift.“

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